
Bad Sachsa (Landkreis Göttingen) – Aufregung im südlichen Harz: Seit Sonntag suchte der Harzfalkenhof in Bad Sachsa nach einem seiner wertvollsten Vögel, dem vierjährigen Riesenseeadler „Alaska“. Das majestätische Tier mit einer Flügelspannweite von fast drei Metern war aus seiner Voliere entwischt und tagelang über den Wäldern des Harzes unterwegs. Nach einer intensiven Suche konnte der Greifvogel schließlich wieder eingefangen werden – die Region atmete auf.
Ein außergewöhnlicher Fall im Harz
Solche Ereignisse sind selbst im tiererfahrenen Harz eine Seltenheit. Der Harzfalkenhof in Bad Sachsa, bekannt für seine Falknerei-Vorführungen und seine Arbeit im Artenschutz, erlebte am vergangenen Sonntag eine Schreckminute: Der seltene Riesenseeadler „Alaska“, erst am Tag zuvor neu angekommen, nutzte einen unglücklichen Moment, um durch einen technischen Defekt an seinem Geschüh – einem kleinen Lederriemen am Bein – zu entfliegen. Der gebrochene Karabiner ermöglichte dem mächtigen Tier den freien Flug über die Wälder und Täler des Harzes.
Der Falkner und sein Team starteten sofort eine groß angelegte Suchaktion. Über soziale Medien rief der Harzfalkenhof Anwohner und Wanderer dazu auf, bei Sichtungen sofort Bescheid zu geben, den Adler aber auf keinen Fall zu stören. „Bitte Abstand halten, Foto machen und uns unter 0151/21290880 informieren“, hieß es in einem Beitrag. Innerhalb weniger Stunden verbreitete sich die Nachricht rasant – der Harz suchte gemeinsam nach „Alaska“.
Die Suche nach dem Riesenseeadler
Die Tage nach dem Entflug waren geprägt von Unsicherheit und Hoffnung. Immer wieder gingen Hinweise aus der Bevölkerung ein. Mehrere Zeugen berichteten von einem großen Vogel mit schwarzen und weißen Flügeln und einem auffallend gelben Schnabel, der über Bad Sachsa und die umliegenden Wälder kreiste. Durch die enorme Spannweite von etwa 2,80 Metern war „Alaska“ gut zu erkennen. Dennoch gestaltete sich die Suche schwierig, da sich der Vogel durch Wind und Thermik über große Distanzen bewegen konnte.
„Ein Riesenseeadler kann an einem Tag mehrere hundert Kilometer fliegen, wenn die Bedingungen günstig sind“, erklärte der Falkner. Im hügeligen Gelände des Harzes bedeutete das: Der Vogel konnte sich in kurzer Zeit weit von seinem ursprünglichen Aufenthaltsort entfernen. Für das Team vom Harzfalkenhof begann ein Wettlauf gegen die Zeit – denn in Freiheit drohten Gefahren durch Stromleitungen, Straßenverkehr und Nahrungsmangel.
Wie groß ist ein Riesenseeadler wirklich?
Der Riesenseeadler, auch Stellers Seeadler genannt, ist einer der größten Greifvögel der Welt. Weibchen wie „Alaska“ erreichen ein Gewicht von bis zu neun Kilogramm und eine Flügelspannweite von fast drei Metern. In ihrer Heimat, dem Fernen Osten Russlands und den Küsten Japans, jagen sie vor allem Fische und Wasservögel. Ihr markantes Gefieder – schwarz mit weißen Schultern und einem leuchtend gelben Schnabel – macht sie unverwechselbar.
In Europa sind Riesenseeadler äußerst selten. Weltweit existieren nach Schätzungen nur rund 4.000 bis 5.000 Exemplare. Sie stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten und gelten als „vulnerable“. Dass ein solcher Vogel im Harz lebt, ist eine Besonderheit, die auf die langjährige Zucht- und Schutzarbeit des Harzfalkenhofs zurückgeht.
Gefährdet in Freiheit: Warum „Alaska“ schnell gefunden werden musste
Während viele Menschen im Harz die Suche mit Spannung verfolgten, machten sich Experten Sorgen. Ein in Gefangenschaft aufgewachsener Riesenseeadler ist nicht an das Überleben in freier Wildbahn angepasst. Er weiß oft nicht, wie er sich selbstständig Nahrung beschafft oder auf Bedrohungen reagiert. Die Falkner erklärten, dass „Alaska“ in ihrem jungen Leben ausschließlich in menschlicher Obhut gewesen sei – ohne Erfahrung im selbstständigen Jagen.
Ein Sprecher des Falkenhofs warnte: „In Freiheit hätte sie es schwer gehabt. Ihre Kraft reicht aus, um hoch zu steigen, aber nicht, um dauerhaft ohne Nahrung zu überleben.“ Diese Einschätzung teilten auch Ornithologen, die auf ähnliche Fälle verwiesen. In Japan und Russland werden Riesenseeadler als streng geschützte Tiere geführt, in Europa sind sie nur in Falknereien oder zoologischen Einrichtungen zu sehen.
Wie weit kann ein Riesenseeadler fliegen?
Die Flugleistung dieser Vögel ist beeindruckend: Riesenseeadler nutzen Thermik und Aufwinde, um energiesparend über weite Strecken zu gleiten. Unter günstigen Bedingungen schaffen sie problemlos mehrere hundert Kilometer am Tag. Für „Alaska“ bedeutete das, dass sie theoretisch den gesamten Harz überqueren konnte, bevor sie gesichtet wurde. Doch letztlich blieb sie in der Nähe von Bad Sachsa – ein Glücksfall für die Retter.
