
Braunlage, 5. Juni 2025, 22:00 Uhr
Die B27 ist eine der wichtigsten Verkehrsachsen im Harz und verbindet Braunlage mit umliegenden Regionen wie Bad Lauterberg und Göttingen. Ab August 2025 beginnt ein umfassendes Sanierungsvorhaben, das nicht nur die Straßenoberfläche betrifft, sondern weitreichende bauliche und infrastrukturelle Veränderungen mit sich bringt. Über einen Zeitraum von sechs Jahren soll die 3,7 Kilometer lange Ortsdurchfahrt grundlegend erneuert werden.
Hintergrund: Warum eine Sanierung notwendig ist
Die Verkehrsbelastung durch Einheimische, Pendler, Touristen und den Durchgangsverkehr hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Die bestehende Fahrbahn zeigt massive Abnutzungserscheinungen. Auch die unterirdischen Versorgungsleitungen wie Wasser-, Strom- und Abwasserkanäle sind in die Jahre gekommen. Die letzte größere Instandsetzung liegt über 25 Jahre zurück. Deshalb haben sich die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr sowie die Stadt Braunlage auf ein groß angelegtes Infrastrukturprojekt verständigt.
Projektumfang: Was wird alles gemacht?
Die Sanierung umfasst mehrere miteinander verzahnte Maßnahmen. Neben der eigentlichen Fahrbahnerneuerung – inklusive Bodenaustausch, Einbau einer neuen Frostschutzschicht und Asphaltarbeiten – werden auch Gehwege, Entwässerungssysteme, Straßenbeleuchtung sowie die gesamte Kanalinfrastruktur erneuert.
Geplante Bauphasen im Überblick:
Bauphase | Dauer | Inhalt |
---|---|---|
Phase 1 | August 2025 – Dezember 2026 | Nordöstlicher Ortseingang: Bodenaushub, Entwässerung, erste Versorgungsleitungen |
Phase 2 | 2027 – 2028 | Innenstadtbereich mit Fokus auf Gehwege, Beleuchtung und Querungen |
Phase 3 | 2029 – 2030 | Südwestlicher Abschnitt Richtung Elend mit Straßenanbindung |
Phase 4 | 2031 | Restarbeiten, Feinschliff und Begrünung |
Verkehrsführung: So wird der Verkehr organisiert
Eines der größten Probleme bei einer derart langfristigen Baustelle ist die Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses. Die Planungen sehen eine abschnittsweise Vollsperrung der B27 vor, wobei örtliche Umleitungen über Nebenstraßen eingerichtet werden. Besonderes Augenmerk liegt auf der Erreichbarkeit des Ortszentrums und der Geschäfte. Die Landesbehörde betont, dass der Linienbusverkehr so wenig wie möglich eingeschränkt werden soll.
- Weiträumige Umleitungen für Durchgangsverkehr
- Zugänglichkeit für Anwohner wird gewährleistet
- Temporäre Ampellösungen und Kreisverkehre an neuralgischen Punkten
Einbindung der Bürger: Transparenz und Kommunikation
Am 3. Juni 2025 fand eine Bürgerversammlung im Kurgastzentrum statt. Vertreter der Stadt und der Landesbehörde informierten die Bevölkerung detailliert über den Ablauf, die Etappen und die zu erwartenden Einschränkungen. Dabei wurde deutlich: Die Stadt setzt auf Transparenz und möchte die Bürger regelmäßig einbinden. Künftige Versammlungen sollen halbjährlich stattfinden.
„Uns ist wichtig, dass die Menschen wissen, was passiert – und dass sie mitgestalten können“, so ein Sprecher der Stadtverwaltung.
Herausforderung Tourismus: Wie sich das Projekt auf die Besucher auswirkt
Braunlage lebt in hohem Maße vom Tourismus. Die Sanierung kommt daher zur Unzeit – könnte man meinen. Tatsächlich birgt sie aber auch Chancen. So sollen die Eingriffe möglichst in tourismusarmen Zeiten erfolgen, etwa im Frühjahr oder Spätherbst. Dennoch sind Beeinträchtigungen nicht auszuschließen. Hotels und Gastronomie befürchten Einbußen, wenn Anfahrten erschwert werden.
