
HARZ. Zwischen flackernden Kürbisfratzen und leuchtenden Laternen entfaltet sich im Harz eine stille, aber spürbare Spannung: Während Halloween mit Partys und Events lockt, halten Gemeinden und Kirchen am traditionellen Martinstag fest. Doch verdrängt das Gruselfest tatsächlich das Lichtfest der Nächstenliebe – oder finden beide Bräuche ihren Platz?
Ein Herbst mit zwei Gesichtern
Im Oktober und November erlebt der Harz eine besondere kulturelle Doppelung: Kaum ist das letzte Laub von den Bäumen gefallen, stehen sich zwei Bräuche gegenüber, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Halloween mit seinen Kürbisdekorationen, Kostümen und Gruselpartys ist längst im Harz angekommen – von Thale über Wernigerode bis Braunlage. Gleichzeitig bleibt der Martinstag am 11. November ein fester Bestandteil des kirchlichen und familiären Lebens.
In Orten wie Wernigerode oder Braunlage ziehen jedes Jahr Kinder mit Laternen durch die Straßen, begleitet von Liedern, Musik und dem symbolischen Teilen der Martinsgans oder -hörnchen. Auf der anderen Seite füllen sich in der Halloween-Nacht die Plätze mit verkleideten Familien, Touristen und Jugendlichen, die nach Süßigkeiten fragen oder an Veranstaltungen wie dem „Schelloween“ teilnehmen.
Halloween im Harz: Zwischen Event und Brauchtum
Der Harz hat sich in den vergangenen Jahren zu einer wahren Bühne für Halloween-Events entwickelt. Ob in der Tropfsteinhöhle von Rübeland, auf dem Hexentanzplatz in Thale oder bei der spektakulären Gruselnacht im Wildpark Wernigerode – kaum eine Region in Niedersachsen bietet eine so dichte Vielfalt an Veranstaltungen. Der Harzkurier berichtete, dass allein 2025 über ein Dutzend Halloween-Events stattfanden, viele davon mit Rekordbesucherzahlen.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel liefert das privat organisierte „Schelloween“ in Oker: Mehr als 2.500 Besucher strömten in das selbstgebaute Horrorhaus, das mit aufwendigen Kulissen und Live-Darstellern ein einzigartiges Erlebnis bietet. Die Veranstaltung zeigt, wie fest Halloween inzwischen im Freizeitkalender des Harzes verankert ist – und dass es längst mehr ist als nur ein Trend aus den USA.
Ein Fest mit Wirtschaftskraft
Auch wirtschaftlich ist Halloween nicht zu unterschätzen. Laut dem Handelsverband Deutschland (HDE) erzielte der Einzelhandel 2025 bundesweit rund 520 Millionen Euro Umsatz mit Halloween-Artikeln. Besonders gefragt: Süßigkeiten, Dekoartikel, Kostüme und Schminke. Zwar lag der Umsatz leicht unter dem Vorjahr, doch zeigt sich eine stabile Nachfrage. Auch in niedersächsischen Regionen wie dem Harz profitieren kleine Läden, Bäckereien und Eventbetreiber von dem saisonalen Aufschwung.
Wie reagieren Schulen und Kirchen auf den Halloween-Boom?
Viele Schulen und Kindergärten im Harz haben auf den zunehmenden Einfluss von Halloween reagiert. Statt es als Konkurrenz zum Martinstag zu sehen, wird es oft als Anlass genommen, über Bräuche, Kultur und Gemeinschaft zu sprechen. Kirchenvertreter betonen, dass der Martinstag pädagogisch wertvoll sei, da er Kinder an Werte wie Teilen und Mitgefühl erinnert – eine Haltung, die sich klar von der konsumorientierten Ausrichtung des Halloween-Trubels abhebt.