Der entscheidende Hinweis: Rückkehr nach Bad Sachsa
Nach drei Tagen intensiver Suche kam schließlich die erlösende Nachricht: Eine Spaziergängerin meldete am Mittwoch eine Sichtung im Stadtgebiet von Bad Sachsa. „Alaska“ saß auf einem Baum am Waldrand, erschöpft, aber unverletzt. Mit viel Geduld und Routine gelang es dem Falkner-Team, den Vogel zu sichern und in seine Voliere zurückzubringen. „Wir sind unendlich erleichtert“, hieß es vom Harzfalkenhof. „Sie hat den Ausflug gut überstanden.“
Diese Rückkehr wurde in den sozialen Netzwerken schnell gefeiert. Viele Menschen aus der Region kommentierten die Beiträge mit Freude und Erleichterung. „Der Harz hat sein geflügeltes Wahrzeichen wieder“, schrieb eine Nutzerin. In den Kommentaren wurde spürbar, wie sehr die Bevölkerung mitgefiebert hatte.
Was tun bei Sichtung eines entlaufenen Greifvogels?
Fälle wie dieser kommen selten vor, sind aber für Falknereien eine ernste Angelegenheit. Der Harzfalkenhof rät grundsätzlich zu folgenden Schritten:
- Abstand halten und das Tier nicht versuchen einzufangen.
- Ein Foto machen, um die Art sicher zu identifizieren.
- Sofort den Falkenhof oder die Polizei informieren und den Standort angeben.
- Keine Lockversuche unternehmen – nur der Falkner kann das Tier gefahrlos sichern.
Solche klaren Handlungsanweisungen halfen auch bei der Suche nach „Alaska“. Die gute Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung, Behörden und Falknerei war entscheidend für den Erfolg.
Hintergrund: Der Harz als Lebensraum für Greifvögel
Der Harz ist mit seinen dichten Wäldern, Seen und Höhenzügen ein idealer Lebensraum für zahlreiche Greifvogelarten. Mäusebussard, Rotmilan und Uhu sind hier heimisch. Falknereien wie die in Bad Sachsa tragen dazu bei, Wissen über Greifvögel zu vermitteln und bedrohte Arten zu schützen. Besucher können dort regelmäßig Flugshows erleben und mehr über das Verhalten dieser faszinierenden Tiere erfahren.
Im Fall von „Alaska“ zeigte sich, wie sehr die Region mit ihren tierischen Bewohnern verbunden ist. Die Resonanz auf den Suchaufruf war überwältigend – ein Zeichen für das wachsende Bewusstsein der Menschen im Harz für Natur- und Artenschutz.
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein in Gefangenschaft aufgewachsener Riesenseeadler in der freien Natur überlebt?
Diese Frage stellten sich viele während der Suchaktion. Fachleute sind sich einig: Die Überlebenschancen eines solchen Vogels sind gering. Ohne erlernte Jagdtechnik, Orientierungssinn und Erfahrung in der Nahrungssuche droht ein schnelles Verhungern. Auch das Risiko von Kollisionen mit Stromleitungen ist hoch. „Alaska“ hatte Glück – ihre Entweichung dauerte nur wenige Tage, bevor sie gesichert werden konnte.
Die Bedeutung des Vorfalls für den Artenschutz im Harz
Der Vorfall hat einmal mehr gezeigt, wie sensibel die Haltung seltener Tierarten ist. Der Harzfalkenhof kündigte an, die Sicherungssysteme der Volieren zu überprüfen, um ähnliche Fälle künftig zu verhindern. Gleichzeitig sorgte die mediale Aufmerksamkeit für ein großes Interesse am Schutz dieser majestätischen Vögel. Viele Besucher kündigten an, den Falkenhof nach der Wiederöffnung zu besuchen, um mehr über die Arbeit vor Ort zu erfahren.
Statistische Übersicht zum Riesenseeadler (Haliaeetus pelagicus)
Merkmal | Wert |
---|---|
Flügelspannweite | bis zu 2,80 m |
Gewicht | 6–9 kg |
Verbreitungsgebiet | Ost-Russland, Japan, Küsten Asiens |
Bestand weltweit | ca. 4.000–5.000 Individuen |
Schutzstatus | Gefährdet (IUCN „vulnerable“) |
„Alaska“ als Botschafterin für den Harz
Inzwischen ist „Alaska“ wieder sicher in ihrer gewohnten Umgebung. Ihr kurzer Ausflug hat den Menschen im Harz jedoch eindrucksvoll vor Augen geführt, wie verletzlich und zugleich faszinierend die Tierwelt ist. Für den Harzfalkenhof war es ein logistischer Kraftakt, der viel Engagement erforderte – aber auch ein Ereignis, das den Zusammenhalt der Region gestärkt hat.
Fazit: Ein Happy End im Harz mit Symbolkraft für Mensch und Natur
Die Geschichte von „Alaska“ ist mehr als nur eine Tiermeldung. Sie ist ein Symbol für Achtsamkeit, Zusammenarbeit und Respekt vor der Natur. Der Harz hat sich in diesen Tagen von seiner besten Seite gezeigt – als Region, in der Mensch und Tier eng verbunden sind. Die erfolgreiche Rückkehr des Riesenseeadlers zeigt, wie wichtig lokales Engagement und Aufmerksamkeit sind. „Alaska“ bleibt damit nicht nur ein außergewöhnlicher Vogel, sondern auch ein lebendiges Zeichen für den Wert des Naturschutzes im Herzen Deutschlands.