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Harz | Stadt verhängt Haushaltssperre und was das für die Region bedeutet

Die Stadt Nordhausen hat am 18. Juni 2025 eine umfassende Haushaltssperre beschlossen. Mit sofortiger Wirkung werden neue Ausgaben eingefroren – eine drastische Maßnahme zur Sicherung der kommunalen Liquidität. Die Entscheidung kommt nicht überraschend, ist aber ein deutliches Signal für die prekäre Haushaltslage vieler Kommunen in Thüringen und darüber hinaus.

Warum Nordhausen die Ausgaben stoppt

Die Höhe der nun verhängten Haushaltssperre beläuft sich auf rund 2,54 Millionen Euro. Laut Angaben der Stadtverwaltung wurde die Maßnahme notwendig, um die Zahlungsfähigkeit der Kommune weiterhin sicherzustellen. Die Haushaltssperre betrifft ausschließlich neue freiwillige Ausgaben. Verpflichtende Leistungen wie Sozialhilfe, laufende Verträge oder bereits begonnene Investitionen bleiben von der Maßnahme unberührt.

Die Ausgabensperre ist laut Stadtverwaltung notwendig geworden, weil die Einnahmen im ersten Halbjahr 2025 deutlich unter den Erwartungen lagen. Insbesondere die Mai-Steuerschätzung hatte geringere Einnahmen bei Einkommens- und Umsatzsteueranteilen prognostiziert. Parallel dazu belasten steigende Ausgaben – insbesondere für Kindertagesstätten und soziale Pflichtaufgaben – das städtische Budget zusätzlich.

„Notwendig zur Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit“

Oberbürgermeister Kai Buchmann betonte, dass die Entscheidung nicht leicht gefallen sei:

„Wir mussten diese Maßnahme ergreifen, um einen drohenden Nothaushalt zu vermeiden. Die Haushaltssperre ist kein Ausdruck politischen Versagens, sondern eine schmerzliche Notwendigkeit.“

Mit dem Schritt möchte die Stadtverwaltung Zeit gewinnen, um die finanzielle Entwicklung weiter zu beobachten und – wenn möglich – gegenzusteuern. Eine zeitnahe Aufhebung der Sperre sei nicht in Sicht. Vorerst bleibt der Zugriff auf noch nicht verausgabte Haushaltsmittel untersagt.

Was bedeutet das konkret für die Bürgerinnen und Bürger?

Die Sperre hat zur Folge, dass zahlreiche freiwillige Leistungen der Stadt auf den Prüfstand kommen. Dies betrifft insbesondere Fördermittel für Kultur, Sportvereine, Jugendprojekte und freiwillige Infrastrukturmaßnahmen. In vielen Fällen werden Projektzuschüsse gestrichen oder auf unbestimmte Zeit verschoben.

Ein besonders sensibles Thema stellt die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren dar. Nachdem die Beiträge über 13 Jahre stabil geblieben waren, sollen sie nun auf bis zu 257 Euro monatlich steigen. Dies sorgt für Unmut in der Bevölkerung – insbesondere bei jungen Familien.

Geplante Kita-Gebühr ab 1. August 2025 (Beispielhafte Staffelung):

KindzahlBetreuungszeitNeue Monatsgebühr
1 KindGanztags257 €
2 KinderHalbtagsab 180 €
3+ KinderGanztagsindividuell reduziert

Die AfD-Fraktion im Stadtrat kritisiert die Erhöhung scharf. Sie sieht darin keine Verbesserung der Betreuungsqualität, sondern eine reine Konsolidierungsmaßnahme auf dem Rücken der Familien:

„Diese Anpassung bedeutet nichts anderes als eine deutliche Mehrbelastung für Familien, die ohnehin schon unter steigenden Lebenshaltungskosten leiden.“

Bundesweiter Trend zur kommunalen Finanzklemme

Die Haushaltssperre in Nordhausen reiht sich ein in eine Serie ähnlicher Maßnahmen, die in verschiedenen deutschen Kommunen in den letzten Monaten verhängt wurden. Der Deutsche Städtetag warnte bereits Anfang 2025, dass 37 % der Großstädte nicht mehr in der Lage seien, ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Fast die Hälfte greife bereits auf Rücklagen zurück, um laufende Ausgaben zu decken.

