
Wernigerode – Der Harz ist eines der beliebtesten Ausflugsziele für Wanderer und Mountainbiker in Deutschland. Doch mit der steigenden Zahl an Besuchern nimmt auch die Zahl der Rettungseinsätze dramatisch zu. Die Bergwacht Wernigerode schlägt Alarm: Viele Unfälle könnten leicht vermieden werden – wenn Ausrüstung, Wetterlage und Selbsteinschätzung ernster genommen würden.
Steigende Einsatzzahlen: Alarmzeichen für den Tourismus
Die Bergwacht Wernigerode verzeichnete allein im ersten Halbjahr 2025 rund 27 Einsätze – bei insgesamt 44 Einsätzen im gesamten Harzer Gebiet auf sachsen-anhaltinischer Seite. Viele dieser Notfälle ereigneten sich an beliebten Orten wie dem Brocken, dem Gelben Brink oder an Kletterfelsen wie dem Großen Feuerstein. Besonders auffällig: Die meisten Einsätze sind nicht auf extreme Wagnisse zurückzuführen, sondern auf klassische Fehler von Freizeit-Wanderern und Hobby-Bikern.
Stürze, Kreislaufprobleme und Orientierungslosigkeit führen immer wieder dazu, dass Rettungskräfte mit Trage oder Hubschrauber ausrücken müssen. „Viele unterschätzen einfach, wie schnell sich das Wetter hier ändern kann“, sagt Bernd Wagner von der Bergwacht. Hinzu kommt, dass viele Betroffene nicht ortskundig sind und technische Hilfsmittel falsch einsetzen – oder sich ausschließlich auf das Smartphone verlassen.
Was machen Wanderer und Mountainbiker im Harz falsch?
Die Liste der Fehler, die Wanderer und Mountainbiker im Harz immer wieder begehen, ist lang – und doch wiederholen sie sich Jahr für Jahr. Die häufigsten Ursachen für Rettungseinsätze lassen sich in fünf große Bereiche einteilen:
1. Falsche oder fehlende Ausrüstung
- Tragen von Turnschuhen statt fester Wanderschuhe
- Keine wetterfeste Kleidung
- Kein Helm beim Mountainbiken
- Unzureichende Reparatursets für Fahrräder
Unfälle durch Ausrutschen, Verdrehen oder Stürze auf losem Untergrund gehören zu den Klassikern. Besonders bei Nässe oder Glätte, wie sie an schattigen Waldwegen oft gegeben ist, führt mangelnde Trittsicherheit schnell zu Verletzungen.
2. Navigationsprobleme durch Technikgläubigkeit
„Viele Wanderer verlassen sich nur auf das Handy – ohne Karte, ohne Kompass“, warnt die Bergwacht. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Touristen mit leerem Akku oder ohne Mobilfunkempfang mitten im Wald festsitzen.
Doch warum sind Wanderer und Biker im Harz so oft auf ihr Smartphone statt auf Karte und Kompass angewiesen? Die Antwort ist einfach: Weil moderne Outdoor-Navigation bequemer scheint. Viele Apps zeigen den Weg, geben Höhenprofile aus und zeichnen die Route auf – bis das Signal abbricht oder der Akku streikt. Die Folge: Orientierungslosigkeit in schwierigem Gelände.
3. Wetter unterschätzt – Harzklima als Risiko
Das Harzer Wetter ist launisch – und genau das wird oft unterschätzt. Gerade bei Touren am Brocken kann der Temperaturunterschied zwischen Tal und Gipfel mehr als zehn Grad betragen. Dazu kommen plötzliche Regenschauer, Windböen oder Nebel, die nicht nur die Sicht, sondern auch die Trittsicherheit stark beeinträchtigen.
Ein Fall aus dem Frühjahr 2025 zeigt, wie schnell es gefährlich werden kann: Ein 68-jähriger Wanderer rutschte auf einem vereisten Abschnitt am Wanderweg bei Wernigerode aus und stürzte zehn Meter tief. Nur durch eine koordinierte Rettungsaktion mit Bergwacht, Feuerwehr und DLRG konnte Schlimmeres verhindert werden.
4. Selbstüberschätzung und fehlendes Gefahrenbewusstsein
Viele Unfälle geschehen nicht, weil das Gelände zu schwierig wäre – sondern weil Wanderer und Biker ihre eigenen Fähigkeiten falsch einschätzen. Besonders problematisch: Abstiege auf steilen Pfaden oder schnellen Schotterwegen. In Mountainbike-Foren heißt es immer wieder, dass gerade auf den Abfahrten – etwa vom Brocken – die meisten Unfälle passieren. Nicht selten kollidieren Radfahrer mit Wanderern, weichen zu spät aus oder überschätzen ihre Bremsmanöver.
