Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt stärkt ÖPNV: Landkreise bekommen zusätzliche Rufbus-Angebote

Ein moderner gelber Rufbus steht an einer Haltestelle im Grünen. Neue Angebote sollen mehr Mobilität im ländlichen Raum schaffen. (Symbolbild – exemplarisch)

Sachsen-Anhalt investiert gezielt in den Ausbau flexibler Nahverkehrslösungen. In mehreren Landkreisen werden ab 2025 zusätzliche Rufbus- und On-Demand-Angebote eingeführt oder ausgebaut. Ziel ist es, auch dünn besiedelte Regionen besser an den öffentlichen Personennahverkehr anzubinden und Lücken im Liniennetz zu schließen.

Neuer Schwung für den ländlichen Nahverkehr

Viele Gemeinden in Sachsen-Anhalt stehen vor der Herausforderung, ihre Bürgerinnen und Bürger auch abseits der Hauptlinien zuverlässig zu mobilisieren. Herkömmliche Buslinien sind in Regionen mit geringer Nachfrage oft unwirtschaftlich. Hier setzt das Land auf eine Kombination aus Linienverkehr, PlusBus-Angeboten und flexiblen Bedienformen wie dem Rufbus oder On-Demand-Verkehr. Diese werden sowohl von der Landesregierung als auch von einzelnen Landkreisen gezielt gefördert.

Fördermittel und Modellprojekte

Ein prominentes Beispiel ist der Burgenlandkreis, der bis 2027 rund 5,9 Millionen Euro Landesförderung für den Ausbau moderner ÖPNV-Angebote erhält. Die Mittel fließen in ein Modellprojekt, das unter anderem On-Demand-Fahrten, touristische Anbindungen und die Erprobung autonomer Shuttlefahrten vorsieht. Ziel ist es, bestehende Lücken im Netz zu schließen und eine zuverlässige Zubringerfunktion zu Bahnhöfen und zentralen Umstiegspunkten zu gewährleisten.

Auch andere Regionen wie der Altmarkkreis Salzwedel oder der Saalekreis haben bereits Erfahrungen mit flexiblen Bedienformen gesammelt. Im Saalekreis wurden beispielsweise neue Rufbus-Linien eingeführt, um Orte mit mehr als 100 Einwohnern besser anzubinden. Im Jahr 2023 legten diese Busse über 172.000 Kilometer zurück – ein deutlicher Beleg für die wachsende Bedeutung dieser Verkehrsform.

On-Demand-Start in Mansfeld-Südharz

Ab dem 1. August 2025 startet im Landkreis Mansfeld-Südharz der kreisweite On-Demand-Verkehr „MSH_Mobil“. Fahrgäste können per App oder telefonisch ihren Start- und Zielort sowie die gewünschte Abfahrtszeit festlegen. Die Fahrzeuge, darunter auch Elektrobusse, bedienen virtuelle Haltestellen und bündeln Fahrten, um Strecken effizient zu gestalten. Damit reagiert der Landkreis auf den Bedarf an flexiblen Mobilitätslösungen, die unabhängig von festen Fahrplänen funktionieren.

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Unterschiedliche Modelle in den Landkreisen

Die Ausgestaltung der Rufbus- und On-Demand-Angebote unterscheidet sich je nach Landkreis teils deutlich:

  • Altmarkkreis Salzwedel: City-Rufbus mit Bestellfrist von 30–45 Minuten; Bestellung per Hotline.
  • Anhalt-Bitterfeld: „AnrufbusFlex“ mit Bestellung bis 60 Minuten vor Abfahrt, eigener Tarif, Bestellung per App oder Hotline. Klassischer Anrufbus im regulären Fahrplan mit mindestens einer Stunde Vorlauf.
  • Salzlandkreis: Rufbus macht rund 7 Prozent des gesamten ÖPNV-Angebots aus, vorwiegend ergänzend zum Liniennetz.
  • Harz: Flexibus-Ansätze im Rahmen des Projekts „harzbewegt“ zur besseren Erreichbarkeit touristischer Ziele.

Tariffragen und Deutschlandticket

In vielen Regionen können Fahrgäste das Deutschlandticket auch im Rufbus nutzen. Dennoch gibt es Unterschiede bei den Tarifregelungen. Manche Landkreise erheben Zuschläge, wie beispielsweise im Landkreis Wittenberg, wo pro Fahrt ein Aufschlag von einem Euro berechnet wird. Daher stellt sich für viele Fahrgäste die Frage: „Ist der Rufbus im Deutschlandticket enthalten?“ – Die Antwort lautet: meist ja, aber nicht immer ohne Zusatzkosten. Es lohnt sich, vor der Fahrt die Bedingungen des jeweiligen Anbieters zu prüfen.

