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Harz | Nun hat Wernigerode einen 2-Sterne-Koch und was das bedeutet

Zweiter Michelin-Stern für Robin Pietsch: Harzer Spitzenküche auf Weltniveau

Die kulinarische Welt schaut nach Wernigerode: Der renommierte TV-Koch und Gastronom Robin Pietsch hat mit seinem Restaurant Pietsch den zweiten Michelin-Stern erhalten. Damit wird erstmals ein Restaurant in Sachsen-Anhalt mit dieser seltenen Auszeichnung geehrt. Gemeinsam mit Küchenchef Luis Hendricks schreibt Pietsch regionale und kulinarische Geschichte – und sorgt gleichzeitig für eine neue Debatte um die Michelin-Sternvergabe in Deutschland.

Ein Meilenstein für Sachsen-Anhalt

Die Michelin-Verleihung 2025 markierte einen historischen Moment: Mit dem zweiten Stern für das Pietsch ist erstmals ein Zwei-Sterne-Haus in Sachsen-Anhalt verzeichnet. Neben dem Speiseberg in Halle und dem Zeitwerk – ebenfalls unter Pietschs Leitung – zählt das Pietsch nun zu den nur drei Sternerestaurants des Bundeslandes. Bundesweit wurde 2025 der bisherige Rekord von 341 ausgezeichneten Restaurants erreicht, darunter 47 mit zwei Sternen.

Für Robin Pietsch bedeutet diese Auszeichnung nicht nur Anerkennung für seine Küche, sondern auch einen emotionalen Moment: „Das ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit, Vertrauen ins Team und der Liebe zur Region. Ich bin überwältigt“, so der 36-Jährige unmittelbar nach der Preisverleihung in Frankfurt.

Der jüngste Zwei-Sterne-Koch Deutschlands

Mit gerade einmal 25 Jahren ist Luis Hendricks, Küchenchef im Pietsch, der jüngste Koch Deutschlands mit zwei Michelin-Sternen. Seine Karriere begann er im Hotel- und Gaststättengewerbe, bevor er 2019 zu Pietsch kam. 2023 übernahm er die Verantwortung in der Küche – und katapultierte das Restaurant nun in eine neue Liga. Neben den Sternen wurde ihm außerdem der Michelin „Young Chef Award 2025“ verliehen.

Robin Pietsch lobt Hendricks als „bemerkenswerten jungen Koch mit beeindruckender Souveränität und einem sicheren Gespür für Aromen“. Gemeinsam sei man über die Jahre zu einer harmonischen Einheit geworden, so Pietsch.

Ein Tresenkonzept auf höchstem Niveau

Was das Pietsch besonders macht, ist das außergewöhnliche Tresenkonzept. Mit nur 14 bis 18 Plätzen sitzen Gäste an einer großen Theke direkt vor der offenen Küche und erleben die Zubereitung live mit. Diese intime, fast theatrale Atmosphäre unterscheidet das Restaurant klar von klassischen Fine-Dining-Adressen.

Das Menü umfasst sieben Gänge, die stark von japanischer Kaiseki-Tradition inspiriert sind, aber gleichzeitig regionale Elemente einbinden. Die Küche wird als umami-reich, filigran, aromatisch dicht und kreativ beschrieben. Vegetarische Varianten sind ebenso verfügbar – und werden von Kritikern als „Weltklasse“ bezeichnet.

Getränkebegleitung mit Raffinesse

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die alkoholfreie Getränkebegleitung. Säfte, fermentierte Extrakte, Tees und hausgemachte Essenzen begleiten die Gänge auf ebenso hohem Niveau wie klassische Weinpaarungen. Für viele Gäste ist dies ein zentrales Highlight des Abends.

„Die alkoholfreie Begleitung ist auf Michelin-Niveau – und zeigt, dass Genuss keine Promille braucht.“

– Ein Gast auf TripAdvisor

Von der Konditorei zur Sterneküche

Pietschs Weg in die Spitzengastronomie ist bemerkenswert: Ursprünglich als Konditor ausgebildet, absolvierte er später die Kochlehre und eröffnete 2012 das Zeitwerk, 2019 folgte das Pietsch. Schon früh setzte er auf klare Konzepte, reduziertes Design und intensive Aromen. Sein Stil ist geprägt von Bodenständigkeit, modernem Denken und dem Anspruch, gastronomische Erlebnisse zu inszenieren.

