Sachsen-Anhalt

Ehefrau in Besuchszelle getötet Prozess in Sachsen-Anhalt: Häftling soll Ehefrau in unbeaufsichtigtem Langzeitbesuchsraum erwürgt haben

Stendal, 2. Dezember 2025 – Ein scheinbar alltäglicher Besuch in der JVA Burg verwandelte sich in ein Verbrechen, das weit über die Gefängnismauern hinaus für Erschütterung sorgte. In einem Raum, der eigentlich Nähe ermöglichen sollte, ereignete sich eine Tat, die das Vertrauen in einen zentralen Teil des Vollzugssystems infrage stellt. Während sich die Türen des Landgerichts Stendal zum ersten Verhandlungstag öffnen, rückt ein schicksalhafter Nachmittag im April erneut in den Blick.

Der Fall, der bundesweit Aufmerksamkeit erregte, geht zurück auf den Tod einer 35-jährigen Frau, die ihren inhaftierten Ehemann in der JVA Burg besucht hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 38-Jährigen vor, seine Ehefrau in einem sogenannten Langzeitbesuchsraum erwürgt zu haben. Nun muss sich der Mann vor der Schwurgerichtskammer verantworten – wegen des Vorwurfs des Totschlags.

Was zum Tatgeschehen bekannt ist

Im April 2025 wurde die 35-Jährige leblos in einem der Langzeitbesuchsbereiche der JVA Burg entdeckt. Diese Räume – oft als „Liebeszellen“ bezeichnet – sind speziell eingerichtet, um Gefangenen und ihren Angehörigen mehrere Stunden ungestörten Kontakt zu ermöglichen. Sie gehören zu einem rein humanitären Bestandteil des Strafvollzugs, der familiäre Bindungen trotz Inhaftierung bewahren soll.

Die Ermittler stellten fest, dass die Frau durch massiven Druck auf den Hals starb. Ihr Ehemann, der sich zum Zeitpunkt des Besuchs bereits in Strafhaft befand, geriet sofort in den Fokus der Ermittlungen. Gegen ihn wurde Untersuchungshaft angeordnet, um eine mögliche Haftentlassung zu verhindern und weitere Gefährdungen auszuschließen.

Nach dem Vorfall setzte die Gefängnisleitung sämtliche Langzeitbesuche aus. Innerhalb und außerhalb der Region wurde intensiv darüber diskutiert, wie ein solcher Todesfall in einem geschützten Umfeld möglich war – und welche Konsequenzen daraus folgen müssen.

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Prozessauftakt in Stendal

Am heutigen Dienstag beginnt vor dem Landgericht Stendal die Hauptverhandlung. Um 9 Uhr tritt die Schwurgerichtskammer erstmals zusammen, um die Umstände jenes Besuchs aufzuklären. Die Anklage legt dem 38-Jährigen zur Last, seine Frau in dem unbeaufsichtigten Raum gewürgt und dadurch tödlich verletzt zu haben.

Der Besuchsraum war – wie in solchen Bereichen üblich – ohne Kamera, Mikrofon oder dauerhafte Kontrolle. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Tat während der regulären Besuchszeit geschah und erst nach Stunden entdeckt wurde. Der genaue Ablauf ist bislang nicht öffentlich geklärt und soll im Verlauf der Beweisaufnahme umfassend untersucht werden.

Der zeitliche Ablauf

  • Früher April 2025: Besuch der 35-Jährigen bei ihrem inhaftierten Ehemann im Langzeitbesuchsraum der JVA Burg.
  • Am Nachmittag: Die Frau wird tot in der Zelle entdeckt.
  • Gerichtsmedizinische Untersuchung ergibt massive Gewalteinwirkung auf den Hals.
  • Untersuchungshaft gegen den Ehemann wird angeordnet.
  • Die JVA setzt alle Langzeitbesuche vorläufig aus.
  • 2. Dezember 2025: Beginn des Strafprozesses vor dem Landgericht Stendal.

Die besondere Rolle der Langzeitbesuche

Langzeitbesuche gehören zu den sensibelsten Bausteinen des Strafvollzugs. Sie ermöglichen Gefangenen und Angehörigen ein Stück Privatheit – fernab des regulären, streng überwachten Besuchsbereichs. Für viele Familien sind solche Besuche die einzige Chance, trotz Inhaftierung Nähe zu pflegen.

Gerade diese Ungestörtheit macht das Angebot wertvoll, aber auch anfällig. Die Räume sind bewusst unbeobachtet, um ein Mindestmaß an Intimität zu gewährleisten. Der Tod der 35-jährigen Besucherin rückt diesen Grundsatz nun unweigerlich ins Zentrum einer Debatte, die den Strafvollzug noch länger beschäftigen dürfte.

Was das Gericht nun klären muss

Die Ankläger sehen die Faktenlage klar, doch zahlreiche Fragen bleiben offen und sollen in der Hauptverhandlung beantwortet werden:

  • Wie entwickelte sich die Situation im Langzeitbesuchsraum vor der Tat?
  • Hat es Hinweise auf einen Streit oder körperliche Auseinandersetzung gegeben?
  • Gab es trotz der unbeaufsichtigten Situation Anzeichen, die früher hätten wahrgenommen werden können?
  • Welche Hintergründe hatte die Beziehung des Paares zum Zeitpunkt des Besuchs?
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Der Prozess wird darüber hinaus beleuchten, ob organisatorische Abläufe innerhalb der JVA eine Rolle spielten und ob strukturelle Anpassungen notwendig sind, um ähnliche Vorfälle künftig auszuschließen.

Der Blick über den Einzelfall hinaus

Der seltene, aber aufrüttelnde Fall zeigt, wie schmal der Grat zwischen Resozialisierungsideal und Sicherheitsanforderung im Strafvollzug sein kann. Besuchsprogramme gelten als wichtiges Element, um familiäre Verbindungen nicht abreißen zu lassen – ein Aspekt, der erwiesenermaßen Rückfallraten senken kann. Doch der Tod in der JVA Burg verdeutlicht, dass selbst gut etablierte Systeme an ihre Grenzen geraten können, wenn Gewalt innerhalb einer Beziehung eskaliert.

Die Angehörigen stehen einer tiefen Erschütterung gegenüber – einer Tragödie, die dort geschah, wo man Schutz und Ruhe erwartet hätte. Für Vollzugsbehörden wiederum stellt sich die Frage, wie man menschliche Nähe ermöglicht, ohne Sicherheit und Kontrolle vollständig aus den Händen zu geben.

Ein nachhallender Moment der Instabilität

Während der Prozess nun beginnt, bleibt der Fall ein Beispiel für die unerwartete Fragilität eines Systems, das eigentlich Stabilität schaffen soll. Ein Raum, der Verbundenheit und Vertrauen ermöglichen sollte, wurde zum Schauplatz einer tödlichen Tat. Ob die Gerichtsverhandlung Antworten liefert, ist offen – doch sie markiert den Versuch, aus einer stillen Besuchssituation jene Wahrheit herauszuarbeiten, die hinter dem Geschehen liegt. Und sie erinnert daran, wie sehr Nähe und Gefahr manchmal ineinandergreifen können.

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.