Sachsen-Anhalt

Zukunft der Schulen in Sachsen-Anhalt: Entscheidung über Erhalt kleiner Standorte steht an

Magdeburg. Sachsen-Anhalt ringt um die Zukunft seiner kleinen Schulen. Seit Monaten diskutieren Politik, Eltern und Verbände, ob Mindestschülerzahlen eine Welle von Schließungen nach sich ziehen oder ob alternative Modelle den Erhalt der Standorte sichern können. Besonders in ländlichen Regionen ist die Debatte emotional aufgeladen, weil Schulen nicht nur Lernorte, sondern auch soziale Ankerpunkte sind.

Politischer Streit um Mindestschülerzahlen

Geplante Verschärfungen sorgten für Unruhe

Im Frühjahr 2025 wurde bekannt, dass das Bildungsministerium unter Eva Feußner (CDU) strengere Mindestschülerzahlen für Grundschulen in kreisfreien Städten wie Halle, Dessau-Roßlau und Magdeburg einführen wollte. Die Regelung hätte vorgesehen, dass kleinere Schulen bis 2027 entweder schließen oder mit größeren Einrichtungen fusionieren müssten. Diese Nachricht löste erhebliche Sorgen bei Eltern, Lehrkräften und Kommunalpolitikern aus. Viele fürchteten lange Schulwege und den Verlust wohnortnaher Bildung.

CDU-Fraktion stoppt die Pläne

Doch der Widerstand innerhalb der eigenen Reihen war stärker: Die CDU-Landtagsfraktion stellte sich gegen die Vorgaben. Damit ist klar, dass eine generelle Schließungswelle zunächst abgewendet ist. Dennoch bleibt die Frage, wie kleine Schulen langfristig gesichert werden können. Denn die demografische Entwicklung zeigt seit Jahren rückläufige Schülerzahlen in vielen Regionen des Landes.

Das neue Schulgesetz und seine Spielräume

Fusionen und Kooperationen als Lösung

Der Landtag beschloss eine umfassende Reform des Schulgesetzes. Ziel ist es, Bildung modern zu gestalten und gleichzeitig bestandsgefährdete Schulen nicht einfach von der Landkarte verschwinden zu lassen. Stattdessen sollen Kooperationen zwischen Schulen ermöglicht werden. So können mehrere kleine Standorte Ressourcen teilen und damit das Überleben sichern. Auch die Gründung von Schulverbünden wird ausdrücklich vorgesehen.

Festgelegte Mindestjahrgangsstärken

Trotz dieser Flexibilisierung gelten Mindestjahrgangsstärken. Für die Bildung einer ersten Klasse sind je nach Schulart bestimmte Schwellenwerte einzuhalten: In Oberzentren 25 Schüler, außerhalb davon mindestens 15 in Grundschulen, 20 in Sekundar- und Gemeinschaftsschulen sowie 25 in Gymnasien und Gesamtschulen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Unterricht nicht in extrem kleinen Gruppen stattfindet, was den Ressourceneinsatz ineffizient machen würde.

Welche Rolle spielt die Schulentwicklungsplanung?

Die sogenannte Schulentwicklungsplanung (SEP) legt verbindlich fest, welche Standorte bestehen bleiben dürfen. Sie regelt Mindestschülerzahlen, Möglichkeiten zu Fusionen und Ausnahmeregelungen. Damit ist die SEP das zentrale Instrument, wenn es um den Erhalt kleiner Schulen in Sachsen-Anhalt geht.

Gesellschaftliche Bedeutung kleiner Schulen

„Die Schule bleibt im Dorf“ – eine Volksinitiative

Die politische Debatte wird von Bürgerinitiativen begleitet. Besonders sichtbar ist die Bewegung „Die Schule bleibt im Dorf“, die von der Partei DIE LINKE unterstützt wird. Sie verweist darauf, dass seit der Wende mehr als die Hälfte aller Schulen in Sachsen-Anhalt geschlossen wurden. Für viele Bürgerinnen und Bürger sind Grundschulen aber ein unverzichtbarer Teil des Dorflebens. Sie sichern kurze Wege, ermöglichen ein Gemeinschaftsgefühl und verhindern, dass Familien wegziehen.