Gründe für die Misere:

  • Rückläufige Steueranteile infolge schwacher Konjunktur
  • Steigende Sozialausgaben, insbesondere im Bereich Jugend und Pflege
  • Kostensteigerungen im Bildungs- und Kitabereich
  • Inflationsbedingte Preissteigerungen bei Bau- und Infrastrukturprojekten

Die Diskussion um die Verantwortung der Finanzlage ist entbrannt. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, durch Steuerentlastungen auf Bundesebene den Kommunen wichtige Einnahmen zu entziehen, ohne für adäquate Ausgleichszahlungen zu sorgen.

Politische Reaktionen: „Kommunen dürfen nicht ausbluten“

Ralf Plötner, Landesvorsitzender der Linken in Thüringen, warnte eindringlich vor den Folgen einer strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen:

„Dass die Thüringer Kommunen finanziell ausbluten und somit alle freiwilligen Leistungen dem Rotstift zum Opfer fallen, ist ein fatales Signal an die Bürger. Der Bund muss gegensteuern.“

Die Forderung nach einem kommunalen Entlastungspaket wird lauter. Ein bundesweiter Rettungsfonds zur Stabilisierung strukturschwacher Regionen steht im Raum, konkrete Beschlüsse dazu liegen bislang nicht vor.

Rechtlicher Rahmen und Möglichkeiten

In Thüringen erlaubt die Landeshaushaltsordnung eine Haushaltssperre, wenn die kommunalen Einnahmen unter ein prognostiziertes Mindestmaß sinken oder wenn die Haushaltsausgleichsgrenze gefährdet ist. Die Maßnahme ist ein klassisches Steuerungsinstrument, das nicht neu ist: In der Vergangenheit kam es bereits zu Sperren in Leverkusen, Erlangen oder Neukölln.

Einmal beschlossen, gilt eine Haushaltssperre solange, bis sich die Einnahmelage stabilisiert oder politische Korrekturen beschlossen werden. In der Regel prüft der Stadtrat in monatlichen Abständen, ob Anpassungen notwendig sind.

Langfristige Perspektiven für Nordhausen

Die strukturelle Schwäche der Stadt Nordhausen ist kein neues Phänomen. Sinkende Bevölkerungszahlen, Überalterung und eine niedrige Steuerkraft belasten den Haushalt seit Jahren. Programme zur Strukturförderung wie die GRW (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) könnten mittelfristig eine Entlastung bringen – vorausgesetzt, sie werden konsequent genutzt.

Zusätzlich plant die Stadt, durch effizientere Verwaltungsprozesse und verstärkte Digitalisierungsmaßnahmen Kosten zu senken. Eine umfassende Verwaltungsreform ist jedoch bislang nicht beschlossen worden.

Fazit: Ein Weckruf mit Signalwirkung

Die Haushaltssperre in Nordhausen ist mehr als eine lokale Maßnahme – sie steht exemplarisch für die zunehmende Finanznot vieler Städte und Gemeinden. Während die Bürger Einschränkungen bei Leistungen hinnehmen müssen, rufen Politiker nach strukturellen Reformen und finanzieller Unterstützung durch den Bund.

Nordhausen hat nun einen ersten Schritt getan, um die eigene Haushaltslage zu stabilisieren. Ob dies ausreicht, um ohne Nothaushalt durch das Jahr zu kommen, bleibt fraglich. Klar ist: Ohne grundlegende Veränderungen in der Finanzarchitektur der Bundesrepublik wird der Druck auf die kommunale Ebene weiter steigen.

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.
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