
Bad Harzburg, 15. Juni 2025, 08:00 Uhr (CCS)
Exemplarisches Bild
In Bad Harzburg bahnt sich ein Projekt an, das sowohl architektonisch als auch historisch für Aufsehen sorgt. Auf dem geschichtsträchtigen Burgberg, wo sich einst die Große Harzburg erhob, soll ein neuer Aussichtsturm entstehen. Die Pläne dafür werden bislang geheim gehalten – lediglich der Name des Architekten ist bekannt: Max Dudler, ein renommierter Schweizer Architekt mit zahlreichen kulturhistorischen Projekten im Portfolio. Die öffentliche Präsentation des Entwurfs ist für den 25. Juni 2025 angesetzt. Doch bereits im Vorfeld werfen sich Fragen auf: Welche Bedeutung hat der neue Turm für die Region? Wird er das historische Erbe respektieren? Und was sagen Naturschützer, Historiker und Bürger dazu?
Ein Turm auf historischem Boden
Der Harzburger Burgberg ist kein gewöhnlicher Hügel. Er beherbergte einst die Große Harzburg – eine Festungsanlage aus dem 11. Jahrhundert, errichtet von Heinrich IV., dem späteren Kaiser. Heute ist von der mittelalterlichen Burg nur noch wenig erhalten, doch die historische Bedeutung des Ortes ist unbestritten. Der Burgberg ist ein beliebtes Ausflugsziel mit Seilbahn, Baumwipfelpfad, Baumschwebebahn und einem kleinen Museum. Der neue Turm würde dieses Ensemble erweitern – und zugleich tief in das kulturelle Gedächtnis der Region eingreifen.
Architektur trifft Geschichte
Max Dudler ist für seine Fähigkeit bekannt, moderne Architektur mit historischen Stätten in Einklang zu bringen. Mit Projekten wie dem Besucherzentrum am Hambacher Schloss oder dem Bibliotheksgebäude auf dem Campus der Universität Zürich hat er bewiesen, dass zeitgenössische Baukunst und Denkmalpflege keine Gegensätze sein müssen. Der neue Turm in Bad Harzburg soll sich laut Förderverein „behutsam in das Gelände einfügen und einen neuen Zugang zur Geschichte ermöglichen“ – wie das konkret aussieht, bleibt bis zur Vorstellung am 25. Juni offen.
Eine Region im Wandel
Der Turm ist nicht als Einzelprojekt zu verstehen, sondern Teil eines größeren touristischen Entwicklungskonzepts rund um den Burgberg. Unter dem Projektnamen „HarzVenture“ wurden in den letzten Jahren verschiedene Attraktionen eröffnet, darunter der Baumwipfelpfad (2015) und die Baumschwebebahn (2020). Beide erfreuen sich großer Beliebtheit: Über 200.000 Besucher zählt der Baumwipfelpfad jährlich, die Seilbahn transportiert sogar rund 250.000 Gäste auf den Gipfel.
Das Ziel: Mehr Erlebnis, mehr Verweildauer
Der neue Turm soll einen weiteren Anziehungspunkt schaffen und die Aufenthaltsqualität am Burgberg erhöhen. Die Vision: Ein Aussichtspunkt mit spektakulärem Rundblick über das Harzvorland, kombiniert mit einer erlebbaren Geschichte der Großen Harzburg. Es wird erwartet, dass der Turm – in Verbindung mit bestehenden Angeboten – die Besucherzahlen weiter steigern könnte. Experten schätzen das zusätzliche Potenzial auf 50.000 bis 100.000 neue Gäste pro Jahr.
Wachsender Diskurs um Sinn und Gestaltung
Obwohl die genauen Pläne noch nicht veröffentlicht wurden, regt sich bereits vereinzelt Kritik. Leserkommentare regionaler Zeitungen fordern einen respektvollen Umgang mit dem historischen Ort. Einige äußern Sorge, dass eine zu moderne Gestaltung das Erscheinungsbild der Anlage stören könnte. Auch Naturschützer beobachten das Projekt aufmerksam – mit Verweis auf frühere Kontroversen im Harz, etwa um die Baumschwebebahn.
