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Lehrermangel im Harz verschärft sich zum Start des Schuljahres 2025/26

Harz – Zum Beginn des neuen Schuljahres 2025/26 steht die Harzregion erneut vor einer Herausforderung, die seit Jahren bekannt ist, sich jedoch weiter zuspitzt: Der Mangel an Lehrkräften. Trotz punktueller Verbesserungen in einzelnen Städten bleibt die Versorgung vieler Schulen angespannt. Gewerkschaften, Kommunen und das Bildungsministerium bemühen sich um Lösungen, während Eltern und Schüler die Folgen im Schulalltag unmittelbar spüren.

Regionale Unterschiede: Zwischen stabilen Quoten und kritischen Engpässen

In Bad Harzburg, einer der größeren Städte der Region, zeigt sich zum Schuljahresstart ein gemischtes Bild. Offiziellen Angaben zufolge liegt die Unterrichtsversorgung hier leicht über dem niedersächsischen Landesdurchschnitt von 96,9 %. Dies klingt zunächst positiv, verdeckt jedoch den Blick auf die vielen strukturellen Probleme, die andernorts im Harz deutlich sichtbarer sind. Besonders in ländlicheren Gegenden und kleineren Schulen fällt die Versorgung oft unter 95 %, mit spürbaren Auswirkungen auf den Unterrichtsbetrieb.

Die Lage ist keineswegs homogen. Während einige Schulen mit einer stabilen Lehrerschaft starten, müssen andere in der Region kurzfristig Klassen zusammenlegen oder Förderstunden streichen. Hier zeigt sich, dass der Lehrermangel nicht nur eine abstrakte Statistik ist, sondern ganz konkrete Konsequenzen für den Schulalltag hat.

Gründe für den anhaltenden Mangel

Die Frage, „Warum gibt es im Harzregion Schuljahr 2025/26 Lehrermangel?“, lässt sich nicht mit einem einzigen Faktor beantworten. Mehrere Ursachen wirken zusammen:

  • Altersstruktur: Rund 57 % der Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt, zu dem Teile des Harzes gehören, sind über 50 Jahre alt. Deutschlandweit liegt der Schnitt bei etwa 36 %.
  • Elternzeit und Krankheit: Über 90 Vollzeiteinheiten (FTE) fehlen aktuell allein durch Mutterschutz, Elternzeit und Langzeiterkrankungen.
  • Standortfaktor: Ländliche Regionen sind für viele Bewerber weniger attraktiv, insbesondere wenn der Partner oder die Familie nicht in der Nähe lebt.
  • Ruhestände: Jahr für Jahr verlassen erfahrene Lehrkräfte das System, während nicht genügend neue nachrücken.
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Ein Lehrer aus der Region fasst es in einem Online-Forum knapp zusammen: „Location ist alles – Lehrermangel hauptsächlich auf dem Land.“ Dieser Stadt-Land-Unterschied prägt seit Jahren die Personalsituation im Harz.

Notmaßnahmen: Flexibilität als Dauerzustand

Auf die Frage, „Welche Notmaßnahmen nutzen Schulen im Harz bei Lehrermangel?“, zeigt sich eine breite Palette an organisatorischen und personellen Anpassungen:

  • Seiteneinstieg: Etwa 15 % der Lehrkräfte im Harz kommen inzwischen aus dem Seiteneinstieg – also ohne klassische pädagogische Ausbildung.
  • Abordnungen: Lehrkräfte werden von besser versorgten Schulen in unterversorgte Regionen versetzt, oft gegen ihren Wunsch.
  • Vorgriffsstunde: Lehrkräfte unterrichten vorübergehend eine zusätzliche Stunde pro Woche, um Lücken zu schließen.
  • Klassenfusionen: Insbesondere in Grundschulen werden Klassen zusammengelegt, was größere Lerngruppen zur Folge hat.
  • Förderstundenkürzungen: Zusatzangebote für leistungsschwächere Schüler fallen weg.

Diese Maßnahmen sorgen zwar kurzfristig für Entlastung, führen aber langfristig zu einer höheren Belastung des Personals und damit wiederum zu erhöhten Ausfällen.

Die Sicht der Gewerkschaften

Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert zum Schuljahresstart „Mut, Geld und Personal“. Gemeint ist damit nicht nur die Einstellung neuer Lehrkräfte, sondern auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen: kleinere Klassen, mehr Unterstützung durch Schulsozialarbeit, sowie Entlastung bei Verwaltungsaufgaben. Aus Sicht der GEW ist der Mangel weniger ein kurzfristiges Problem, sondern ein strukturelles Versäumnis, das über Jahre gewachsen ist.

Politische Reaktionen und neue Strategien

Das Bildungsministerium von Sachsen-Anhalt hat für 2025/26 eine straffere Unterrichtsorganisation angekündigt. Ziel ist es, vorhandene Ressourcen effizienter zu verteilen und eine gerechtere Versorgung in allen Regionen sicherzustellen. Diese Neuorganisation soll verhindern, dass einzelne Schulen deutlich schlechter dastehen als andere.

Eine viel diskutierte Maßnahme ist die bereits erwähnte Vorgriffsstunde. Sie erhöhte die rechnerische Unterrichtsversorgung um bis zu drei Prozentpunkte, stieß jedoch auf Kritik: Viele Lehrkräfte empfinden die zusätzliche Belastung als unzumutbar, zumal sie in einem ohnehin angespannten Umfeld stattfindet.

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Demografische Entwicklung und Prognosen

Auch wenn die Schülerzahlen ab 2025/26 leicht sinken werden – nach einem kurzfristigen Anstieg infolge der Zuwanderung ukrainischer Kinder – bleibt der Lehrermangel bestehen. Die Hauptursachen liegen in der Altersstruktur, der ungleichen Fächerverteilung und der Tatsache, dass manche Schulen in wenig attraktiven Lagen schlicht keine Bewerbungen erhalten.

Zur Frage, „Wann wird sich die Lehrerversorgung bundesweit wieder entspannen?“, geben Prognosen der Kultusministerkonferenz wenig Anlass zur Hoffnung: Eine echte Entspannung wird frühestens für 2027 erwartet. Den vollständigen Ausgleich der Fehlstellen sehen Experten erst zwischen 2033 und 2035.

Vergleich mit anderen Bundesländern

Der Harz steht mit seinem Problem nicht allein da. In anderen Bundesländern setzen die Kultusministerien ebenfalls auf Abordnungen, Teilzeit-Aufstockungen und finanzielle Anreize für Mangelregionen. Der Unterschied liegt in der regionalen Struktur: Während Ballungsräume eher punktuelle Engpässe verzeichnen, kämpfen ländliche Gebiete flächendeckend mit einer dünnen Personaldecke.

Auswirkungen im Schulalltag

Die Folgen des Mangels zeigen sich nicht nur in der Statistik, sondern vor allem im Klassenzimmer: Unterrichtsausfall, Vertretungsstunden, weniger individuelle Förderung. Für Eltern bedeutet dies, dass sie häufiger einspringen müssen – sei es beim Lernen zu Hause oder durch private Nachhilfe. Für Schüler sinkt die Chance auf kontinuierliche Lernbegleitung, besonders in Fächern mit vielen Lehrerausfällen.

Eine Elternvertreterin aus dem Harz bringt es auf den Punkt: „Wir sehen, dass unsere Kinder weniger kontinuierliche Betreuung haben. Gerade schwächere Schüler fallen dadurch schneller zurück.“

Langfristige Lösungsansätze

Um den Mangel nachhaltig zu beheben, sind mehrere Ansätze notwendig:

  1. Attraktivität steigern: Bessere Bezahlung, kleinere Klassen, wohnortnahe Einsatzorte.
  2. Ausbildungsoffensive: Mehr Studienplätze und schnellere Anerkennung ausländischer Lehramtsabschlüsse.
  3. Digitale Unterstützung: Einsatz moderner Lehr- und Lernplattformen, um Unterrichtsausfälle zu kompensieren.
  4. Quereinsteiger qualifizieren: Gezielte Programme, um Seiteneinsteiger pädagogisch fit zu machen.
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Stimmen aus der Praxis

In sozialen Medien berichten Lehrkräfte aus der Region von einer Mischung aus Engagement und Erschöpfung. Manche sehen den Seiteneinstieg als Chance, neue Talente ins System zu holen. Andere warnen, dass mangelnde pädagogische Ausbildung langfristig zu Qualitätsverlusten führen kann. In Forendiskussionen wird besonders der Punkt betont, dass strukturelle Probleme nicht allein durch organisatorische Tricks gelöst werden können.

Der Schulstart 2025/26 im Harz zeigt ein klares Bild: Trotz einzelner Fortschritte und engagierter Lehrkräfte bleibt der Lehrermangel ein drängendes Problem. Kurzfristige Notlösungen verhindern Schlimmeres, schaffen aber keine nachhaltige Entlastung. Politik, Schulen und Gesellschaft stehen gemeinsam vor der Aufgabe, ein Bildungssystem zu sichern, das allen Kindern – unabhängig von Wohnort und Schulform – gleiche Chancen bietet. Dazu braucht es mehr als nur Rechenkunst in der Statistik: Es braucht eine langfristige, verlässliche Strategie, die den Lehrerberuf im Harz wieder attraktiv macht und Bildung als zentrale Zukunftsaufgabe begreift.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.