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Totholz im Harz: Was Sammler wirklich dürfen – aktuelle Rechtslage im Überblick

Harz – Zwischen knorrigen Baumstümpfen und zerfallenden Ästen stellt sich vielen Besuchern des Harzes eine ganz einfache Frage: Darf ich das mitnehmen? Gerade Totholz scheint auf den ersten Blick niemandem zu gehören – und doch ist die Rechtslage alles andere als klar. Wer sich nicht auskennt, riskiert mit einem Arm voll Ästen schnell ein Bußgeld oder gar eine Strafanzeige.

Ein Spaziergang mit rechtlichen Fallstricken

Der Harz zählt mit seinen weitläufigen Wäldern und dem gleichnamigen Nationalpark zu den beliebtesten Ausflugszielen in Mitteldeutschland. Vor allem in Zeiten von steigenden Energiepreisen oder einem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit wächst das Interesse daran, natürliche Ressourcen zu nutzen – etwa in Form von Totholz als Feuerholz. Doch ist das erlaubt?

Die kurze Antwort lautet: In den allermeisten Fällen ist das Mitnehmen von Totholz im Harz verboten – insbesondere im Nationalpark. Das überrascht viele. Schließlich liegt das Holz scheinbar nutzlos am Boden, oft morsch, verwittert oder voller Pilze. Doch dieses Bild täuscht, denn das sogenannte Totholz erfüllt eine zentrale Rolle im Ökosystem Wald.

Warum Totholz im Wald bleiben soll

Aus forstökologischer Sicht ist abgestorbenes Holz keinesfalls Abfall, sondern Lebensraum, Wasserspeicher und Nährstoffquelle. Laut aktuellen Studien sind über 25 Prozent aller europäischen Käfer- und Pilzarten auf Totholz angewiesen. Dazu zählen bedrohte Spezies, die ausschließlich in morschem Holz leben oder sich davon ernähren.

Totholz speichert zudem CO₂, schützt den Waldboden vor Austrocknung und dient als Keimbett für neue Bäume. Auch größere Tiere – etwa Spechte, Fledermäuse oder Kleinsäuger – nutzen abgestorbene Stämme zum Brüten, Verstecken oder als Jagdrevier.

„Tote Bäume sind doch eigentlich gut für einen jungen Wald, oder nicht?“ – Diese Frage, die in einem Onlineforum diskutiert wurde, bringt es auf den Punkt: Gerade im Harz, wo durch den Borkenkäfer und Klimastress große Flächen abgestorbener Fichten entstanden, spielt Totholz eine Schlüsselrolle im natürlichen Waldumbau. Die Natur soll sich selbst regenerieren – ohne menschliche Eingriffe.

Was das Gesetz dazu sagt

Nach deutschem Recht gehört jedes Stück Wald jemandem: dem Staat, einer Kommune oder einer Privatperson. Und damit gehört auch alles darin – also auch liegendes Holz – dem Eigentümer. Wer Totholz einfach mitnimmt, macht sich also möglicherweise strafbar. Das gilt besonders im Nationalpark Harz, wo strengere Regeln greifen.

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Staatswald, Privatwald, Nationalpark – was ist der Unterschied?

Die Sammelregeln unterscheiden sich je nach Eigentumsform:

  • Privatwald: Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Besitzers ist das Mitnehmen von Holz grundsätzlich verboten.
  • Staatswald: In manchen Bundesländern gibt es Ausnahmeregelungen, etwa die sogenannte „Leseholz-Regelung“. Damit darf dürres, loses Holz in geringer Menge für den Eigenbedarf gesammelt werden.
  • Nationalpark Harz: Hier gilt ein generelles Entnahmeverbot. Besucher dürfen weder Pflanzen pflücken noch Holz mitnehmen – nicht einmal in kleinen Mengen.

Darf ich im Harz Totholz sammeln, wenn es auf dem Waldboden liegt?

Nein – zumindest nicht ohne Genehmigung. Das Forstgesetz unterscheidet zwar zwischen Holz am Boden und stehenden Bäumen, erlaubt das Mitnehmen aber nur in klar geregelten Ausnahmefällen. Im Nationalpark gilt sogar für Laien das Prinzip: Nichts entnehmen, nichts verändern.

Gibt es eine Handstrauß-Regelung für Totholz?

Die sogenannte Handstraußregelung ist landläufig bekannt aus dem Naturschutzrecht: Sie erlaubt das Pflücken kleiner Mengen wild wachsender Blumen oder Kräuter für den persönlichen Bedarf. Manche Bundesländer haben diese Regel sinngemäß auf Waldholz übertragen – allerdings nur im Staatswald und nie im Nationalpark. Im Harz gilt sie daher nur sehr eingeschränkt.

Die Rolle des Nationalparks Harz

Im Nationalpark Harz, der rund ein Drittel der Waldfläche umfasst, gilt das Prinzip der natürlichen Entwicklung. Die Natur soll sich selbst überlassen bleiben. Auch das massenhafte Absterben der Fichten in den letzten Jahren – verursacht durch Borkenkäfer, Trockenheit und Stürme – wird nicht durch forstliche Eingriffe „aufgeräumt“.

