Sachsen-Anhalt

Der Schutz kritischer Infrastruktur Sachsen-Anhalt plant strengere Drohnenabwehr – Auch der Harz wird zur Sicherheitsregion

Sachsen-Anhalt will seine Regeln für den Umgang mit Drohnen verschärfen. Hintergrund sind zunehmende Überflüge über sensible Gebiete und militärische Einrichtungen, auch im Harz. Die Landesregierung prüft, wie Polizei und Behörden künftig schneller und gezielter gegen gefährliche oder unbemannte Flugobjekte vorgehen können. Experten und Politiker sind sich einig: Der Schutz kritischer Infrastruktur braucht klare gesetzliche Grundlagen und modernste Technik.

Drohnen über dem Harz – ein wachsendes Risiko

Der Harz ist längst nicht mehr nur Tourismusregion, sondern auch Standort sensibler Energie- und Forschungsinfrastruktur. Windparks, Wasserwerke und Industrieanlagen prägen die Region. Doch immer häufiger werden über diesen Gebieten Drohnen gesichtet. Was zunächst nach harmlosen Hobbyfliegern aussieht, kann schnell sicherheitsrelevant werden, wenn Fluggeräte in der Nähe von Kraftwerken, Funkmasten oder Polizeieinsätzen auftauchen.

Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte im Landtag, man prüfe „schärfere Regeln“ für die Drohnenabwehr. Bisher existiert in Sachsen-Anhalt keine explizite Rechtsgrundlage, um Drohnen aktiv zu zerstören. Das soll sich ändern. Zieschang betont, dass man sich an Bayern orientiere, wo bereits entsprechende Gesetzentwürfe in Arbeit sind. Diskutiert werden neben Abschussrechten auch mildere Maßnahmen wie das gezielte Stören von Funkverbindungen, um Drohnen zur Landung zu zwingen.

Warum strengere Gesetze nötig werden

Im Harz und darüber hinaus hat sich die Drohnennutzung in den letzten Jahren vervielfacht. Ob zur Vermessung von Flächen, in der Landwirtschaft, bei Filmaufnahmen oder zu Freizeit-Zwecken – die Zahl der registrierten Fluggeräte wächst. Gleichzeitig steigen die Risiken: Störungen von Flughäfen, Überflüge über militärische Standorte oder gar Spionage-Verdacht häufen sich. In Sachsen-Anhalt wurden 2024 laut Landesverwaltungsamt 35 Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit illegalen Drohnenflügen verzeichnet – fast doppelt so viele wie im Vorjahr.

Das Problem: Ohne rechtliche Klarheit können Polizisten oder Sicherheitsdienste im Ernstfall nur begrenzt eingreifen. „Unsere Einsatzkräfte brauchen eindeutige Befugnisse, um handeln zu dürfen“, heißt es aus Polizeikreisen. Auch in den sozialen Medien wird diskutiert, warum Drohnen teils ungehindert über sensiblen Gebieten kreisen dürfen. Einige Experten argumentieren, man lasse die Geräte absichtlich fliegen, um deren Signalverhalten zu analysieren und Rückschlüsse auf Betreiber zu ziehen.

Forschung im Harz: Das Drohnenzentrum Cochstedt

Ein zentraler Akteur in der Debatte liegt im Herzen des Landes: das DLR-Testzentrum in Cochstedt, unweit des Harzes. Hier werden neue Abwehrsysteme getestet und Szenarien geübt. Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) fordert, Sachsen-Anhalt solle sich stärker als Forschungsstandort für Drohnentechnologie und Drohnenabwehr positionieren. „Wir müssen Technik nicht nur erforschen, sondern sie auch praktisch einsetzen“, betonte Willingmann. Dafür soll das Zentrum weiter ausgebaut und eng mit Landesbehörden vernetzt werden.

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Wie funktioniert moderne Drohnenabwehr?

