Bad Harzburg im Harz
Fund einer Landschildkröte im Harz: Wer ist der Besitzer des exotischen Tieres?
Ein außergewöhnlicher Fund beschäftigt derzeit die Behörden und Tierfreunde im Harz: Eine Landschildkröte wurde nahe eines Waldweges von Passanten entdeckt. Der Fund wirft nicht nur Fragen zur Herkunft des Tieres auf, sondern beleuchtet auch ein gesellschaftliches Problem, das weit über diesen Einzelfall hinausgeht – den verantwortungsvollen Umgang mit exotischen Haustieren.
Ungewöhnlicher Fund in naturnaher Umgebung
Die Schildkröte wurde im Rahmen eines Spaziergangs entdeckt – offenbar allein und ohne erkennbare Gehegeumzäunung. Aufmerksame Passanten informierten daraufhin die zuständigen Behörden, welche das Tier sicherten und zunächst einem örtlichen Tierheim übergaben. Dort wurde die Schildkröte untersucht und in eine spezialisierte Reptilienauffangstation überstellt.
Ein Polizeisprecher teilte mit, dass bisher keine Hinweise zum Halter vorliegen. Auch aus dem unmittelbaren Umfeld des Fundortes meldete sich bislang niemand, der eine Schildkröte vermisst. Die Behörden rufen deshalb nun öffentlich dazu auf, sich zu melden, wenn man Hinweise auf den Besitzer oder die Herkunft des Tieres geben kann.
Griechische oder Maurische Landschildkröte? Art noch unklar
Nach Einschätzung von Experten handelt es sich vermutlich um eine Griechische oder Maurische Landschildkröte – beides Arten, die in Europa zwar nicht heimisch, aber in Deutschland sehr häufig in Privathaltung anzutreffen sind. Beide Arten gelten als streng geschützt. Ihre Haltung unterliegt der Bundesartenschutzverordnung und ist meldepflichtig.
Die zuständigen Stellen prüfen nun unter anderem anhand der Panzerstruktur und des Alters, ob Rückschlüsse auf Herkunft und Pflegezustand möglich sind. Erste Befunde deuten darauf hin, dass das Tier in einem stabilen Gesundheitszustand ist, jedoch keine sichtbaren Kennzeichnungen wie Chips oder eingravierte Nummern trägt.
Pflicht zur Meldung und rechtliche Verantwortung
In Deutschland ist die Haltung solcher Schildkröten gesetzlich reguliert. Wer ein solches Tier besitzt, muss dies bei der zuständigen Naturschutzbehörde melden und eine Herkunftsbescheinigung sowie ggf. ein Zucht- oder Importdokument vorweisen. Ohne entsprechende Papiere drohen Bußgelder, im schlimmsten Fall sogar die Beschlagnahmung des Tieres.
„Die Haltung geschützter Reptilien ist kein Hobby für nebenbei. Es bestehen klare gesetzliche Vorschriften, die von vielen Haltern nicht ernst genug genommen werden“.
Dass ein Tier dieser Art frei im Harz gefunden wird, deutet entweder auf Fahrlässigkeit oder ein bewusstes Aussetzen hin – beides verstößt gegen das Tierschutzgesetz. Dennoch betonen die Behörden, dass es ihnen in erster Linie um Aufklärung und das Wohl des Tieres geht, nicht um Bestrafung.
Ein wachsendes Problem: Ausgesetzte Schildkröten in Deutschland
Der aktuelle Fund ist kein Einzelfall. In deutschen Tierheimen und Auffangstationen landen jährlich mehrere Hundert Landschildkröten. Die Ursachen reichen von Überforderung mit der Pflege über Unwissenheit hinsichtlich der Winterruhe bis hin zu fehlenden Räumlichkeiten für ein artgerechtes Außengehege.
Haltung in Zahlen:
Kategorie | Schätzung |
---|---|
Privat gehaltene Schildkröten in Deutschland | 100.000 – 200.000 |
Jährlich aufgefundene Tiere ohne Besitzer | ca. 500 – 800 |
Tiere ohne Papiere/Nachweise | ca. 30 – 40 % |
Die Reptilienfreunde und Tierschutzverbände fordern deshalb schon länger bessere Aufklärung, verpflichtende Schulungen für Halter und striktere Kontrollen im Tierhandel. Zudem wird der zunehmende Onlinehandel als Schwachstelle gesehen: Tiere werden über Onlineportale verkauft, ohne dass die vorgeschriebenen Nachweise kontrolliert werden.