Rückblick auf frühere Konflikte
Bereits beim Bau der Baumschwebebahn kam es zu Protesten von Landschaftsschützern, die eine “Verrummelung” des Harzes befürchteten. Der Geologe Dr. Michael K. warnte damals vor einer zunehmenden Übernutzung empfindlicher Naturräume. Auch wenn der Turm nun in einem bereits erschlossenen Areal entstehen soll, könnte die Debatte neu aufflammen – insbesondere, wenn Materialien oder Bauweise nicht ökologisch ausgelegt sind.
Materialien, Nachhaltigkeit und offene Fragen
Ein bislang unbeachteter Aspekt des Projekts ist die ökologische Bilanz. Der Harz ist ein Naturraum mit sensibler Flora und Fauna – Bauprojekte stehen hier unter besonderer Beobachtung. Während für andere Projekte in der Region auf Holz, Naturstein und CO₂-reduzierte Bauweisen gesetzt wurde, ist zur Materialwahl des geplanten Turms bislang nichts bekannt. Ob es sich um einen Holz- oder einen Hybridbau (z. B. Stahl-Holz) handelt, bleibt offen.
Barrierefreiheit und Zugang
Ein weiterer offener Punkt ist die Erschließung des Turms. Wird er barrierefrei sein? Gibt es einen Anschluss an die bestehende Seilbahn oder den Baumwipfelpfad? Ist ein Kombiticket für alle Attraktionen geplant? Die bisherige Infrastruktur am Burgberg ist gut ausgebaut, doch gerade für ältere Gäste oder Menschen mit Einschränkungen ist die Frage nach dem Zugang entscheidend für die Akzeptanz.
Historische Dimensionen: Vom Kaiser bis heute
Die Idee, auf dem Burgberg einen Turm zu errichten, ist nicht neu. Bereits im 12. Jahrhundert existierte ein Wohnturm als Teil der Großen Harzburg. Später – in der Kaiserzeit – wurden Teile der Anlage restauriert und touristisch erschlossen. Mit dem neuen Projekt schließt sich also ein historischer Kreis: Moderne Technik soll alte Strukturen wieder zugänglich machen, jedoch in neuer Form und mit anderer Funktion.
Vergleichbare Projekte im Harz
Ein Blick in die Region zeigt, dass der geplante Turm nicht das einzige monumentale Bauwerk im Harz wäre. In der Vergangenheit gab es militärische Türme, wie etwa den Stöberhai-Turm – ein 16-stöckiger Bau aus der Zeit des Kalten Kriegs, der 2005 abgerissen wurde. Auch dieser stieß damals auf gespaltene Reaktionen in der Bevölkerung. Der Unterschied: Der neue Turm soll öffentlich zugänglich und touristisch genutzt werden – kein Relikt, sondern ein Erlebnisort.
Die Präsentation am 25. Juni: Erwartungen und Druck
Der 25. Juni 2025 ist der Tag, an dem der Entwurf erstmals öffentlich vorgestellt wird – in einer Infoveranstaltung im Bündheimer Schloss. Der Andrang dürfte groß sein: Lokale Medien, Interessensgruppen, Architekturliebhaber, Denkmalpfleger und Bürger wollen wissen, wie der Turm aussehen wird, wie hoch er ist, woraus er besteht – und wie viel er kostet. Der Förderverein rechnet mit einer regen Diskussion und hat angekündigt, auch Fragen aus dem Publikum zuzulassen.
Chancen, Risiken und Perspektiven
Potenzial | Risiken & offene Fragen |
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Touristische Aufwertung des Burgbergs | Verlust historischer Authentizität |
Wirtschaftlicher Impuls für Gastronomie & Hotellerie | Unklare Finanzierung & Baukosten |
Architektonische Landmarke mit Symbolkraft | Materialwahl und Umweltbilanz unklar |
Stärkung der regionalen Identität | Widerstand durch Naturschutzgruppen möglich |
Ein Turm mit Tragweite
Das Projekt „Neuer Turm auf dem Burgberg“ ist mehr als ein Bauvorhaben – es ist ein Symbol für die Frage, wie moderne Architektur mit Geschichte, Tourismus und Natur in Einklang gebracht werden kann. Der Entwurf von Max Dudler wird mit Spannung erwartet. Die Diskussion dürfte hitzig werden, denn der Burgberg ist nicht nur ein Aussichtspunkt – er ist Identitätsort für eine ganze Region. Ob der Turm am Ende ein Leuchtturmprojekt oder ein Streitobjekt wird, entscheidet sich wohl in den kommenden Monaten.