
Wernigerode, 6. Juni 2025, 09:00 Uhr
Im Landkreis Harz sorgt eine Entscheidung zur Gültigkeit des Deutschlandtickets für Diskussionen: Schüler, die bisher mit dem Ticket auch in den Sommerferien mobil waren, müssen im Juli 2025 auf eine andere Lösung zurückgreifen. Die Verwaltung hat entschieden, das Ticket für den Ferienmonat zu sperren – aus Kostengründen. Ab dem 1. August 2025 ist das Ticket wieder nutzbar. Doch welche Auswirkungen hat diese Entscheidung, wie reagieren Eltern, Schulen und Verbände – und was bedeutet sie im größeren Kontext der Schülerbeförderung?
Deutschlandticket für Schüler im Harz – das bisherige Modell
Seit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 haben viele Landkreise und Städte es in ihre Schülerbeförderungsmodelle integriert. Auch im Harz wurde das Ticket als Teil der schulischen Mobilitätslösung genutzt. Für Schüler bedeutete das: bundesweite Mobilität zum günstigen Monatspreis – oft sogar vollfinanziert durch den Landkreis oder über das Bildungsbudget der Familien.
Im Harz war das Ticket bislang ganzjährig gültig – auch in den Schulferien. Damit bot es jungen Menschen nicht nur die Möglichkeit, zur Schule zu fahren, sondern auch Freizeitaktivitäten und Ferienausflüge mit Bus und Bahn zu unternehmen. Mit der Änderung für Juli 2025 wird diese Freizügigkeit nun eingeschränkt.
Systemseitige Sperrung im Juli – Gründe und Ablauf
Der Landkreis Harz hat angekündigt, das Deutschlandticket für Schüler im Juli 2025 zu sperren. Der Grund: gestiegene Kosten, die eine Finanzierung des Tickets über den kompletten Ferienmonat nicht mehr zulassen. Technisch wird das Ticket daher systemseitig deaktiviert und ist in dieser Zeit nicht nutzbar.
Zum 1. August 2025 wird die Gültigkeit wiederhergestellt – rechtzeitig zum Beginn des neuen Schuljahres. Die Entscheidung fiel bereits frühzeitig, um Eltern und Schulen Planungssicherheit zu geben. Alle Schulleitungen wurden laut Kreisverwaltung entsprechend informiert.
Alternative Lösung: Das Schülerferienticket
Als Ersatz für das Deutschlandticket im Juli verweist der Landkreis auf das Schülerferienticket. Dieses Ticket wird jährlich in Kooperation mit Verkehrsverbünden angeboten und ermöglicht die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel innerhalb Sachsen-Anhalts – zu einem meist moderaten Pauschalpreis.
Für viele Familien stellt das allerdings keinen vollwertigen Ersatz dar. Während das Deutschlandticket bundesweit nutzbar war, beschränkt sich das Schülerferienticket auf das Bundesland. Auch die Mitnahmeoptionen sowie die Nutzung in Fernverkehrszügen sind beim Ferienticket nicht enthalten.
Unterschiede im Überblick
Kriterium | Deutschlandticket | Schülerferienticket |
---|---|---|
Gültigkeit | Bundesweit (außer Fernverkehr) | Nur Sachsen-Anhalt |
Zeitraum | Ganzjährig, monatlich kündbar | Ferienzeitraum (meist Juli-August) |
Kosten | 49 Euro (oft durch Kreis übernommen) | Einmalig rund 30 Euro |
Mitnahmeregelungen | Regional unterschiedlich | Keine zusätzliche Mitnahme möglich |
Reaktionen aus Schulen und Elternhäusern
In der Schullandschaft des Harzes sorgte die Entscheidung für gemischte Reaktionen. Während Schulleitungen die rechtzeitige Kommunikation loben, kritisieren Elternvertreter die Einschränkung der Mobilität während der Ferien. „Für viele Familien ist das Deutschlandticket zur Selbstverständlichkeit geworden. Jetzt müssen sie im Juli zusätzlich zahlen“, so eine Elternsprecherin aus Halberstadt.
