
Altmark, Sachsen-Anhalt. In der Altmark wurde eines der größten Lithiumvorkommen Europas bestätigt. Das Energieunternehmen Neptune Energy hat gemeinsam mit unabhängigen Gutachtern die Größe der Ressourcen offiziell ausgewiesen. Mit diesem Projekt könnte Deutschland seine Abhängigkeit von Importen reduzieren und einen entscheidenden Beitrag zur europäischen Batterieproduktion leisten.
Einordnung des Fundes in Sachsen-Anhalt
Nachweis von 43 Millionen Tonnen Lithiumcarbonatäquivalent
Die Altmark in Sachsen-Anhalt gilt seit Jahrzehnten als Energie-Region. Nun hat Neptune Energy die Bestätigung erhalten, dass hier rund 43 Millionen Tonnen Lithiumcarbonatäquivalent (LCE) im Untergrund lagern. Dieses Ergebnis stammt aus einem Gutachten des Beratungsunternehmens Sproule ERCE, das die Ressourcen nach international anerkannten Standards (CIM / NI 43-101) bewertet hat. Damit zählt das Lithiumvorkommen zu den größten projektbezogenen Ressourcen weltweit.
Von 70 Millionen geschätzt – jetzt 43 Millionen bestätigt
Zuvor war von einem noch höheren Potenzial von rund 70 Millionen Tonnen LCE die Rede. Mit der nun offiziellen Bestätigung liegt die Zahl niedriger, bleibt jedoch beeindruckend. Die aktuelle Größenordnung reicht aus, um langfristig eine stabile Versorgung der Batterieindustrie sicherzustellen und könnte nach Schätzungen für mehrere Jahrzehnte den europäischen Bedarf teilweise decken.
Technologische Ansätze zur Lithiumgewinnung
Direkte Lithiumextraktion aus Tiefenwasser
Eine Besonderheit des Projekts ist die geplante Förderung. Statt klassischem Bergbau soll Lithium mittels sogenannter Direct Lithium Extraction (DLE) gewonnen werden. Diese Verfahren arbeiten mit Tiefenwasser, das bereits durch frühere Erdgasbohrungen erschlossen ist. Damit entfällt der großflächige Tagebau, wodurch der Eingriff in die Landschaft reduziert wird. Tests zeigen, dass sich Lithium mit hoher Reinheit – bis zu 99,9 Prozent – gewinnen lässt.
Ionenaustausch und Adsorptionsverfahren
Neptune Energy erprobt aktuell mehrere technische Ansätze. Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Versuch mit Ionenaustauschverfahren läuft derzeit ein dritter Pilotversuch mit Adsorptionstechnologien. Partnerunternehmen wie Lilac Solutions bringen dabei Containeranlagen zum Einsatz, die Lithium direkt aus der Sole herauslösen. „Wir prüfen in mehreren Schritten, welches Verfahren langfristig die beste Effizienz und Nachhaltigkeit bietet“, heißt es aus Unternehmenskreisen.
Frage: Welche Technologien sollen bei der Lithiumgewinnung in Sachsen-Anhalt eingesetzt werden?
Geplant sind Direct Lithium Extraction-Verfahren, darunter Ionenaustausch und Adsorption. Diese Methoden sollen schnellere und sauberere Prozesse ermöglichen, die deutlich weniger Fläche beanspruchen als klassische Abbauformen.
Infrastruktur und Genehmigungen
Altmark als Energie-Region mit Tradition
Die Region blickt auf eine lange Geschichte der Energiegewinnung zurück. Bereits 1969 begann hier die Gasförderung, wodurch ein umfangreiches Netzwerk an Bohrungen und Infrastruktur entstand. Diese bestehende Grundlage will Neptune Energy nun nutzen, um die Lithiumproduktion effizient aufzubauen. Die Kombination aus geologischen Gegebenheiten, Erfahrung und Infrastruktur macht die Altmark zu einem idealen Standort.