Bestellfristen und Vorlaufzeiten

Ein weiterer praktischer Aspekt sind die Bestellfristen. Während im Altmarkkreis Salzwedel eine Vorlaufzeit von mindestens zwei Stunden gilt, sind es im City-Rufbus nur 30–45 Minuten. Der „AnrufbusFlex“ im Landkreis Anhalt-Bitterfeld kann bis 60 Minuten vor Abfahrt gebucht werden. Manche touristischen Angebote, wie etwa im Kyffhäusergebiet, empfehlen sogar, drei Tage im Voraus zu buchen, um Planungssicherheit zu haben. Das beantwortet auch die häufig gestellte Nutzerfrage: „Wie lange vorher muss ich einen Rufbus bestellen?“

Betriebszeiten und Verfügbarkeit

Die Betriebszeiten sind meist auf die Tagesstunden ausgerichtet. So fährt der AnrufbusFlex von Montag bis Samstag zwischen 4 und 23 Uhr, an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 19 Uhr. Diese zeitliche Flexibilität soll gewährleisten, dass auch Pendler und Freizeitfahrten abgedeckt werden. Auf die Frage, ob ein Rufbus auch fährt, wenn nur eine Person bestellt, lautet die Antwort: Ja – auch Einzelfahrten werden bedient. In saisonalen Modellen reicht sogar eine einzige Bestellung, um die Fahrt auszulösen.

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Servicequalität und Kritikpunkte

In sozialen Medien loben viele Nutzer die Flexibilität und Zuverlässigkeit der Angebote. Besonders in kleinen Gemeinden wird der Rufbus als entscheidende Mobilitätsgarantie wahrgenommen. Allerdings gibt es auch Kritikpunkte: In einigen Facebook-Gruppen berichten Fahrgäste von verpassten Bahnanschlüssen aufgrund ungenauer Fahrzeiten. Dieser Aspekt wird in der künftigen Ausbaustrategie eine wichtige Rolle spielen, denn die Anschlussqualität gilt als einer der entscheidenden Faktoren für die Akzeptanz.

Integration in Events und Sonderaktionen

Ein interessanter Ansatz ist die Einbindung von Rufbus- und On-Demand-Verkehren in Eventkonzepte. So wurde im Rahmen eines Stadtfestes in Bitterfeld-Wolfen die kostenlose Nutzung des ÖPNV, einschließlich des AnrufbusFlex, angeboten. Solche Aktionen erhöhen die Bekanntheit des Angebots und senken die Hemmschwelle, es erstmals auszuprobieren.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Der Erfolg dieser flexiblen Verkehrsformen hängt von mehreren Faktoren ab:

  1. Tarif- und Ticketintegration: Einheitliche Akzeptanz des Deutschlandtickets, transparente Zuschläge.
  2. Anschlussqualität: Koordination mit Bahn- und PlusBus-Linien, um Wartezeiten zu minimieren.
  3. Bestellkomfort: Kombination aus App- und Telefonbuchung, um alle Altersgruppen zu erreichen.
  4. Marketing: Klare Kommunikation und Sichtbarkeit im Fahrplanangebot.

Studien und Experteneinschätzungen

Verkehrsverbände wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) betonen, dass Rufbusse vor allem bei schwacher Nachfrage im ländlichen Raum sinnvoll sind. Eine Studie der Universität Hamburg von 2024 weist darauf hin, dass sozialwissenschaftliche Forschung zur Akzeptanz solcher Angebote bislang unterrepräsentiert ist. Es fehle an Erkenntnissen zu den Erwartungen der Nutzer und zu den Faktoren, die eine regelmäßige Nutzung fördern.

Aus Sicht von Thinktanks wie Agora Verkehrswende sind Mindeststandards – etwa in Form einer Mobilitätsgarantie – entscheidend, um ein Grundangebot sicherzustellen. Diese Standards sollten auch für Rufbusse gelten, um den Zugang zum ÖPNV unabhängig vom Wohnort zu gewährleisten.

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Technologische Innovationen

Einige Modellprojekte setzen bereits auf digitale Dispositionssysteme, die mehrere Fahrtanfragen bündeln (Ridepooling). Dadurch können Strecken effizienter gestaltet und Kosten gesenkt werden. Perspektivisch wird auch der Einsatz autonomer Fahrzeuge erprobt, um Personalengpässe zu kompensieren und den Betrieb wirtschaftlicher zu machen.

Ein Blick in die Zukunft

Mit der geplanten Ausweitung der Rufbus-Angebote verfolgt Sachsen-Anhalt eine klare Strategie: den ÖPNV im ländlichen Raum attraktiver und verlässlicher zu machen. Das Ziel ist ein nahtloses Zusammenspiel zwischen Linienverkehr und flexiblen Bedarfsverkehren, sodass jede Bürgerin und jeder Bürger innerhalb vertretbarer Zeit Zugang zum öffentlichen Nahverkehr hat.

Die Erfahrungen aus den Pilotprojekten und bestehenden Angeboten werden dabei entscheidend sein. Erfolgreiche Modelle wie im Altmarkkreis oder künftig in Mansfeld-Südharz könnten als Blaupause für weitere Landkreise dienen. Gleichzeitig wird der Erfolg davon abhängen, wie gut es gelingt, tarifliche Hürden abzubauen, die Anschlussqualität zu verbessern und das Angebot in der Bevölkerung bekannt zu machen.

In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob Sachsen-Anhalt mit dieser Strategie nicht nur die Mobilität im ländlichen Raum stärkt, sondern auch neue Maßstäbe für flexible Nahverkehrslösungen in Deutschland setzt.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.