Auch Schüler äußern Unverständnis: „Gerade in den Ferien wollen wir Freunde besuchen, zum Badesee oder in die Stadt. Jetzt ist das schwieriger“, sagt eine 15-jährige Schülerin aus Wernigerode. Die Schülervertretungen fordern eine soziale Lösung, insbesondere für einkommensschwache Familien.
Kostensteigerungen und haushaltspolitische Zwänge
Der Hauptgrund für die Sperrung liegt in den gestiegenen Kosten für die Schülerbeförderung mit dem Deutschlandticket. Nach Angaben aus der Kreisverwaltung haben sich die Ausgaben seit Einführung des Tickets stark erhöht, unter anderem durch gestiegene Nutzerzahlen, höhere Abrechnungskosten mit den Verkehrsunternehmen und eine insgesamt angespannte Haushaltslage.
„Wir müssen angesichts der Haushaltskonsolidierung Prioritäten setzen. Die freiwillige Feriennutzung kann derzeit nicht weiter mitfinanziert werden.“ – Sprecher des Landkreises Harz
Hinzu kommt: Da das Ticket monatlich abgerechnet wird, entfällt eine flexible Gestaltungsmöglichkeit. Für Juli müsste ein voller Monat gezahlt werden – selbst wenn nur eine kurze Nutzung erfolgen würde. Die systemtechnische Deaktivierung ist daher auch eine Maßnahme zur Kostendisziplin.
Gegenpositionen: Mobilität als Bildungs- und Teilhabechance
Verkehrsverbände und soziale Träger zeigen wenig Verständnis für die Sperrung. Für sie ist Mobilität eng mit gesellschaftlicher Teilhabe verknüpft. Insbesondere in ländlichen Regionen wie dem Harz sei das Ticket nicht nur ein Schulwegmittel, sondern auch ein Schlüssel zur sozialen Integration.
Ein Sprecher eines Jugendhilfeträgers kommentiert: „Wenn junge Menschen in den Sommerferien plötzlich zu Hause bleiben müssen, weil das Ticket fehlt, ist das ein Rückschritt. Mobilität darf kein Luxus sein.“
Auch vonseiten der Bildungsgewerkschaft GEW kommt Kritik. Sie fordert eine bundeseinheitliche Schülerlösung für das Deutschlandticket, unabhängig von Ferienregelungen oder kommunaler Haushaltslage. Es könne nicht sein, dass Mobilität vom Wohnort abhängig sei.
Wie es weitergeht – Ausblick auf das Schuljahr 2025/26
Ab dem 1. August 2025 ist das Deutschlandticket für Schüler im Harz wieder gültig. Ob es künftig auch im Ferienmonat Juli wieder eingeführt wird, ist offen. Der Landkreis will nach eigenen Angaben die Situation evaluieren und weitere Finanzierungsmodelle prüfen – möglicherweise in Zusammenarbeit mit dem Land Sachsen-Anhalt oder im Rahmen von Bundesförderungen.
Die Diskussion wirft aber auch grundlegende Fragen auf: Wie finanzieren Kommunen langfristig ein Modell, das ursprünglich für Berufspendler konzipiert wurde, nun aber auch im Bildungsbereich verankert ist? Und wie lässt sich eine soziale Mobilitätsgarantie sichern – auch in Zeiten knapper Kassen?
Fazit
Die Entscheidung des Landkreises Harz, das Deutschlandticket für Schüler im Juli 2025 zu sperren, ist ein Spiegelbild der Herausforderungen im deutschen Nahverkehrssystem: begrenzte Haushaltsmittel treffen auf hohe gesellschaftliche Erwartungen. Während eine Übergangslösung mit dem Schülerferienticket angeboten wird, bleiben Fragen der Gerechtigkeit und Teilhabe offen.
Ob die Einschränkung ein einmaliger Vorgang bleibt oder sich in anderen Regionen wiederholt, hängt nicht zuletzt vom politischen Willen auf Landes- und Bundesebene ab. Klar ist: Für Schüler, Eltern und Schulen bedeutet der Juli 2025 eine spürbare Veränderung im Alltag.