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Positionen der Grünen

Auch die Grünen im Landtag betonen, dass wohnortnahe Bildung Teil von Chancengerechtigkeit ist. Sie fordern, kleine Schulen zu erhalten, besonders in ländlichen Gebieten, wo Bildungsangebote ohnehin dünn gesät sind. „Bildungsgerechtigkeit heißt auch, dass Kinder nicht jeden Tag stundenlange Busfahrten in Kauf nehmen müssen“, so eine Vertreterin der Fraktion.

Demografische Entwicklung und ihre Folgen

Weniger Kinder, kleinere Klassen

Statistiken belegen die Herausforderungen: In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit etwa 750 öffentliche Schulen mit rund 214.300 Schülerinnen und Schülern. Doch die Schülerzahlen sinken seit Jahren, insbesondere in ländlichen Regionen. Geburtenrückgang und Abwanderung führen dazu, dass immer mehr Schulen unter den Mindestgrößen liegen.

Schwierigkeiten im Personalbereich

Der Lehrermangel verschärft die Lage zusätzlich. In vielen Regionen ist es schwer, ausreichend Lehrkräfte für kleine Schulen zu gewinnen. Seiteneinsteiger und Quereinsteiger spielen eine immer größere Rolle. In Foren berichten angehende Lehrkräfte, dass sie sich durch komplizierte Eignungsprüfungen und befristete Stellen kämpfen müssen. Das macht es für kleine Schulen schwer, langfristig verlässlich planen zu können.

Kosten pro Schüler

Kleine Schulen verursachen häufig höhere Kosten pro Schüler, da bestimmte Fixkosten unabhängig von der Schülerzahl anfallen. Dazu gehören Gebäudeunterhaltung, Ausstattung und Lehrergehälter. Kritiker argumentieren, dass diese Mittel effizienter eingesetzt werden könnten, wenn Schulen zusammengelegt werden. Befürworter hingegen verweisen auf die sozialen und gesellschaftlichen Kosten, die durch lange Schulwege und die Entleerung ganzer Dörfer entstehen.

Häufige Fragen von Eltern und Bürgern

Wie viele Schüler braucht eine Grundschule mindestens?

In Sachsen-Anhalt gilt: Eine Grundschule muss mindestens 60 Schülerinnen und Schüler haben, um bestehen zu können. Liegt die Zahl dauerhaft darunter, droht die Schließung oder eine Fusion mit einer anderen Schule.

Welche Ausnahmeregelungen gibt es?

Wenn eine Schule die Mindestzahlen nicht erreicht, kann sie unter bestimmten Umständen dennoch bestehen bleiben. Das gilt vor allem für Förderschulen oder in Regionen, in denen der Standort für die Daseinsvorsorge von besonderer Bedeutung ist. Auch Schulverbünde sind eine Lösung, um die Zahlen auf dem Papier zu sichern.

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Welche Rolle spielt die Schulentwicklungsplanung konkret?

Die Schulentwicklungsplanung schreibt detailliert vor, wie Schulen in Sachsen-Anhalt zu organisieren sind. Sie ist für Kommunen bindend und beeinflusst direkt, welche Standorte langfristig eine Chance haben. Elterninitiativen und Kommunen haben daher immer wieder gefordert, die SEP stärker auf die Bedürfnisse ländlicher Räume abzustimmen.

Wie wirkt sich die Reform auf große Städte wie Magdeburg oder Halle aus?

In Städten stand die Frage im Raum, ob strengere Mindestzahlen dazu führen könnten, dass kleine Stadtteilschulen verschwinden. Kritiker warnten vor einer Konzentration auf große Einheiten, die zu überfüllten Schulen führen könnte. Nachdem die CDU-Fraktion die Pläne gestoppt hat, scheint dieses Szenario zunächst vom Tisch.

Stimmen aus der Gesellschaft

Diskussionen in sozialen Medien

In sozialen Netzwerken ist die Debatte breit präsent. Auf Plattformen wie Facebook organisieren sich Bürgerinitiativen, um für den Erhalt kleiner Schulen zu kämpfen. Unter Schlagworten wie „Schule muss im Dorf bleiben“ teilen Eltern und Kommunalpolitiker ihre Sorgen. Dabei geht es weniger um Zahlen und Finanzen, sondern um Identität, Zugehörigkeit und Lebensqualität vor Ort.