Lizenzen und Genehmigungen
Neptune Energy verfügt über eine Produktionslizenz („Jeetze-L“) und drei Explorationslizenzen („Milde A-L“, „Milde B-L“ und „Milde C-L“). Diese Lizenzen wurden in den Jahren 2024 und 2025 vom Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt erteilt. Sie bilden die rechtliche Grundlage für Erkundung, Pilotversuche und später auch industrielle Förderung.
Geologische Bedingungen und wissenschaftlicher Kontext
Tiefenwasser mit hoher Lithiumkonzentration
Die Vorkommen befinden sich in salzhaltigen Tiefenwässern, die in Sandsteinen in Tiefen von 3.200 bis 4.000 Metern lagern. Analysen zeigen Konzentrationen von bis zu 375 Milligramm Lithium pro Liter Sole. Diese außergewöhnliche Dichte macht die Region besonders interessant für industrielle Gewinnung. Wissenschaftler führen die Anreicherung auf geochemische Prozesse zurück, insbesondere die Verwitterung von Phyllosilikaten wie Glimmer.
Frage: Wie viel Lithium steckt wirklich in der Altmark und wie wurde das bestätigt?
Aktuell bestätigte Gutachten belegen eine Menge von 43 Millionen Tonnen Lithiumcarbonatäquivalent. Diese Zahl basiert auf umfangreichen geologischen Untersuchungen und internationalen Standards der Ressourcenerhebung.
Perspektiven für die Batterieproduktion
Versorgung für Hunderttausende Elektroautos
Laut Prognosen ließen sich jährlich rund 25.000 Tonnen LCE gewinnen. Diese Menge reicht aus, um Batterien für bis zu 500.000 Elektrofahrzeuge pro Jahr herzustellen. Angesichts der wachsenden Elektromobilität in Europa könnte das Vorkommen zu einem strategischen Eckpfeiler für die gesamte Branche werden.
Europäische Abhängigkeiten verringern
Bislang stammt der Großteil des weltweit gehandelten Lithiums aus Ländern wie Australien, Chile oder China. Europa ist auf Importe angewiesen und trägt mit nur rund einem Prozent zur globalen Produktion bei. Mit Projekten wie in der Altmark könnte dieser Anteil wachsen und die Abhängigkeit sinken. Studien von KfW Research zeigen, dass Lithium bereits heute in etwa zehn Prozent der Wertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes eine Rolle spielt.
Kritische Stimmen und gesellschaftliche Debatte
Widerstand in der Bevölkerung
Trotz der großen Chancen gibt es auch kritische Stimmen. Mehr als 22.000 Menschen haben Petitionen gegen das Projekt unterzeichnet. In den sozialen Medien diskutieren Bürger über mögliche Risiken für Umwelt und Grundwasser. Auch Altlasten aus früheren Gasförderprojekten, bei denen Schadstoffe wie Quecksilber oder Arsen eine Rolle spielten, sorgen für Skepsis.
Frage: Gibt es bereits öffentliche Kritik oder Bedenken gegen das Projekt?
Ja, verschiedene Bürgerinitiativen und politische Vertreter weisen auf mögliche Umweltfolgen hin. Kritisiert werden etwa unzureichende Informationen, Altlasten in der Region und die Sorge um langfristige Wasservorräte. Diese Aspekte werden im Genehmigungsverfahren eine zentrale Rolle spielen.
Politische Einordnung
Position des Landes Sachsen-Anhalt
Die Landesregierung hat Lithiumförderung als potenziellen Baustein in den Entwicklungsplan aufgenommen. Geothermie und Lithiumgewinnung sollen unter strengen Auflagen ermöglicht werden. Damit will das Land wirtschaftliche Chancen nutzen und gleichzeitig ökologische Standards sichern.
Frage: Wie steht das Land Sachsen-Anhalt politisch zu Lithiumförderplänen in der Region?
