
Goslar, 22. Mai 2025, 08:00 Uhr
Die Polizeiinspektion Goslar warnt aktuell eindringlich vor einer raffinierten Betrugsmasche, bei der gefälschte Wohnungsinserate genutzt werden, um sensible Daten und Geld von Wohnungssuchenden zu erbeuten. Die Warnung kommt nicht überraschend, denn bundesweit mehren sich die Fälle von Mietbetrug über Internetplattformen. Besonders perfide: Die Täter nutzen die angespannte Wohnungslage aus und setzen gezielt auf die Verzweiflung vieler Wohnungssuchender – mit oft verheerenden Folgen für die Opfer.
Wie die Masche funktioniert
Die Betrüger schalten täuschend echt wirkende Wohnungsanzeigen auf bekannten Internetportalen. Dabei nutzen sie teils sogar reale Adressen und Bilder, die sie von echten Angeboten kopieren. Auf den ersten Blick wirken die Inserate vertrauenswürdig – ein fairer Preis, attraktive Lage, ansprechende Fotos. Der Verdacht wird oft erst geweckt, wenn die Kommunikation ausschließlich per E-Mail verläuft oder wenn bestimmte Unterlagen und Zahlungen ungewöhnlich früh eingefordert werden.
Dokumentenanforderungen als Falle
Besonders häufig fordern die Täter sensible Dokumente von den Interessenten, darunter:
- eine Kopie des Personalausweises,
- Gehaltsnachweise,
- Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen,
- Schufa-Auszüge oder
- Bestätigungen vorheriger Mietverhältnisse.
Diese Dokumente werden teils für weiteren Identitätsdiebstahl genutzt oder dienen der Vorbereitung anderer Betrugsdelikte. In einem dokumentierten Fall sollte ein Interessent ein PostIdent-Verfahren durchführen, um seine Seriosität zu bestätigen – kurz darauf wurde über seine Daten ein Kredit in Höhe von 40.000 Euro beantragt. Nur durch schnelles Eingreifen konnte der Schaden abgewendet werden.
Neue Entwicklungen: Die Täter werden dreister
Inzwischen geht die Masche über einfache Online-Inserate hinaus. In Berlin etwa wurde eine neue Form des Wohnungsbetrugs beobachtet: Täter mieteten reale Wohnungen über Plattformen wie Airbnb, um diese für einige Tage zu nutzen – und in dieser Zeit als ihre eigene Mietwohnung anzubieten. Sie organisierten echte Besichtigungstermine, ließen vermeintliche Mietverträge unterschreiben und kassierten Kautionen – bevor sie untertauchten. Diese Entwicklung zeigt: Die Betrüger investieren Zeit und Geld, um ihre Opfer in Sicherheit zu wiegen.
Emotionale Manipulation als Methode
Die Täter verstehen es, psychologischen Druck aufzubauen. Aussagen wie „Wir haben noch zehn weitere Interessenten“ oder „Die Wohnung ist nur heute verfügbar“ sollen den Eindruck von Dringlichkeit erzeugen. Die Opfer sollen rasch handeln, ohne kritische Fragen zu stellen. Besonders in Großstädten, wo Wohnraum knapp und teuer ist, funktioniert diese Taktik leider oft.
Regionale und bundesweite Lage
Auch im Harz bleiben solche Betrugsversuche nicht aus. Die Polizei Goslar berichtet von mehreren aktuellen Fällen, in denen Interessenten zur Zahlung von Kautionen oder zur Übermittlung persönlicher Daten aufgefordert wurden – jeweils ohne echte Chance auf eine Wohnung. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden allein im Jahr 2024 bundesweit über 740.000 Betrugsdelikte registriert, ein erheblicher Teil davon im digitalen Raum. Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch deutlich höher, da viele Opfer den Betrug aus Scham oder Unwissenheit nicht anzeigen.
Beispielzahlen zur Einordnung
Jahr | Gesamtzahl Betrugsfälle | Schätzung Wohnungsbetrug | Aufklärungsquote |
---|---|---|---|
2022 | 781.231 | ca. 10.000+ | 59,4 % |
2023 | 765.893 | ca. 12.000+ | 61,2 % |
2024 | 743.472 | ca. 14.000+ | 60,9 % |
Die steigende Anzahl der Fälle zeigt, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. Besonders betroffen sind Regionen mit hohem Wohnraummangel – etwa Berlin, Leipzig, München, aber auch Universitätsstädte wie Göttingen oder Heidelberg.
Internationale Perspektive: Ein weltweites Problem
Der Betrug mit Wohnungsinseraten ist kein ausschließlich deutsches Phänomen. Eine Untersuchung des Better Business Bureau in den USA zeigt, dass rund 5 Millionen Menschen in Nordamerika Opfer vergleichbarer Maschen geworden sind. Rund 43 % aller Nutzer, die online nach Mietwohnungen suchen, stoßen demnach auf gefälschte Inserate. Auch in Großbritannien und Australien berichten Verbraucherzentralen regelmäßig über ausgeklügelte Betrugsformen bei der Wohnraumsuche.
Expertenmeinungen und Empfehlungen
„Seien Sie nie leichtfertig im Umgang mit PostIdent- oder anderen Verfahren zur Datenübermittlung an Unbekannte. Ihre Daten sind das Kapital von Kriminellen.“
– Thomas Kirchner, Polizei Goslar
Kriminalexperten raten dringend zur Vorsicht – insbesondere, wenn ungewöhnlich attraktive Mietangebote mit hohem Druck vermarktet werden. Auch Verbraucherzentralen warnen vor Dokumentenversand ohne vorherige persönliche Besichtigung. Verdächtige Angebote sollten unmittelbar den Plattformbetreibern und der Polizei gemeldet werden.
Checkliste: So schützen Sie sich
- Keine Zahlungen im Voraus: Weder Kaution noch erste Miete zahlen, bevor Sie die Wohnung besichtigt haben.
- Keine sensiblen Dokumente vorab: Personalausweis, Gehaltsnachweise oder Bankdaten niemals ohne persönliche Verifikation übermitteln.
- Seriösität prüfen: Gibt es ein Impressum? Ist der Vermieter telefonisch erreichbar?
- Fotos überprüfen: Nutzen Sie eine Bild-Rückwärtssuche (Reverse Image Search), um doppelt verwendete Bilder zu erkennen.
- Vorsicht bei Auslandskontakten: Inserate mit Vermietern, die sich angeblich im Ausland befinden, sind oft verdächtig.
Fazit: Achtsamkeit ist der beste Schutz
Die Betrugsmasche mit Wohnungsinseraten entwickelt sich rasant weiter. Die Täter agieren professionell, emotional geschickt und nutzen technische Mittel, um ihre Opfer zu täuschen. Während Polizei und Verbraucherschutz regelmäßig warnen, liegt der wichtigste Schutz nach wie vor bei den Wohnungssuchenden selbst. Kritisches Hinterfragen, gesundes Misstrauen und das Einhalten einfacher Regeln können vor großem Schaden bewahren. Die Warnung der Polizei Goslar ist daher nicht nur regional relevant, sondern Teil eines größeren Trends, der die gesamte Gesellschaft betrifft.
In Zeiten eines angespannten Wohnungsmarktes, in denen Verfügbarkeit und Preis immer öfter unter Druck geraten, bleibt ein Prinzip zentral: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser.