Halberstadt

Zwischen Baumaschinen und Ziegelstapeln Kostenexplosion: Neues Feuerwehrhaus in Osterwieck birgt Probleme

Osterwieck, 4. November 2025 – Zwischen Baumaschinen, Ziegelstapeln und dem Geruch frischen Betons steht das neue Feuerwehrhaus von Osterwieck kurz vor der Vollendung. Noch hallen Stimmen über die Baustelle, während in der Stadt bereits hitzig über die Mehrkosten diskutiert wird. Die Freude über das moderne Gebäude wird von einer wachsenden Sorge überschattet: Die Ausgaben steigen, und die Stadt im nördlichen Harz muss nachfinanzieren.

Ein Jahrhundertprojekt im Harz gerät ins Wanken

Seit Ende 2023 wächst im Gewerbegebiet an der Lüttgenröder Straße eines der größten Bauprojekte in der Geschichte der Stadt Osterwieck heran. Das neue Feuerwehrhaus soll nicht nur die Einsatzkräfte der Kernstadt aufnehmen, sondern als zentraler Standort für die gesamte Harzregion dienen. Mit modernster Technik, Fahrzeughallen, Ausbildungsräumen, einer Werkstatt und sogar einem Landeplatz für Rettungshubschrauber ist der Neubau ambitioniert konzipiert. Doch ambitionierte Projekte haben ihren Preis – und dieser ist in Osterwieck zuletzt deutlich gestiegen.

Ursprünglich waren für den Neubau Kosten in Höhe von 4,6 Millionen Euro veranschlagt. Schon kurz nach Baubeginn mussten die Zahlen korrigiert werden: Ende 2024 lag die Kalkulation bei etwa 4,9 Millionen Euro. Nun, knapp ein Jahr später, ist klar: Die tatsächlichen Ausgaben werden die Fünf-Millionen-Grenze übersteigen. Stadträte sprechen von einer möglichen Mehrbelastung um rund eine Million Euro – ein Betrag, der in der kommunalen Haushaltsplanung spürbare Spuren hinterlässt.

Fördermittel als entscheidender Faktor

Eine Million Euro des Projekts wird aus EU-Mitteln finanziert – genauer gesagt aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Diese Förderung ist an enge Fristen geknüpft: Die Abrechnung muss bis Ende Juni 2025 erfolgen. Wird der Termin verfehlt, könnten Fördergelder verfallen. Damit wird der Zeitplan zum kritischen Erfolgsfaktor. „Ein Verzug wäre teuer, nicht nur durch die Baukosten selbst, sondern durch den Verlust der Förderung“, heißt es aus dem Stadtrat.

In Osterwieck weiß man, dass es eng werden könnte. Die Bauarbeiten schreiten zwar sichtbar voran, doch Nacharbeiten, Materiallieferungen und technische Abnahmen lassen kaum Spielraum. Die Einweihung ist für den 8. November 2025 angesetzt – ein Datum, das symbolisch für den Durchhaltewillen der Kommune steht.

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Warum steigen die Kosten?

Die Ursachen für die Kostenexplosion sind vielfältig. Bundesweit sind Baukosten in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt haben sich die Preise für Bauleistungen zwischen Februar 2024 und Februar 2025 um rund 3,2 Prozent erhöht. Besonders betroffen sind Projekte mit hohen technischen Anforderungen – wie Feuerwehrhäuser. Die Auflagen für Sicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz sowie Energieeffizienz treiben die Ausgaben zusätzlich in die Höhe.

Hinzu kommen projektspezifische Faktoren. Im Laufe der Planung wurde das Feuerwehrhaus funktional erweitert: zusätzliche Flächen für Ausbildung, eine Fahrzeugwäsche, eine Kleiderkammer und eine Werkstatt wurden integriert. Diese Erweiterungen waren notwendig, um den modernen Anforderungen des Brandschutzes gerecht zu werden. „Wir bauen hier kein einfaches Gerätehaus, sondern ein Dienstleistungszentrum für die gesamte Feuerwehr der Einheitsgemeinde“, erklärte ein Stadtrat bereits beim Spatenstich Ende 2023.

Ein Blick auf die bisherige Entwicklung

Jahr Geplante Kosten Entwicklung
2022 4,6 Mio. € Erste Kostenschätzung im Stadtrat
2024 4,9 Mio. € Nachkalkulation nach Baubeginn
2025 über 5,0 Mio. € Diskussion über Nachfinanzierung

Die alte Wache – ein Stück Geschichte weicht der Moderne

Das bisherige Feuerwehrhaus in Osterwieck stammt aus dem Jahr 1919 und wurde zuletzt 1993 renoviert. Die räumlichen Verhältnisse sind eng: keine getrennten Umkleiden für Männer und Frauen, kein Abgasabsaugsystem, nur drei Stellplätze für Einsatzfahrzeuge. Schon lange galt das Gebäude als unzeitgemäß. Die Feuerwehrleute arbeiteten unter beengten Bedingungen, in einem Bau, der für moderne Einsätze kaum noch geeignet war. Der Neubau war daher keine Kür, sondern eine Notwendigkeit.

Für die 17 Ortsfeuerwehren der Stadt soll das neue Gebäude künftig zentrale Dienste anbieten – von der Wartung der Ausrüstung bis hin zur Ausbildung neuer Mitglieder. Der Harz, bekannt für seine ländlichen Strukturen und weiten Wege, profitiert von einer solchen Bündelung. Kurze Reaktionszeiten können im Ernstfall Leben retten.