Welche Konflikte gibt es zwischen Mountainbikern und Wanderern im Harz? Forenbeiträge und Erfahrungsberichte zeigen: Viele Konflikte entstehen auf gemeinsam genutzten Wegen. Wanderer fühlen sich bedrängt, Biker bremsen zu spät oder fahren zu schnell – was zu gefährlichen Situationen führt. Die Empfehlung aus der Szene: Touren möglichst früh beginnen und stark frequentierte Strecken an Wochenenden meiden.
5. Psychologische Aspekte: Höhenangst & mentale Überforderung
Was viele nicht bedenken: Auch psychologische Faktoren spielen bei Unfällen eine Rolle. Besonders auf steilen Passagen oder an Felsformationen kann Höhenangst zu unsicherem Verhalten führen. In Outdoor-Foren berichten Nutzer, wie sie an bestimmten Stellen blockieren, langsamer werden oder sogar umkehren müssen. Höhenangst ist kein Zeichen von Schwäche – sondern ein Schutzreflex, der ernst genommen werden sollte.
Ein Forumsteilnehmer schreibt: „Ich hatte nur einen kleinen Felsen unter mir, aber es hat gereicht, um mich völlig aus dem Konzept zu bringen. Ich konnte nicht mehr weiter – das war ein Schock.“ Experten empfehlen gezieltes Mentaltraining, Pausen mit bewusster Atmung und eine langsame Steigerung der Herausforderung.
Mountainbike: Risiko Abfahrt – ein unterschätztes Gefahrenpotenzial
Während beim Wandern meist Ausrutschen oder falsches Schuhwerk das Problem ist, entstehen die meisten Mountainbike-Unfälle beim bergab fahren. Rund 96 Prozent aller MTB-Unfälle in Österreich, so zeigen Studien, geschehen bei der Abfahrt. Die Gründe: hohe Geschwindigkeit, Fehleinschätzung, mangelnde Streckenkenntnis und fehlende Schutzausrüstung.
Gibt es Unterschiede bei Unfällen zwischen Bergwandern und Mountainbiken im Harz? Ja – während Wanderer häufig bei Aufstiegen oder durch äußere Umstände verunfallen, betreffen Mountainbike-Unfälle fast ausschließlich die Abfahrten. Besonders riskant sind ungesicherte Trails mit Wurzeln, losem Geröll oder überraschenden Hindernissen. Hinzu kommen körperliche Probleme wie Kreislaufversagen – etwa bei älteren Bikern auf anspruchsvollen Strecken.
Wer ist besonders betroffen – und warum?
Statistiken zeigen, dass vor allem Männer über 50 bei MTB-Unfällen betroffen sind. Viele davon unterschätzen ihr eigenes Leistungsvermögen, sind sportlich ambitioniert, aber unzureichend vorbereitet. Auch fehlende Routine in Notsituationen ist ein Problem. Die Dunkelziffer bei Alleinunfällen ist zudem hoch, da nicht alle Zwischenfälle gemeldet werden.
Welche typischen Fehler machen Wanderer und Mountainbiker im Harz laut Bergwacht Wernigerode?
Die wichtigsten zusammengefasst:
- Fehlende oder ungeeignete Ausrüstung
- Navigation nur per Smartphone
- Unterschätzung von Wetterumschwüngen
- Selbstüberschätzung und mangelnde Planung
- Unwissen über Wegbeschaffenheit und Gelände
Wie kann man solche Unfälle verhindern?
Prävention beginnt vor der Tour. Wer sich gut vorbereitet, Ausrüstung überprüft und seine Route realistisch plant, senkt das Risiko erheblich. Die wichtigsten Empfehlungen der Bergwacht und der Outdoor-Community:
Checkliste für Wanderer & Mountainbiker im Harz:
Bereich | Empfehlung |
---|---|
Navigation | Karte & Kompass mitführen, Smartphone als Ergänzung |
Schuhwerk | Feste, rutschfeste Wanderschuhe mit gutem Profil |
Schutz | Helm und Protektoren beim Biken, Sonnen- & Regenschutz |
Planung | Wetterbericht checken, realistische Etappenlängen wählen |
Begleitung | Alleinwanderungen vermeiden, jemanden über die Route informieren |
Ein Harz-Erlebnis mit Verantwortung
Der Harz hat unzählige atemberaubende Orte zu bieten – von bewaldeten Tälern über schroffe Felsformationen bis hin zu Panoramablicken vom Brocken. Doch mit der Schönheit kommt auch Verantwortung. Ob Wanderer oder Biker: Wer sich auf die Natur einlässt, sollte sie respektieren – und sich selbst nicht überschätzen.
Die Bergwacht Wernigerode wird weiterhin zur Stelle sein, wenn etwas passiert. Doch die Zahl der vermeidbaren Einsätze sollte sinken – im Interesse aller, die den Harz genießen wollen, ohne zu Schaden zu kommen.