
Wernigerode. Die Harzer Schmalspurbahn, eines der bekanntesten touristischen Wahrzeichen im Harz, steht vor einer ungewissen Zukunft. Trotz steigender Fahrgastzahlen und historischer Bedeutung kämpfen die Betreiber mit massiven Finanzierungsproblemen, explodierenden Kosten und politischen Diskussionen über den Fortbestand. Ein möglicher Rettungsplan könnte über die Zukunft des gesamten Schmalspurnetzes entscheiden.
Die Harzer Schmalspurbahn – ein Symbol des Harzes
Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) betreiben das längste zusammenhängende Schmalspurnetz Deutschlands mit einer Streckenlänge von rund 140 Kilometern. Dazu gehören die Harzquerbahn, die Selketalbahn und die berühmte Brockenbahn. Jährlich nutzen etwa eine Million Fahrgäste die Züge, um den Harz zu entdecken. Die Dampfloks sind dabei nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern ein lebendiges Stück Industriegeschichte, das Reisende aus aller Welt anzieht.
Mit 31 Lokomotiven (davon 15 betriebsfähig) und 10 Triebwagen verfügt die HSB über einen beachtlichen Fuhrpark. Doch die Instandhaltung dieser historischen Technik ist teuer und aufwendig. Der Harz ist auf die Züge angewiesen – nicht nur als touristisches Highlight, sondern auch als identitätsstiftendes Element der Region.
Die finanzielle Schieflage
Trotz der hohen Nachfrage ist die wirtschaftliche Lage dramatisch. 2023 verzeichnete das Unternehmen ein Minus von 2,4 Millionen Euro, 2024 sogar 5,6 Millionen Euro. Und das, obwohl die Einnahmen dank steigender Fahrgastzahlen um sechs Prozent zulegen konnten. Der Grund liegt in den explodierenden Kosten für Instandhaltung und Betrieb:
- Instandhaltungskosten für Fahrzeuge: +300 % im Vergleich zu früheren Jahren
- Kosten für Gleisbau: +200 %
- Kohlepreise: rund 630 € pro Tonne – doppelt so teuer wie vor fünf Jahren
- CO₂-Abgaben belasten zusätzlich den Betrieb
Allein für eine Dampflok werden jährlich rund 5.000 Tonnen Kohle benötigt. Diese Zahlen verdeutlichen die Dimension der Herausforderungen, mit denen die HSB im Harz konfrontiert sind.
Wie hoch sind die Sanierungskosten?
Eine häufig gestellte Frage lautet: „Wie hoch sind die Sanierungskosten der Harzer Schmalspurbahn?“ Die Schätzungen gehen weit auseinander. Ein Gutachten des Beratungsunternehmens SCI Verkehr kalkuliert Investitionen von 544,1 Millionen Euro bis 2045, zuzüglich 253,2 Millionen Euro an laufenden Kosten. Andere Berichte sprechen sogar von bis zu 800 Millionen Euro Sanierungsbedarf. Diese Summen übersteigen die Möglichkeiten der kommunalen Gesellschafter bei Weitem und machen staatliche Unterstützung unumgänglich.
Politische Unterstützung und Streit um Finanzierung
Sachsen-Anhalt hat der Bahn bereits Hilfe zugesagt: 2024 wurden 15 Millionen Euro für den Verkehrsvertrag und die Infrastruktur bewilligt, dazu 4,4 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln. Für 2025 sind weitere 3,7 Millionen Euro eingeplant. Dennoch betonen Politiker wie Infrastrukturministerin Lydia Hüskens, dass ein Sparkonzept unausweichlich sei. Ziel müsse es sein, die laufenden Kosten dauerhaft zu senken.
Auf Social Media fordern Bürger und Interessensgruppen zudem, dass auch der Bund Verantwortung übernimmt. Ein Kommentar brachte es auf den Punkt: Land und Bund müssen helfen
. Die Debatte verdeutlicht, dass der Erhalt der HSB im Harz längst zu einer politischen Frage geworden ist.
Welche Rolle spielt der Dampflokbetrieb?
Eine der zentralen Fragen lautet: „Welche Rolle spielt der Dampflokbetrieb im Rettungskonzept?“ Traditionell gelten die Dampfloks als Herzstück der Harzer Schmalspurbahnen. Ohne sie, so argumentieren Fans und Eisenbahnfreunde, wäre die Bahn nicht mehr dieselbe. Doch wirtschaftlich betrachtet ist der Betrieb kaum tragbar. Das Gutachten bezeichnet den Dampflokbetrieb in seiner jetzigen Form sogar als „perspektivlos“.
Die Diskussion dreht sich deshalb um Alternativen. Vorgeschlagen wird der Einsatz von Diesel-Hybrid-Triebwagen, die effizienter und kostengünstiger wären. Manche Ideen gehen noch weiter und denken über eine Umrüstung der Dampfloks auf Wasserstoff nach. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, ob die Bahn ohne die romantische Dampfatmosphäre denselben touristischen Reiz behalten würde.