Stimmen aus dem Stadtrat und der Bevölkerung

In der jüngsten Stadtratssitzung herrschte allerdings nicht nur Einigkeit. „Ich bin entsetzt über die Kostensteigerung. Hat da keiner aufgepasst und kontrolliert?“, wurde ein Ratsmitglied zitiert. Andere verwiesen auf die außergewöhnlichen Umstände: gestiegene Preise, neue Auflagen, Materialengpässe. Bürgermeister und Bauausschuss betonen, dass trotz der Mehrkosten ein langfristiger Mehrwert entstehe. „Wir investieren in Sicherheit – das darf etwas kosten“, sagte ein Vertreter der Verwaltung.

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Auch in den sozialen Medien wird das Thema diskutiert. Auf Facebook zeigen Fotos der Feuerwehr Osterwieck den Baufortschritt, die Begeisterung der Einsatzkräfte und die Unterstützung aus der Bevölkerung. Viele Kommentare drücken Verständnis aus: „Endlich bekommen unsere Feuerwehrleute ein Zuhause, das ihrer Arbeit gerecht wird“, schreibt eine Nutzerin. Andere mahnen zur Haushaltsdisziplin, um zukünftige Projekte in der Harzregion nicht zu gefährden.

Ein Projekt mit Symbolkraft für den Harz

Das Feuerwehrhaus ist längst mehr als ein reines Bauvorhaben. Es steht sinnbildlich für die Investitionspolitik kleiner Harzkommunen, die zwischen Pflichtaufgaben, Finanzknappheit und steigenden Erwartungen balancieren. Osterwieck ist keine Großstadt, sondern eine ländlich geprägte Kommune mit historischer Altstadt und begrenzten Mitteln. Dass hier ein Feuerwehrhaus in dieser Dimension entsteht, zeigt den politischen Willen, öffentliche Sicherheit langfristig zu sichern – trotz finanzieller Engpässe.

Im Harz stehen zahlreiche Gemeinden vor ähnlichen Herausforderungen. Ob Straßensanierung, Schulinvestitionen oder Feuerwehrinfrastruktur – überall steigen die Kosten schneller als die Einnahmen. Projekte wie das in Osterwieck verdeutlichen, wie schwer es Kommunen fällt, Großvorhaben zu stemmen, ohne in Haushaltsdefizite zu geraten.

Vergleich zu anderen Feuerwachen in Deutschland

  • Bad Berleburg: Kostensteigerung um 39 % auf über 7 Mio. €
  • Garching (bei München): Gesamtkosten 28 Mio. €
  • Osterwieck (Harz): über 5 Mio. €, größte Investition seit 2010

Die Zahlen zeigen, dass Osterwieck mit seiner Kostenentwicklung keineswegs ein Einzelfall ist. Der Trend betrifft nahezu alle Regionen Deutschlands – auch den Harz, wo Bauunternehmen unter Fachkräftemangel und Materialpreissteigerungen leiden.

Wie es jetzt weitergeht

Die Fertigstellung des Gebäudes ist für Mitte 2025 vorgesehen. Danach folgen technische Prüfungen und Schulungen für die Einsatzkräfte. Bereits im November soll die symbolische Eröffnung stattfinden. Dann wird aus der Baustelle ein moderner Standort für Brand- und Katastrophenschutz. Trotz der Mehrkosten bleibt das Ziel klar: ein funktionales Zentrum, das die Sicherheit in Osterwieck und den umliegenden Harzgemeinden stärkt.

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Die Stadtverwaltung betont, dass die Ausgaben im kommenden Haushaltsjahr genau geprüft und Einsparpotenziale an anderer Stelle gesucht werden. Auch Förderanträge für ergänzende Ausstattung sind in Vorbereitung. Wichtig sei, so der Tenor, dass die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr zu keinem Zeitpunkt gefährdet werde.

Ein Projekt zwischen Stolz und Sorge

Wenn am 8. November die Türen des neuen Feuerwehrhauses erstmals für die Öffentlichkeit geöffnet werden, wird in Osterwieck gefeiert. Nach Jahren der Planung, Verzögerungen und finanziellen Diskussionen steht ein Bauwerk, das den Charakter der Stadt prägen wird. Doch hinter der Freude bleibt die Erkenntnis, dass kommunale Großprojekte im Harz und anderswo zunehmend an die Grenzen ihrer Finanzierbarkeit stoßen.

Der Neubau des Feuerwehrhauses in Osterwieck ist ein Symbol für beides: für Fortschritt und Belastung, für Engagement und Verantwortung. Er zeigt, was eine Gemeinschaft leisten kann – und wie fragil solche Erfolge werden können, wenn Kosten, Zeit und Erwartungen aus dem Gleichgewicht geraten. Während die Feuerwehrleute schon auf ihren neuen Standort blicken, wird in den Sitzungen des Stadtrats wohl noch lange über Zahlen, Prioritäten und Verantwortung gesprochen werden. Denn im Harz, wo Tradition und Moderne oft auf engstem Raum aufeinandertreffen, wird aus jeder Investition ein Stück Zukunft gebaut – Stein für Stein, Euro für Euro.

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Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.