Sachsen-Anhalt sieht die Lithiumgewinnung als Teil der regionalen Entwicklung, verknüpft dies jedoch mit klaren Umweltauflagen. Politische Vertreter betonen, dass wirtschaftliche Vorteile nur dann greifen dürfen, wenn ökologische Risiken kontrolliert bleiben.
Zeithorizont und nächste Schritte
Pilotprojekte und Demonstrationsanlagen
Die laufenden Pilotprojekte liefern wichtige Daten zur Wirtschaftlichkeit und technischen Machbarkeit. Ein zweiter Versuch wurde erfolgreich abgeschlossen, ein dritter mit Adsorptionstechnologie läuft derzeit. Geplant ist, in den kommenden Jahren eine Demonstrationsanlage aufzubauen, um die industrielle Machbarkeit zu beweisen.
Frage: Wann könnte in der Altmark eine kommerzielle Lithiumproduktion starten?
Aktuell rechnen Fachleute damit, dass ab 2028 eine großtechnische Förderung beginnen könnte. In der Zwischenzeit sind weitere Pilotphasen und eine Demonstrationsanlage vorgesehen, um Technik, Wirtschaftlichkeit und Genehmigungen abzusichern.
Internationale Einordnung und Vergleich
Weitere deutsche Lithiumprojekte
Deutschland setzt nicht nur in Sachsen-Anhalt auf Lithium. Im Erzgebirge bereitet das Unternehmen Zinnwald Lithium eine Förderung ab 2030 vor. Im Oberrheingraben plant Vulcan Energy, Lithium mit Geothermie zu kombinieren. Zusammengenommen könnten diese Projekte dazu beitragen, einen signifikanten Teil des europäischen Bedarfs abzudecken.
Frage: Welche geologischen Bedingungen begünstigen die Lithiumanreicherung im Altmark-Gasfeld?
Besonders vorteilhaft sind die tiefen, salzhaltigen Sandsteinformationen, in denen sich Lithium über Jahrmillionen angereichert hat. Diese geologische Konstellation ist selten und verleiht der Altmark eine herausragende Rolle im europäischen Kontext.
Ökonomische Chancen und Risiken
Marktvolatilität bei Lithium
Diskussionen in Fachforen und sozialen Medien zeigen: Der weltweite Lithiumpreis unterliegt starken Schwankungen. Aktuell stehen Überangebote und eine abkühlende Nachfrage im Elektroautomarkt im Raum. Für Projekte wie in der Altmark bedeutet dies, dass Timing und Effizienz entscheidend für den Erfolg sein werden.
Wirtschaftliche Relevanz für Deutschland
Die deutsche Rohstoffagentur prognostiziert, dass der nationale Bedarf bis 2030 bei bis zu 170.000 Tonnen Lithium jährlich liegen könnte. Projekte wie das in der Altmark sind daher von hoher strategischer Bedeutung, auch wenn sie allein die Nachfrage nicht vollständig decken können.
Frage: Wie steht das Projekt im Vergleich zur weltweiten Lithiumproduktion?
Europa trägt bislang nur einen Bruchteil zur globalen Förderung bei. Das Altmark-Vorkommen ist daher nicht nur regional, sondern international von Bedeutung und könnte die Rolle Europas im globalen Rohstoffmarkt stärken.
Schlussbetrachtung: Ein strategisches Projekt mit globaler Dimension
Die Bestätigung des riesigen Lithiumvorkommens in Sachsen-Anhalt markiert einen Meilenstein für Deutschland und Europa. Mit 43 Millionen Tonnen nachgewiesenen Ressourcen verfügt die Region über eine Grundlage, die Elektromobilität und Energiespeicherung langfristig sichern könnte. Doch Chancen und Herausforderungen liegen dicht beieinander. Während die Technik vielversprechend und die strategische Bedeutung unbestritten ist, bleibt die gesellschaftliche Akzeptanz ein Schlüsselfaktor. Der Weg zur kommerziellen Produktion wird daher nicht allein von Technologie und Geologie bestimmt, sondern ebenso von Politik, Wirtschaft und dem Vertrauen der Menschen vor Ort.