Eltern und Lehrer berichten von der Realität

In Foren für Lehrkräfte schildern Lehrerinnen und Lehrer die Herausforderungen im Alltag: Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung, zu wenige Fachlehrer für bestimmte Fächer und die ständige Unsicherheit, ob die Schule in fünf Jahren noch existiert. Diese Stimmen machen deutlich, dass es nicht nur um Gesetze geht, sondern um konkrete Lebenssituationen.

Langfristige Perspektiven

Was bedeutet das für die Zukunft der Schulen?

Sachsen-Anhalt steht vor einer schwierigen Balance. Einerseits müssen finanzielle und organisatorische Realitäten berücksichtigt werden. Andererseits sind kleine Schulen in Dörfern mehr als nur Bildungseinrichtungen: Sie sind Herzstücke der Gemeinschaft. Wenn sie verschwinden, verlieren ganze Regionen an Attraktivität. Das kann die Abwanderung noch verstärken – ein Teufelskreis, den die Politik unbedingt durchbrechen will.

Optionen für eine nachhaltige Lösung

  • Schulverbünde: Mehrere kleine Schulen arbeiten zusammen, teilen Personal und Ressourcen.
  • Digitale Angebote: Online-Unterricht könnte Defizite bei Fächern mit Lehrermangel ausgleichen.
  • Regionale Förderprogramme: Kommunen können gezielt unterstützt werden, wenn sie wichtige Standorte erhalten wollen.
  • Bürgerbeteiligung: Initiativen und Volksbegehren zeigen, dass breite Mitsprache möglich ist.
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Die Bedeutung klarer Entscheidungen

Die Debatte zeigt, wie groß der Handlungsdruck ist. Unklare Regelungen und immer neue Diskussionen über Mindestzahlen verunsichern Familien. Klare politische Entscheidungen können helfen, Vertrauen zurückzugewinnen. Eltern möchten wissen, ob ihre Kinder die gesamte Grundschulzeit am selben Ort verbringen können.

Ein Blick nach vorn – kleine Schulen als Chance

Kleine Schulen bieten auch Chancen: Sie ermöglichen oft eine enge Betreuung, familiäre Strukturen und eine stärkere Bindung zwischen Lehrkräften, Eltern und Kindern. Viele Eltern berichten, dass ihre Kinder in kleinen Klassen besonders gut aufgehoben sind. Dieses Potenzial sollte stärker in den Mittelpunkt gestellt werden, statt nur die Kosten zu betrachten.

Am Ende entscheidet die Gesellschaft

Ob kleine Schulen in Sachsen-Anhalt dauerhaft bestehen bleiben, hängt nicht allein von Gesetzen ab. Es ist eine gesellschaftliche Entscheidung, welchen Wert man wohnortnaher Bildung beimisst. Die Diskussion der vergangenen Monate zeigt: Viele Bürgerinnen und Bürger sind bereit, für ihre Schulen zu kämpfen. Politik, Kommunen und Eltern müssen nun Wege finden, diesen Einsatz in konkrete Lösungen zu übersetzen.

Schlussbetrachtung: Zwischen Sparzwang und Gemeinsinn

Die Zukunft kleiner Schulen in Sachsen-Anhalt ist ein Spiegelbild der größeren Herausforderungen des Landes: Schrumpfende Bevölkerung, knappe Finanzen, Lehrermangel – und zugleich der Wunsch nach lebendigen Dörfern, kurzen Wegen und echter Bildungsgerechtigkeit. Während die Politik auf Mindestzahlen und Strukturen setzt, kämpfen Bürgerinitiativen für den Erhalt ihrer Schulen als Herzstück des Dorfes. Am Ende geht es um mehr als Schulstatistiken: Es geht darum, wie Sachsen-Anhalt seine ländlichen Räume gestaltet und ob es gelingt, dort Zukunftsperspektiven zu sichern. Die Debatte wird noch lange nicht beendet sein, aber sie zeigt, dass kleine Schulen weit über ihre Größe hinaus von großer Bedeutung sind.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.