Pfarrerinnen und Pfarrer im Harz sehen den Martinstag nicht als bedroht. In Wernigerode etwa finden jährlich ökumenische Martinsfeiern mit Andacht und Laternenumzügen statt, die von hunderten Familien besucht werden. Diese Veranstaltungen sind tief verwurzelt und werden aktiv beworben – beispielsweise mit Aktionen auf Instagram unter dem Hashtag #LaternenumzugHarz.
Der Martinstag bleibt lebendig
Warum wird im Harz der Martinstag trotz Halloween noch gefeiert?
Die Antwort liegt in der tiefen kulturellen Verwurzelung des Brauchs. Der Martinstag erinnert an den heiligen Martin von Tours, der seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte – ein Symbol für Nächstenliebe und Gemeinschaft. Gerade im Harz, wo dörfliche Strukturen und kirchliche Traditionen noch präsent sind, bleibt der Tag eine feste Größe. Familien, Schulen und Gemeinden nutzen ihn, um Kindern Werte zu vermitteln und Gemeinschaft zu leben.
Auch die Veranstaltungen selbst sind ein Magnet: Martinsfeuer, Laternenumzüge mit Pferd und Reiter, Lieder wie „Laterne, Laterne“ – sie schaffen Momente des Zusammenhalts. Laut einer YouGov-Umfrage feiern bundesweit rund 23 % der Deutschen den Martinstag, besonders Familien mit Kindern. Im Harz dürfte dieser Anteil noch höher liegen, da viele Gemeinden aktiv an der Pflege des Brauchs arbeiten.
Ein Blick auf die Feierformen im Harz
| Ort | Feier | Charakter |
|---|---|---|
| Wernigerode | Martinsumzug & Andacht | Kirchlich-familiär |
| Braunlage | Laternenlauf mit Musik | Traditionell |
| Bad Harzburg | Laternenfest auf dem Baumwipfelpfad | Touristisch-familiär |
| Oker | “Schelloween” Horrorhaus | Eventorientiert |
| Thale | Halloween-Markt auf dem Hexentanzplatz | Kulturell-kommerziell |
Wie reagieren Eltern im Harz auf die Entwicklung?
Viele Eltern wählen inzwischen einen Mittelweg: Am 31. Oktober wird Halloween gefeiert, zwei Wochen später der Martinstag. Die Kinder genießen beide Feste – das eine mit Gruselkostümen, das andere mit selbst gebastelten Laternen. In sozialen Medien äußern sich viele Harzerinnen und Harzer pragmatisch: „Warum nicht beides? Hauptsache, die Kinder haben Spaß und lernen etwas über Tradition.“
Die gleichzeitige Akzeptanz beider Bräuche zeigt, dass der Harz nicht zwischen Moderne und Tradition wählen muss. Stattdessen findet eine kulturelle Koexistenz statt, die für viele Familien funktioniert.
Gesellschaftlicher Wandel im Brauchtum
Gibt es Daten zur Häufigkeit von Halloween- vs. Martinstag-Umzügen?
Exakte Zahlen für den Harz existieren zwar nicht, doch der Trend ist erkennbar: Halloween-Veranstaltungen nehmen zu, Laternenumzüge stagnieren oder gehen leicht zurück. Das liegt teils an der veränderten Freizeitkultur und den kommerziellen Anreizen, die Halloween bietet. Während für den Martinstag oft ehrenamtliche Helfer, Kirchengemeinden und Schulen notwendig sind, stehen hinter Halloween wirtschaftliche Strukturen, Sponsoren und Eventmanager.
Trotzdem gelingt es im Harz, beide Seiten zu integrieren. Während in Städten wie Goslar oder Wernigerode Halloween als Freizeit-Event etabliert ist, bleiben die kleineren Orte bei klassischen Martinsumzügen. So entsteht eine kulturelle Balance zwischen alten und neuen Formen des Feierns.