Die technische Seite ist komplex: Drohnen können erkannt und gestoppt werden, bevor sie Schaden anrichten. Laut dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) kommen mehrere Systeme zum Einsatz:

  • Radarerkennung: Ortung kleiner Flugobjekte auch bei schlechter Sicht.
  • Akustische Sensorik: Erkennung durch typische Propellergeräusche.
  • Funkanalyse: Ortung über Signale zwischen Drohne und Fernsteuerung.
  • Jamming und Spoofing: Störung oder Übernahme der Steuerung.
  • Mechanisches Einfangen: Einsatz von Netzen oder Fangdrohnen.

Eine einheitliche Strategie existiert bisher jedoch nicht. Wie Forscher Johann Dauer erklärt, müsse jede Abwehrsituation individuell bewertet werden. „Ein Abschuss in urbanem Gebiet ist kaum vertretbar“, sagt er. „In ländlichen Regionen wie dem Harz sieht das anders aus – dort kann eine kontrollierte Landung oder Neutralisierung eher umgesetzt werden.“

Wer ist für Drohnenabwehr zuständig – Polizei oder Bundeswehr?

Die Zuständigkeit ist juristisch umstritten. Nach aktueller Gesetzeslage darf die Bundeswehr nur in Ausnahmefällen im Inland eingesetzt werden. Die Polizei bleibt also Hauptakteur. Doch die Bundesregierung arbeitet an einer Reform des Luftsicherheitsgesetzes, um Zuständigkeiten klarer zu definieren. Damit soll künftig geregelt werden, wann Polizei, Bundespolizei oder Militär bei einer Drohnenbedrohung handeln dürfen.

Polizei im Harz: Zwischen Technik und Recht

In Sachsen-Anhalt verfügt die Polizei inzwischen über 61 Drohnen und 129 ausgebildete Piloten. Diese Geräte dienen primär der Beobachtung, Spurensicherung und Sucheinsätzen – nicht der aktiven Abwehr. Der Harz spielt dabei eine besondere Rolle, da die topografische Vielfalt der Region eine ideale Trainingsumgebung für Drohneneinsätze bietet.

Dennoch bleibt die Frage offen, wie weit Polizeibehörden juristisch gehen dürfen. Dürfen sie eine Drohne zerstören, wenn diese eine Gefahr darstellt? Bisher lautet die Antwort: nur eingeschränkt. „Wir brauchen eindeutige Rechtsgrundlagen, um schnell handeln zu können“, so ein Polizeisprecher aus Magdeburg. Die Diskussion über Befugnisse ist Teil einer größeren Debatte über innere Sicherheit und Technologierecht in Deutschland.

Internationale Beispiele: Was Deutschland lernen kann

In europäischen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien existieren bereits klar definierte Protokolle für Drohnenabwehr. Deutschland hinkt hier hinterher. Dabei gibt es auch auf deutschem Boden erprobte Systeme, etwa das Skynex-System des Rüstungsunternehmens Rheinmetall. Diese automatisierte Lösung kombiniert Radar, Kanonen und Steuerungseinheiten zur Bekämpfung von Drohnen in Echtzeit. Nutzer in Onlineforen loben die hohe Treffsicherheit, verweisen aber auch auf hohe Anschaffungskosten und den Bedarf an geschultem Personal.

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Solche Systeme könnten künftig auch im Harz getestet werden – insbesondere, wenn das Forschungszentrum Cochstedt seine Kapazitäten erweitert. Das Ziel: den Harz zu einem Kompetenzzentrum für Luftsicherheit und Drohnenabwehr zu entwickeln.

Drohnenüberflüge und Verstöße – Zahlen, die alarmieren

Jahr Verstöße gegen Drohnenregeln in Sachsen-Anhalt Entwicklung zum Vorjahr
2022 19 Fälle
2023 20 Fälle +5%
2024 35 Fälle +75%

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Besonders auffällig ist die Zunahme gewerblicher Verstöße – etwa bei Luftbildfotografie oder Inspektionsflügen über privaten Grundstücken. Auch über dem Harz wurden mehrfach Drohnen über geschützten Waldgebieten und Windkraftanlagen gesichtet. In sozialen Medien kursieren zudem Videos, die zeigen, wie Drohnen über das Brockenplateau fliegen, obwohl dort Flugverbote bestehen.

