Ilsenburg, 19. Juni 2025, 07:00 Uhr
Am Wochenende des 21. und 22. Juni 2025 verwandelt sich die Fürst-Stolberg-Hütte in Ilsenburg erneut in einen Ort der Hoffnung, des Miteinanders und der konkreten Hilfe. Der 10. Benefiz-Flohmarkt des Ostafrika-Projekt e.V. zieht mit seinem breit gefächerten Angebot und seiner tiefen sozialen Motivation zahlreiche Besucher aus der Harzregion und darüber hinaus an. Ziel der Veranstaltung: Spenden für Straßenkinder und suchtkranke Jugendliche in Kenia, Uganda, Äthiopien und dem Südsudan sammeln – und dabei das Bewusstsein für ein weltweites Problem stärken.
Ein Flohmarkt mit echtem Mehrwert
Der Benefiz-Flohmarkt ist weit mehr als eine Sammlung von Tischen mit gebrauchten Gegenständen. Unter dem Motto „Gemeinsam helfen – gemeinsam feiern“ wird ein buntes Rahmenprogramm geboten: Von Livemusik über Tanzaufführungen bis hin zu Gottesdiensten und Kaninchenschauen – das Wochenende verspricht Unterhaltung, Gemeinschaft und Besinnung zugleich. Organisiert wird der Markt ehrenamtlich vom Ostafrika-Projekt e.V., unterstützt vom Blauen Kreuz und zahlreichen freiwilligen Helfern aus der Region.
Vielfalt für den guten Zweck
- Trödel und Haushaltsartikel
- Kleidung, Bücher und Sammlerstücke
- Hausgemachter Kuchen, Grillstände und Getränke
- Musikalisches Programm und Vorträge
Mit dem Erlös sollen konkrete Hilfsprojekte finanziert werden: So wurde im vergangenen Jahr etwa der Boden eines Kinderheims in Mtito Andei in Kenia erneuert – mit Spenden aus Ilsenburg. Insgesamt kamen 2024 rund 7.800 € zusammen.
Hilfe, die direkt ankommt
Das Besondere am Ostafrika-Projekt e.V. ist die radikale Transparenz: Alle Spendengelder fließen zu 100 % in die Projektarbeit. Die Vereinsmitglieder reisen regelmäßig auf eigene Kosten in die Einsatzgebiete und begleiten dort den Fortschritt. Im Fokus stehen dabei nicht nur Straßenkinder, sondern auch Jugendliche mit Suchterfahrungen, die in speziell betreuten Einrichtungen eine neue Perspektive erhalten.
Ein Blick nach Ostafrika: Ursachen und Realität
Die Situation in den Projektländern ist oft dramatisch. In Kenia und Uganda leben hunderttausende Kinder auf der Straße – teils dauerhaft, teils nur tagsüber. Gründe dafür sind komplex:
Ursache | Auswirkung |
---|---|
Armut und Arbeitslosigkeit der Eltern | Keine Schulgebühren, keine Betreuung |
Verlust eines oder beider Elternteile | Kind muss sich selbst versorgen |
Gewalt oder Missbrauch im Elternhaus | Flucht auf die Straße als einziger Ausweg |
Einfluss von Gleichaltrigen | Kollektives Leben auf der Straße |
Oft schließen sich diese Kinder zu Gruppen zusammen – mit eigenen Regeln, eigenen „Straßenfamilien“. Der Dokumentarfilm „Tough Bond“ zeigt eindringlich, wie aus gegenseitiger Hilfe auf der Straße ein Überlebenssystem entsteht. Doch auch Drogenmissbrauch, Gewalt und Kriminalität sind Teil dieser Realität.
Von der Straße ins Leben: Chancen durch ganzheitliche Hilfe
Ein rein karitatives Konzept, das nur auf Spenden und Versorgung beruht, greift zu kurz. Auch das Ostafrika-Projekt e.V. versucht, Hilfe mit langfristiger Perspektive zu verbinden. Neben Unterkünften werden Bildungsangebote, Berufstrainings und psychologische Betreuung aufgebaut – ein Ansatz, der sich international bewährt hat.