Internationale Perspektiven und rechtliche Vergleiche
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass das Problem weit über Deutschland hinausgeht. In Spanien beispielsweise wurden wild lebende Landschildkröten lange Zeit illegal als Haustiere gehalten. Erst durch gezielte Behördenaktionen kam es dort zur Rückführung vieler Tiere in Schutzgebiete oder Auffangstationen. In Großbritannien wiederum ist das sogenannte „Tortoise-Fostering“ verbreitet – also die Übergabe alter Schildkröten an neue, geprüfte Halter, wenn die Besitzer versterben oder sie nicht mehr versorgen können.
In den USA gibt es ein wachsendes Bewusstsein für sogenannte „Heirloom Pets“ – Tiere wie Schildkröten oder Papageien, die deutlich länger leben als ihre Halter. Hier entstehen neue rechtliche Modelle, um die Versorgung über Generationen hinweg zu sichern, z. B. durch Testamentregelungen oder Tierfonds.
Wildtier oder Haustier? Ökologische Aspekte des Fundes
Eine bislang wenig diskutierte Perspektive betrifft die Frage: War das Tier tatsächlich ein entlaufenes Haustier? Experten internationaler Naturschutzorganisationen warnen, dass in einigen Regionen auch freilebende Populationen existieren – etwa durch illegale Auswilderung oder Nachzucht. Im Harz allerdings gilt dies als unwahrscheinlich, da das Klima und die Vegetation nicht den typischen Lebensräumen mediterraner Schildkröten entsprechen.
Dennoch plädieren Naturschützer für Vorsicht: Nicht jedes Reptil, das scheinbar ausgesetzt wurde, muss zwingend ein Haustier sein. Eine genetische Untersuchung des Tieres könnte daher neben dem Zuchtregisterabgleich zusätzliche Klarheit bringen.
Emotionale Debatte um Rückgabe und Tierwohl
Im Netz diskutieren Tierfreunde, ob ein möglicher Besitzer die Schildkröte überhaupt zurückerhalten sollte. Viele verweisen darauf, dass eine verantwortungsbewusste Haltung nicht mit einem entlaufenen Tier vereinbar sei. Andere betonen, dass auch bei größter Sorgfalt ein Gehege beschädigt werden könne – und somit ein Unfall nicht gleich Fahrlässigkeit bedeute.
Die Reptilienauffangstation hat angekündigt, das Tier zunächst weiter zu beobachten und gleichzeitig gezielt nach Haltern zu suchen – etwa durch Aufrufe in sozialen Medien, durch Plakate im Fundgebiet oder Anfragen bei regionalen Tierärzten.
Was tun beim Fund einer Schildkröte? Handlungsempfehlung
- Das Tier nicht mitnehmen, wenn es sich um ein naturnahes Gebiet handeln könnte – Wildtiere stehen unter besonderem Schutz.
- Bei offensichtlichen Anzeichen von Domestikation (z. B. abgewetzte Panzer, Gehegewunden) sofort das Ordnungsamt oder die Polizei verständigen.
- Keine eigenmächtigen Versuche zur Unterbringung, da artgerechte Haltung spezielles Wissen erfordert.
- Fotos, Fundort und Uhrzeit dokumentieren – idealerweise mit Geodaten zur Rückverfolgung.
- Fund online in lokalen Gruppen oder Plattformen melden, aber keine Weitergabe an unbefugte Dritte.
Langfristige Lösungen gefragt
Der Fund der Schildkröte im Harz ist ein kleiner Vorfall mit großer Signalwirkung. Er zeigt, wie komplex die Haltung exotischer Haustiere ist – nicht nur in rechtlicher, sondern auch in ethischer und ökologischer Hinsicht. Tiere wie Schildkröten leben über Jahrzehnte hinweg, benötigen besondere Pflege und sind keine einfachen Haustiere für Kinder oder Spontankäufe.
Eine stärkere Aufklärung, ein verbessertes Zucht- und Melderegister sowie ein kritischerer Umgang mit dem Onlinehandel könnten dazu beitragen, ähnliche Fälle künftig zu verhindern. Für das Tier im Harz bleibt zu hoffen, dass sich ein Halter meldet – oder es einen sicheren Platz in fachkundiger Obhut findet.
Hinweis: Wer im Raum Harz eine Schildkröte vermisst oder Hinweise zum Tier geben kann, wird gebeten, sich an das örtliche Tierheim oder die Polizeiinspektion Goslar zu wenden.