Dennoch kam es zu Ausnahmen: In besonders brandgefährdeten Bereichen wurden nach einem Waldbrand bei Schierke gezielt Totholzmengen entfernt – allerdings nur nach Umweltverträglichkeitsprüfung und in enger Abstimmung mit Naturschutzverbänden. Diese Fälle zeigen: Das Totholz-Thema ist im Harz auch politisch aufgeladen.

Wie gefährlich ist unerlaubtes Sammeln?

Welche Strafen drohen bei unerlaubtem Totholz-Mitnehmen im Harz?

Wer ohne Genehmigung Holz mitnimmt, begeht mindestens eine Ordnungswidrigkeit. In schwerwiegenden Fällen – etwa bei absichtlichem Brennholzdiebstahl – droht eine Anzeige wegen Diebstahls (§ 242 StGB). Die Strafen reichen von Bußgeldern bis zu mehreren Tausend Euro. Im Nationalpark wird zudem oft kontrolliert, etwa durch Ranger oder Polizei.

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Ist es erlaubt, Totholz zur Brennholz-Nutzung zu sammeln?

Nein. Das Entnehmen von Holz zur Brennholznutzung gilt als forstwirtschaftliche Handlung und ist nur mit einem offiziellen Holzsammelschein möglich. Wer Äste absägt oder größere Mengen mitnimmt, braucht zudem einen Motorsägenschein. In Schutzgebieten wie dem Nationalpark ist dies generell untersagt.

Unterschiedliche Erfahrungen aus der Praxis

In Foren wie outdoorseiten.net oder auf Social Media berichten Nutzer von teils toleranter Praxis: „Der Förster hat nichts gesagt, solange ich nur trockene Äste mitgenommen habe.“ Doch diese Kulanz ersetzt keine Rechtssicherheit. Sobald es zu Kontrollen kommt, zählt das Gesetz – und das sieht keine Duldung vor.

Ein Nutzer beschreibt es so: „Mit Holzsammelschein darf man Holz sammeln. Sägen nur mit Kettensägeschein.“ Diese Realität zeigt: Wer wirklich regelmäßig Holz sammeln will, sollte sich bei der zuständigen Forstbehörde über rechtliche Möglichkeiten und Sammelscheine informieren.

Kann man im Nationalpark Harz eine Ausnahmegenehmigung für Totholz bekommen?

In der Regel nein. Ausnahmegenehmigungen werden nur in besonderen Fällen – etwa für forstliche Pflege, Brandschutz oder wissenschaftliche Studien – erteilt. Privatpersonen oder Hobby-Sammler haben keine Chance auf eine solche Genehmigung.

Besondere Regeln: Zeiten, Mengen und Verhalten

Manche Bundesländer haben zusätzliche Regelungen, etwa zur Tageszeit. In Hessen beispielsweise ist das Betreten des Waldes zur Nachtzeit abseits von Wegen untersagt – was auch das Sammeln verbietet. Im Harz gelten zwar keine einheitlichen nächtlichen Einschränkungen, doch Sicherheit geht vor: Nach Stürmen oder bei Schnee sollte der Wald ohnehin gemieden werden.

Gibt es zeitliche Beschränkungen beim Sammeln von Holz?

Ja, teilweise. Zwar nicht explizit im Harz, aber in angrenzenden Regionen gibt es Vorschriften, die das Betreten oder Sammeln nachts oder während Jagdzeiten untersagen. Zusätzlich sollten Besucher Rücksicht auf brütende Tiere oder sensible Lebensräume nehmen – auch ohne formelle Regelung.

Was beim Sammeln unbedingt beachtet werden sollte

Für alle, die Holz sammeln möchten – sei es im Harz oder anderswo – gelten folgende Grundregeln:

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Regel Erklärung
Immer Genehmigung einholen Nur mit Sammelschein oder ausdrücklicher Erlaubnis ist das Mitnehmen erlaubt
Nur kleine Mengen Ein „Handstrauß“ an dürrem Holz für den Eigenbedarf – kein kommerzieller Zweck
Kein Werkzeug einsetzen Absägen, Hacken oder Fällen ist verboten – nur loses Holz vom Boden erlaubt
Keine Entnahme im Nationalpark Hier gilt ausnahmsloses Sammelverbot – auch für Pilze und Beeren
Rücksicht auf Natur Tiere, Pflanzen und Mikrohabitate dürfen nicht gestört werden

Was bleibt vom Totholz im Harz?

Das Thema Totholz zeigt exemplarisch, wie vielschichtig der Naturschutz geworden ist. Was für viele wie ein Haufen morscher Äste aussieht, ist in Wahrheit ein komplexes Ökosystem. Und ein rechtliches Minenfeld für alle, die sich nicht informieren.

Wer den Wald schützen will, sollte ihn nicht stören – und das gilt auch für scheinbar unbelebte Elemente wie Totholz. Der Harz steht für den Übergang: von wirtschaftlich genutztem Fichtenwald hin zu einem naturnahen, wilden Wald. Dieser Wandel braucht Zeit – und Verständnis.

Am besten genießt man die knorrigen Riesen, die moosbedeckten Äste und das Rascheln unter den Füßen – ohne sie mitzunehmen. Denn im Harz gilt: Was tot ist, lebt oft am längsten.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.