Mit den beiden Restaurants unter einem Dach und seinem Food-Lab im gleichen Gebäude hat Pietsch ein kulinarisches Zentrum geschaffen, das weit über Wernigerode hinaus Beachtung findet. Auch als Buchautor ist er erfolgreich: „Heimatküche einfach anders“ und „Unsere Lieblingsrezepte“ (gemeinsam mit seiner Großmutter) unterstreichen seine enge Bindung an die Region.

Regionale Identität als Erfolgsfaktor

Wernigerode im Harz mag für viele kein kulinarisches Zentrum sein – doch Pietsch hat es geschafft, den Ort auf die Landkarte der internationalen Gourmets zu setzen. Seine enge Verbindung zur Heimat zeigt sich nicht nur in Zutaten, sondern auch in seiner Medienpräsenz. In Podcasts spricht er regelmäßig über Harzer Traditionen, Handwerk und Esskultur. Seine Rolle als kulinarischer Botschafter ist fest etabliert.

Kritik am Michelin-System: Zwischen Ehre und Druck

So groß die Freude über die Auszeichnung ist, so deutlich ist auch die Kritik am System: Experten sprechen von einer „Sternflation“ – zu viele Auszeichnungen könnten zu einer Abwertung des Michelin-Labels führen. Deutschland weist mit 341 ausgezeichneten Restaurants die europaweit höchste Dichte auf. Besonders für kleine Häuser bedeutet ein Stern oft auch wirtschaftliche Belastung durch gestiegene Erwartungen und hohe Betriebskosten.

Internationale Studien zeigen zudem: In New York schlossen 40 % der Sterne-Restaurants binnen zehn Jahren nach der Auszeichnung. Der Druck auf Köchinnen und Köche steigt, ebenso der Anspruch der Gäste. Auch Pietsch betont, dass langfristiger Erfolg nur mit einem stabilen Team und nachhaltigem Konzept möglich ist.

Doppelte Auszeichnung – doppelter Aufwand?

Mit zwei Restaurants, zwei Sternen und zwei unterschiedlichen Küchenstilen steht Pietsch vor einer logistischen Herausforderung. Beide Lokale befinden sich im gleichen Gebäude – das Zeitwerk mit einem Stern und Fokus auf regionale Kreativküche, das Pietsch als experimentelles Zwei-Sterne-Labor. Kritiker fragen, ob das Personalmanagement und die Qualitätskontrolle bei dieser Struktur auf Dauer aufrechterhalten werden können. Bislang gelingt das offenbar ohne Einschränkungen – dank klarem Konzept und eingespieltem Team.

Was Gäste erwarten können

MerkmalBeschreibung
Menü7 Gänge, international inspiriert, saisonal wechselnd
Plätze14–18 Tresenplätze, Blick in die offene Küche
KüchenchefLuis Hendricks, 25 Jahre, jüngster Zwei-Sterne-Koch
GetränkeAlkoholfreie Begleitung, fermentierte Säfte, Tees
PreisniveauGourmetklasse, Menü ab ca. 180 Euro

Fazit: Eine Erfolgsgeschichte mit Zukunft

Robin Pietsch und Luis Hendricks haben mit dem zweiten Michelin-Stern nicht nur einen Meilenstein für ihre eigene Karriere gesetzt, sondern auch für das kulinarische Profil Sachsen-Anhalts. Ihr Erfolg ist das Resultat jahrelanger Arbeit, Teamgeist, technischer Präzision und einer unverwechselbaren Handschrift. In einem Land, in dem die Zahl der Sterne wächst, gelingt es ihnen, Qualität über Quantität zu stellen.

Das Pietsch steht für eine neue Generation deutscher Spitzengastronomie: regional verwurzelt, international inspiriert, menschlich nahbar – und dabei kompromisslos gut. Es bleibt abzuwarten, ob der Michelin-Stern-Fluss anhält. Klar ist jedoch: In Wernigerode hat sich ein Sternenlicht entzündet, das weit über den Harz hinausstrahlt.

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.
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