Wie weit dürfen Behörden gehen?

Die rechtliche Frage bleibt zentral: Wie weit dürfen Polizeibehörden Drohnen juristisch zerstören? Nach aktueller Lage dürfen sie eingreifen, wenn Gefahr für Leib, Leben oder kritische Infrastruktur besteht – aber nicht, wenn lediglich eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Die neue Gesetzesinitiative könnte das ändern und den Handlungsspielraum erweitern. Ziel ist es, auf Bedrohungen schnell reagieren zu können, ohne lange Genehmigungsprozesse.

Die Stimmung in der Bevölkerung

In Kommentarspalten und Foren zeigt sich: Viele Menschen halten das Thema Drohnenabwehr für überfällig. „Wir regulieren uns zu Tode“, schreibt ein Leser auf Focus Online. „Wir haben eine akute Bedrohungslage, und die Ministerien streiten sich über Zuständigkeiten.“ Solche Reaktionen spiegeln eine wachsende Ungeduld wider. Zwischen Sicherheitsinteressen und Datenschutz bestehen Spannungen – insbesondere, wenn Abwehrsysteme auch zivile Signale erfassen könnten.

Gleichzeitig wächst das Bewusstsein, dass Drohnen nicht nur Bedrohungen darstellen, sondern auch Chancen bieten. Rettungsdienste, Forstämter und Energieversorger im Harz nutzen Drohnen längst, um Schäden zu dokumentieren oder Suchaktionen zu unterstützen. Entscheidend wird sein, zwischen nützlicher Technologie und gefährlicher Nutzung zu unterscheiden.

Statistische und technische Entwicklung

Eine Studie des DLR zeigt, dass Deutschland bei der Integration von Drohnenabwehrsystemen noch am Anfang steht. Nur wenige Bundesländer verfügen über standardisierte Verfahren oder zentrale Lagezentren. Die größten Herausforderungen liegen in der Datenfusion – also der Kombination verschiedener Erkennungssysteme – und in der schnellen Reaktion vor Ort. Zudem erfordert jede Drohnenabwehr eine Risikoabwägung: Ein Abschuss in dicht besiedelten Gebieten wie Wernigerode oder Halberstadt könnte Trümmer verursachen und Personen gefährden.

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Der Harz als Modellregion für Sicherheitstechnologien

Die Kombination aus Forschung, Industrie und Topografie macht den Harz zu einem idealen Standort für Tests und Ausbildung im Bereich Drohnenabwehr. Hier treffen technische Innovationskraft und sicherheitsrelevante Infrastruktur aufeinander. Das Ziel der Landesregierung ist klar: Sachsen-Anhalt soll Vorreiter werden – nicht nur bei der Erforschung, sondern auch bei der praktischen Anwendung moderner Abwehrtechnologien.

Fazit: Sachsen-Anhalt rüstet sich für eine neue Sicherheitsära

Die geplanten Gesetzesänderungen in Sachsen-Anhalt sind ein Signal: Drohnenabwehr ist kein Randthema mehr. Ob über Magdeburg, dem Harz oder an Flughäfen – die Bedrohung aus der Luft wächst, und damit auch der Handlungsdruck. Der Ausbau von Forschungseinrichtungen wie dem DLR-Standort Cochstedt, der mögliche Einsatz von Systemen wie Skynex und die Ausbildung spezialisierter Polizeieinheiten zeigen, dass das Land die Herausforderung erkannt hat.

Doch entscheidend wird sein, wie schnell aus Plänen Gesetze und aus Forschung Praxis wird. Die Bürger im Harz erwarten zu Recht, dass ihre Region geschützt bleibt – nicht nur vor neugierigen Hobbypiloten, sondern auch vor gezielten Angriffen oder Spionage. Wenn Sachsen-Anhalt seine Rolle als Sicherheitsvorreiter ernst nimmt, könnte der Harz bald mehr sein als ein Naturparadies: ein Symbol für technologische Wachsamkeit und moderne Gefahrenabwehr im digitalen Zeitalter.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.