Streckenkonzepte und mögliche Einschnitte
Die Harzer Schmalspurbahn umfasst mehrere Linien. Besonders die Selketalbahn könnte in Zukunft betroffen sein. Aufgrund des geplanten Hochwasserrückhaltebeckens bei Straßberg ist eine Streckenstilllegung ab Ende 2026 für mindestens fünf Jahre vorgesehen. Angesichts der finanziellen Lage wird bereits spekuliert, ob die Selketalbahn überhaupt je wieder aufgenommen wird.
Das Gutachten empfiehlt zudem, sich langfristig auf die wirtschaftlich stärkeren Strecken zu konzentrieren – insbesondere die Brocken- und die Harzquerbahn. Eine solche Konzentration würde das Netz straffen, könnte aber die Vielfalt und Attraktivität des Angebots im Harz erheblich einschränken.
Wer finanziert die Zukunft?
Die Frage „Wer finanziert die Sanierung der Harzer Schmalspurbahn?“ beschäftigt Politik, Betreiber und Bürger gleichermaßen. Klar ist: Die kommunalen Gesellschafter können die Last nicht tragen. Neben den bisher zugesagten Landesmitteln bedarf es weiterer Zuschüsse. Die Forderungen nach einem Rettungsplan, an dem sich auch der Bund beteiligt, werden immer lauter. Ohne langfristige Finanzierungskonzepte droht die Schmalspurbahn zum Fass ohne Boden zu werden.
Betriebliche Anpassungen und Sicherheitsaspekte
Neben den finanziellen Problemen stehen die HSB im Harz auch vor praktischen Herausforderungen. In Zeiten hoher Waldbrandgefahr dürfen Dampfloks wegen des Funkenflugs nicht eingesetzt werden. Stattdessen werden Dieselzüge eingesetzt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Auch Wartungszyklen und Hauptuntersuchungen der Lokomotiven beeinflussen den Fahrplan. So wird teils improvisiert, um die Züge am Laufen zu halten.
Gibt es einen Rettungsplan?
Viele Reisende und Bürger fragen sich: „Gibt es einen Rettungsplan für die Harzer Schmalspurbahn?“ Eine endgültige Lösung gibt es bislang nicht. Die Geschäftsführung der HSB soll bis Ende September 2025 ein umfassendes Investitionskonzept vorlegen. Dieses wird entscheidend sein, um die künftige Ausrichtung zu bestimmen. Diskutiert werden mehrere Szenarien:
- Konzentration auf wirtschaftlich starke Strecken
- Modernisierung mit neuen Fahrzeugkonzepten
- Erhalt eines Teils des Dampflokbetriebs als touristisches Angebot
- Intensivere staatliche Förderung
Bis dahin bleibt unklar, wie realistisch ein umfassender Rettungsplan tatsächlich ist.
Meinungen aus der Region
In Foren und sozialen Netzwerken zeigen sich die Menschen gespalten. Viele betonen die kulturelle und emotionale Bedeutung der Dampflok im Harz. Andere weisen darauf hin, dass ein Festhalten am bisherigen Modell die Bahn ins Aus treiben könnte. Ein Nutzer fasste es im Forum zusammen: Ohne Dampflok wäre die HSB Geschichte
. Dieses Spannungsfeld zwischen Tradition und Wirtschaftlichkeit macht den Entscheidungsprozess besonders komplex.
Langfristige Perspektiven
Das Gutachten von SCI Verkehr spricht eine deutliche Sprache: Ohne grundlegende Veränderungen droht der HSB ein schleichender Niedergang. Empfohlen wird ein Investitionsprogramm von über einer halben Milliarde Euro, verbunden mit einer Umstellung auf effizientere Fahrzeuge und einer Konzentration auf zentrale Strecken. Dies würde nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Betriebs sichern. Für den Harz wäre es ein tiefgreifender Wandel – weg von reiner Nostalgie, hin zu einem modernen, aber möglicherweise weniger romantischen Bahnbetrieb.
Der Harz und sein Wahrzeichen
Ob Dampflok oder Hybridzug – die Harzer Schmalspurbahn ist und bleibt ein Wahrzeichen des Harzes. Sie prägt das Bild der Region und zieht jährlich Touristen aus dem In- und Ausland an. Ihr Fortbestand ist daher nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine emotionale und identitätsstiftende Frage. Wie die Entscheidungsträger in den kommenden Monaten reagieren, wird die Zukunft des Harzes und seiner berühmten Bahn nachhaltig prägen.
Die Harzer Schmalspurbahn steht am Scheideweg. Zwischen steigenden Kosten, politischen Diskussionen und der Notwendigkeit, Tradition zu bewahren, ist ein Rettungsplan dringend erforderlich. Ob dieser die Dampflok im vollen Umfang erhält oder eine Modernisierung mit neuen Technologien bedeutet, ist offen. Klar ist jedoch: Ohne entschlossene Maßnahmen droht dem Harz der Verlust eines seiner wichtigsten kulturellen Symbole. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, ob die Harzer Schmalspurbahn im 21. Jahrhundert eine Zukunft hat – oder ob sie zur Geschichte wird.