Stimmen aus der Region
In Foren und Facebook-Gruppen aus dem Harz liest man häufig Stimmen, die beide Seiten betonen. Ein Nutzer schreibt: „Wir waren über Halloween in Thale – dort war ein Markt auf dem Hexentanzplatz und ein bisschen Rummel unten. War toll für die Kinder.“ Ein anderer berichtet über den Laternenumzug in Bad Harzburg: „Magische Lichter, Musik, friedliche Stimmung – einfach schön.“ Diese Äußerungen zeigen, dass Halloween und Martinstag keine Gegensätze sind, sondern unterschiedliche emotionale Räume bieten.
Wird beim Martinstag im Harz schon auf Halloween als Konkurrenz hingewiesen?
Ja – in kirchlichen Kreisen wird häufig darauf hingewiesen, dass Halloween durch seine visuelle Präsenz und Medienwirkung den Martinstag überlagern könnte. Doch die Reaktion fällt meist gelassen aus. Viele Pfarrer sehen die Situation als Chance: „Halloween bringt Menschen auf die Straßen, Laternen bringen Licht in die Dunkelheit – beides hat seinen Platz.“
Langfristige Perspektiven
Die Zukunft beider Bräuche im Harz hängt stark von den Initiativen vor Ort ab. Wenn Gemeinden weiterhin kreative Angebote für den Martinstag schaffen, etwa durch Musikgruppen, Bastelaktionen oder thematische Gottesdienste, bleibt der Brauch lebendig. Halloween hingegen wird sich als kulturelles Event weiterentwickeln – mit neuen Formaten, Märkten und Erlebnisangeboten. Beide Feste profitieren voneinander, wenn sie in der Region unterschiedlich, aber respektvoll gepflegt werden.
Ein Vergleich der Werte
- Halloween: Spaß, Kostüme, Gemeinschaft durch Spiel und Scherz
- Martinstag: Teilen, Licht, Nächstenliebe und Stille
- Gemeinsamkeit: Kinder im Mittelpunkt, soziale Begegnung, Freude am Feiern
Wie reagieren lokale Händler und Tourismus?
Der Tourismusverband Harz nutzt beide Feste für saisonales Marketing. Während im Oktober Halloween-Events Besucher anlocken, werden im November Laternenwanderungen und Martinsmärkte beworben. Diese Kombination verlängert die touristische Saison und verbindet Tradition mit Erlebnis. Für kleine Händler bietet das doppelte Festgeschäft eine wertvolle Einnahmequelle – vom Kürbisverkauf bis zum handgemachten Laternenset.
Soziale Medien als Spiegel des Wandels
Auf Plattformen wie Facebook und Instagram zeigen sich unterschiedliche Tendenzen: Unter #HalloweenHarz dominieren Fotos von Kürbissen, Kostümen und Events, während #MartinstagHarz Bilder von Kindern mit Laternen und Pferden teilen. Diese parallele Online-Präsenz verdeutlicht: Der Harz lebt Vielfalt – nicht nur landschaftlich, sondern auch kulturell.
Fazit: Zwischen Tradition und Trend – Der Harz findet seine Balance
Der Harz steht exemplarisch für die kulturelle Vielschichtigkeit Deutschlands. Während Halloween für viele Familien Spaß, Kreativität und Erlebnisse bedeutet, bleibt der Martinstag eine Quelle von Besinnung, Licht und sozialem Zusammenhalt. Beide Feste sprechen unterschiedliche Bedürfnisse an – das Bedürfnis nach Unterhaltung und das Bedürfnis nach Gemeinschaft.
In einer Region wie dem Harz, wo Sagen, Mythen und Geschichte tief verwurzelt sind, ist Platz für beides. Halloween knüpft an die mystische Seite der Landschaft an, der Martinstag an ihre menschliche. Die Zukunft zeigt: Nicht das eine verdrängt das andere – beide verändern sich, wachsen miteinander und prägen so den besonderen Charakter des Harzer Herbstes.