Tourismusakteure fordern daher abgestimmte Informationskampagnen, zielgruppengerechte Umleitungshinweise und digitale Routenplaner-Integration.
Ökologische Aspekte: Klimaanpassung und Nachhaltigkeit
Braunlage ist stark vom Klimawandel betroffen – insbesondere durch großflächige Waldschäden infolge von Borkenkäferbefall und Trockenheit. In unmittelbarer Nähe zur B27 wurden jüngst über 12.000 Bäume im Rahmen eines Aufforstungsprojekts gepflanzt. Diese neuen Mischwälder sollen nicht nur klimastabiler sein, sondern auch das Landschaftsbild nachhaltig prägen.
Die Straßenbauarbeiten bieten nun die Chance, ökologische Standards zu etablieren. Denkbar sind etwa:
- Versickerungsfähige Oberflächenbeläge
- Integration von Grünstreifen und Baumreihen
- Nachhaltige Baustoffe und reduzierte CO₂-Bilanz
Wirtschaftliche Dimension: Was kostet das Ganze?
Genaue Zahlen zur Finanzierung wurden bislang nicht veröffentlicht. Experten gehen jedoch davon aus, dass sich die Kosten in einem mittleren zweistelligen Millionenbereich bewegen werden. Neben der Landesregierung beteiligt sich auch die Kommune Braunlage anteilig. Fördermittel aus Bundes- und EU-Programmen könnten beantragt werden, insbesondere im Bereich Klimaanpassung und Infrastrukturförderung.
Voraussichtliche Finanzierungssäulen:
Finanzierungsquelle | Geplanter Anteil |
---|---|
Land Niedersachsen | 50–60 % |
Stadt Braunlage | 20–25 % |
Fördermittel (Bund / EU) | Restlicher Anteil |
Alternative Mobilitätskonzepte in der Diskussion
Um der langen Bauphase etwas Positives abzugewinnen, denken Stadt und Landkreis über neue Mobilitätskonzepte nach. Diskutiert wird unter anderem ein Shuttlebus-System für Touristen vom Großparkplatz an der Talstation zur Innenstadt. Auch die Einführung eines On-Demand-Verkehrs mit Kleinbussen sowie die Prüfung neuer Radverkehrsachsen entlang der Umleitungsstrecken sind in der Planung.
Meinungen aus der Bevölkerung
Die Stimmung in Braunlage ist gemischt. Während viele Bürger die Notwendigkeit des Projekts anerkennen, herrscht Unmut über die lange Bauzeit. Einzelhändler befürchten Umsatzrückgänge, während Anwohner mit Lärmbelastung und eingeschränktem Zugang rechnen. Dennoch gibt es auch konstruktive Stimmen, die auf die langfristigen Vorteile verweisen.
„Natürlich wird es anstrengend, aber Braunlage braucht moderne Straßen. Ich hoffe nur, dass die Kommunikation funktioniert“, sagt eine Anwohnerin aus der Innenstadt.
Fazit: Ein Mammutprojekt mit Chancen und Risiken
Die Sanierung der B27-Ortsdurchfahrt in Braunlage ist eines der größten Infrastrukturprojekte in der Region seit Jahrzehnten. Sie ist technisch notwendig, ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich bedeutsam – bringt aber auch erhebliche Herausforderungen für Bevölkerung, Tourismus und Verkehr mit sich. Entscheidend für den Projekterfolg wird sein, wie gut Stadt, Behörden, Wirtschaft und Bürger an einem Strang ziehen. Die kommenden sechs Jahre werden zeigen, ob das ambitionierte Vorhaben planmäßig umgesetzt werden kann – und ob Braunlage gestärkt aus dieser Bauphase hervorgeht.