Landkreis Harz – Nach einem weiteren Hitzesommer und mehreren Waldbränden zieht der Landkreis Harz eine klare Konsequenz: Ein zweites Löschflugzeug soll die Region künftig noch besser vor Feuersbrünsten schützen. Mit diesem Schritt festigt der Harz seine Vorreiterrolle in der Luftbrandbekämpfung – und sendet ein wichtiges Signal an andere Regionen Deutschlands.
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Ein Flugzeug reicht nicht mehr aus
Was 2023 als Pilotprojekt begann, ist längst zur strategischen Maßnahme im Katastrophenschutz geworden: Der Landkreis Harz betreibt seit dem Frühjahr 2023 ein eigenes Löschflugzeug. Stationiert in Ballenstedt, wurde das speziell ausgerüstete Flugzeug vor allem während des Großbrandes am Brocken im Jahr 2024 effektiv eingesetzt. Binnen 45 Minuten war es vor Ort, warf 2.200 Liter Löschmittel ab und trug maßgeblich zur Eindämmung des Feuers bei.
Doch angesichts wachsender klimatischer Risiken und immer häufiger auftretender Brandlagen in schwer zugänglichem Terrain ist eines klar: Ein einzelnes Flugzeug reicht nicht mehr aus. Der Landkreis Harz hat daher offiziell die Anforderung eines zweiten Löschflugzeugs eingeleitet. Ziel ist eine noch schnellere Reaktionsfähigkeit sowie Redundanz bei Ausfällen oder parallelen Einsätzen.
Das Harzer Modell: Vorreiter in der Luftbrandbekämpfung
Bundesweit einzigartig ist der strukturierte Ansatz des Landkreises Harz: Anders als in den meisten deutschen Regionen verlässt sich die Einsatzleitung dort nicht allein auf Hubschrauber. Stattdessen setzt man auf eine abgestimmte Kombination aus Bodenkräften, Helikoptern und spezialisierten Löschflugzeugen – eine sogenannte „Einsatztoolbox“.
„Diese Maschine ist eine Lebensversicherung für unsere Region“, erklärte Landrat Thomas Balcerowski im Rahmen der Vertragsverlängerung mit dem Betreiberunternehmen. Tatsächlich markiert das Projekt einen Paradigmenwechsel: Weg von der rein reaktiven Feuerwehrlogik – hin zu vorausschauender Luftunterstützung.
Technische Daten des Löschflugzeugs
Merkmal | Details |
---|---|
Modell | PZL M18 B „Dromader“ |
Löschmittelkapazität | 2.200 Liter Wasser oder Retardant |
Reaktionszeit ab Alarmierung | ca. 40–60 Minuten |
Stationierung | Verkehrslandeplatz Ballenstedt |
Vorhaltekosten pro Jahr | 267.000 Euro |
Was bringt ein zweites Löschflugzeug?
Der Wunsch nach einem zweiten Flugzeug hat mehrere Gründe: Zum einen erhöht sich die Verfügbarkeit bei technischen Ausfällen oder Wartungsphasen. Zum anderen ermöglicht ein zweites Flugzeug gleichzeitige Einsätze in mehreren Brandherden – ein entscheidender Vorteil in heißen Sommermonaten.
Schon beim Brockenbrand 2024 musste kurzfristig ein zweites baugleiches Flugzeug aus Polen angefordert werden. Die Einsatzerfahrung zeigte: Zwei Maschinen im koordinierten Tandem können in kurzer Zeit große Flächen mit Löschmittel abdecken und so das Feuer in seiner Ausbreitung entscheidend stoppen.
Der Klimawandel als treibender Faktor
Deutschland wird trockener, heißer – und damit waldbrandgefährdeter. Laut offizieller Waldbrandstatistik wurden 2024 bundesweit 563 Brände registriert, die über 330 Hektar Waldfläche zerstörten. Zwar ist dies weniger als in besonders extremen Jahren, doch Experten warnen: Die Gefahr verlagert sich zunehmend in die Früh- und Spätsaison, in denen Einsatzbereitschaft traditionell reduziert ist.
Hinzu kommt: Der überwiegende Teil der Brände ist menschengemacht – durch Fahrlässigkeit, Lagerfeuer oder weggeworfene Zigaretten. Nur etwa vier Prozent entstehen durch natürliche Ursachen wie Blitzeinschläge. Prävention und schnelle Reaktion sind daher entscheidend – auch aus gesellschaftlicher Verantwortung.
Feuerwehr, NGO und Technik: Die neue Einsatzlogik
Interessant ist der strukturelle Wandel, den das Harzer Modell mit sich bringt. In Deutschland gibt es keine spezialisierte Wildland-Feuerwehr nach US-amerikanischem Vorbild. Vielmehr arbeiten kommunale Wehren oft auf freiwilliger Basis und müssen sämtliche Einsatzszenarien abdecken.
Der Einsatz von Luftunterstützung erfordert jedoch eine ganz eigene Taktik, Schulung und Koordination. Hier setzt der Harz neue Maßstäbe – und könnte ein Blaupause-Modell für andere Regionen werden.
Alternative Konzepte: Von gepanzerten Fahrzeugen bis NGO-Einsatz
Ein kaum beachteter, aber relevanter Aspekt ist der Einsatz von speziellen Löschpanzern. In Teilen des Harzes, die noch mit Weltkriegsmunition belastet sind, kommen T-55-Umrüstungen zum Einsatz, um Brände gefahrlos in diesen Arealen zu löschen.
Auch nichtstaatliche Organisationen wie @fire bieten Unterstützung an: Ihre speziell ausgebildeten Wildland-Firefighter agieren bei großflächigen Bränden als Ergänzung zu behördlichen Kräften. Solche Synergien könnten künftig auch in Kombination mit der Harzer Luftflotte zum Einsatz kommen.
Internationale Vergleiche und politische Debatten
Ein Blick ins Ausland zeigt: In Ländern wie Kanada, Griechenland oder Italien gehören Löschflugzeuge seit Jahrzehnten zum Standard. Deutschland dagegen hatte lange keine eigene Luftflotte und verließ sich auf temporäre EU-Kooperationen (rescueEU).
Nach dem Rückzug von Niedersachsen aus diesem Modell wurde klar: Ohne eigene Kapazitäten sind Regionen im Ernstfall allein auf sich gestellt. Der Landkreis Harz geht hier einen anderen Weg – aus Verantwortung und mit Weitblick.
Antworten auf häufige Nutzerfragen
Warum will der Landkreis Harz ein zweites Löschflugzeug?
Ein einzelnes Flugzeug kann bei parallelen Bränden oder technischen Ausfällen an seine Grenzen kommen. Mit einem zweiten Flugzeug erhöht sich die Reaktionsfähigkeit und Sicherheit der Region deutlich.
Wie viel kostet die Vorhaltung eines Löschflugzeugs im Harz?
Die jährlichen Kosten liegen bei rund 267.000 Euro. Darin enthalten sind Betriebsbereitschaft, Wartung und Personal.
Wer betreibt das Löschflugzeug im Harz?
Die polnische Firma Mieleckie Zakłady Lotnicze (MZL) stellt das Flugzeug und betreibt es in Zusammenarbeit mit dem Landkreis.
Wie viel Wasser kann das Flugzeug transportieren?
Das Modell PZL M18 B „Dromader“ fasst rund 2.200 Liter Wasser oder Retardant (Löschmittel).
Wo ist das Löschflugzeug stationiert?
Am Verkehrslandeplatz Ballenstedt, mit Zugriff auf weitere Landeplätze in der Region für taktische Flexibilität.
Fazit: Der Harz geht voran – wird Deutschland folgen?
Mit der Anforderung eines zweiten Löschflugzeugs sendet der Landkreis Harz ein klares Signal: Prävention, Geschwindigkeit und regionale Verantwortung müssen im Katastrophenschutz stärker in den Fokus rücken. Während andere Bundesländer noch auf EU-Hilfen oder Hubschrauber setzen, etabliert der Harz ein funktionierendes Luftschutzmodell – praxisnah, skalierbar und zukunftsorientiert.
Ob andere Regionen diesen Weg ebenfalls gehen, bleibt abzuwarten. Doch eins ist klar: Der Landkreis Harz zeigt, wie moderne Waldbrandbekämpfung in Zeiten des Klimawandels aussehen kann – effizient, koordiniert und mutig.