Beispielhafte internationale Projekte
- Shangilia, Nairobi: Schul- und Wohnprojekt für ehemals obdachlose Kinder, erfolgreich seit 1994.
- Fundación Arco Iris, Bolivien: Übergangsheime mit Therapiebegleitung, Ausbildung und Reintegration.
Diese Projekte zeigen, dass echte Veränderung durch ganzheitliche Betreuung und strukturelle Förderung möglich ist. Straßenkinder brauchen mehr als Brot und Unterkunft – sie brauchen Bildung, Schutzräume, stabile Bindungen und berufliche Perspektiven.
Kritik an klassischer Entwicklungshilfe
Doch nicht jede Form der Hilfe ist automatisch hilfreich. In der Entwicklungsforschung wird der Begriff „Assistenzialismus“ kritisiert: Einseitige Versorgung könne Abhängigkeit schaffen, anstatt Empowerment zu fördern. Der Druck zur Spendenwerbung führe zudem in manchen Organisationen zu dramatisierten Darstellungen von Leid – ohne nachhaltige Lösung.
„Wer Armut zeigt, muss Verantwortung übernehmen. Sonst wird aus Mitleid nur eine kurzfristige Beruhigung des Gewissens.“ – Entwicklungssoziologin, Nairobi
Das Ostafrika-Projekt e.V. grenzt sich hiervon klar ab: Es verzichtet auf emotionalisierende Spendenkampagnen, setzt auf langfristige Partnerschaften und den Aufbau lokaler Verantwortung.
Moderne Lösungen: Satellitendaten & Mikrotargeting
Ein spannender neuer Ansatz: Wissenschaftler nutzen inzwischen hochaufgelöste Satellitendaten, um Armut und fehlende Infrastruktur in informellen Siedlungen zu analysieren – beispielsweise in Nairobi, Kisumu oder Kampala. Diese Daten ermöglichen gezielte Programme, etwa zur Schulwegsicherung, Wasserversorgung oder zur Lokalisierung besonders gefährdeter Gruppen.
Hier eröffnen sich neue Chancen für NGOs: Statt breiter Standardhilfen können Interventionen passgenau gestaltet werden – etwa dort, wo Straßenkinder besonders häufig auftauchen oder Gesundheitsversorgung fehlt. Der Einsatz solcher Technologien könnte auch Projekte wie in Ilsenburg unterstützen, wenn sie zukünftig mit datenbasierten Partnern kooperieren.
Eine Veranstaltung mit Herz und Haltung
Zurück nach Ilsenburg: Der 10. Benefiz-Flohmarkt beweist, wie viel Wirkung eine kleine Gemeinschaft entfalten kann, wenn sie mit Herzblut und klarem Ziel agiert. Das Engagement der vielen Helfer – vom Tortenbacken bis zur Technik – ist Ausdruck einer tiefen regionalen Solidarität mit globalem Anliegen.
Doch der Flohmarkt ist auch eine Plattform der Aufklärung: In Vorträgen, Gesprächen und Begegnungen erfahren Besucher mehr über die Lebenswelten ostafrikanischer Kinder und darüber, wie ihre Spende tatsächlich wirkt.
Einladung zum Mitmachen
Alle Einnahmen des Wochenendes gehen an Projekte in Ostafrika. Wer nicht persönlich vor Ort sein kann, hat die Möglichkeit, über das Jahr hinweg zu spenden oder sich ehrenamtlich zu engagieren. Der Verein ist offen für neue Mitglieder, Unterstützer und Projektideen.
Kleine Tat – große Wirkung
Der 10. Benefiz-Flohmarkt in Ilsenburg ist nicht nur eine lokale Veranstaltung, sondern ein Symbol. Ein Symbol dafür, dass Verantwortung nicht an Landesgrenzen endet. Dass Veränderung dort beginnt, wo Menschen hinschauen, zuhören und handeln. Und dass Hilfe dann am stärksten ist, wenn sie mit Respekt, Wissen und Ausdauer verbunden wird.
In einer Welt, in der Millionen Kinder auf der Straße leben, ist jedes gerettete Leben ein Erfolg. Und jede helfende Hand ein Teil dieser Geschichte.