
Wernigerode, 5. Juni 2025, 10:00 Uhr
Am kommenden Samstag, dem 7. Juni 2025, findet in Wernigerode der zweite Christopher Street Day (CSD) statt. Die Veranstaltung steht unter dem Zeichen von Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und gesellschaftlichem Zusammenhalt – und findet in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen statt. Bedrohungen gegen die Organisatoren, eine neue Routenführung sowie geplante Proteste und massive Einschränkungen für den Verkehr stellen Stadt, Veranstalter und Teilnehmer vor große Herausforderungen.
Der Ablauf: Route und Veranstaltungskonzept
Die Demonstration beginnt um 13:00 Uhr auf dem Marktplatz der Harzstadt. Von dort aus setzt sich der Zug durch zentrale Bereiche der Innenstadt in Bewegung, bevor er gegen 15:00 Uhr wieder am Marktplatz endet. Die geänderte Route führt unter anderem über die Breite Straße, die Ilsenburger Straße und den Bahnhofsvorplatz – Bereiche, die an einem Samstag stark frequentiert sind.
Die Veranstalter betonen, dass die Änderung der Strecke notwendig war, um die Sichtbarkeit zu erhöhen, aber auch um auf sicherheitsrelevante Entwicklungen zu reagieren. Die neue Route sorgt für Diskussionen in der Stadt, insbesondere im Hinblick auf die damit verbundenen Einschränkungen für den Autoverkehr.
Verkehrsbehinderungen am Wochenende
Autofahrer und Passanten müssen mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Bereits ab 11:30 Uhr wird es zu großräumigen Straßensperrungen rund um den Veranstaltungsbereich kommen. Besonders betroffen sind folgende Straßen:
- Marktplatz und alle Zufahrtsstraßen
- Breite Straße
- Ilsenburger Straße
- Johann-Sebastian-Bach-Straße (zusätzlich gesperrt bis 11. Juli wegen Bauarbeiten)
Zusätzlich kommt es zu Veränderungen im öffentlichen Nahverkehr. Wegen eines am Freitag angekündigten Warnstreiks bei den Harzer Verkehrsbetrieben ist auch am Samstag mit Ausfällen und Umleitungen zu rechnen.
Wachsende Bedrohungslage: Queerfeindlichkeit im Fokus
Bereits im Jahr 2023, beim ersten CSD in Wernigerode, waren die Organisatoren mit Drohungen konfrontiert. Auch in diesem Jahr wiederholen sich die Angriffe in Form von Beleidigungen und anonymen Bedrohungen. Die Veranstalter zeigen sich dennoch entschlossen:
„Wir lassen uns nicht einschüchtern. Gerade in Zeiten, in denen rechtspopulistische Strömungen zunehmen, ist es wichtiger denn je, Haltung zu zeigen“, so ein Sprecher des Orga-Teams.
Die Polizei hat die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Es wird mit einer erhöhten Präsenz von Einsatzkräften gerechnet, darunter auch zivile Beobachtungseinheiten.
Bedrohungen auch andernorts: Der gesamtgesellschaftliche Kontext
Wernigerode ist kein Einzelfall. Deutschlandweit kam es 2024 zu über 30 offiziell gemeldeten rechtsextremen Gegenaktionen im Zusammenhang mit CSD-Veranstaltungen. Insbesondere in ostdeutschen Bundesländern berichten Veranstalter von wachsendem Druck. Die Landesverbände von LGBTQ+-Organisationen beklagen eine teils offene Feindseligkeit aus dem gesellschaftlichen und politischen Raum.
Politische Spannungen: Unterstützung und Widerstand
Der CSD 2025 wird in Wernigerode von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis getragen. Dennoch gibt es auch kritische Stimmen. Der CDU-Stadtverband äußerte sich skeptisch zum Termin der Veranstaltung und bemängelte die Belastung für den innerstädtischen Verkehr und den Einzelhandel. Auch einige Geschäftsleute fürchten Umsatzeinbußen durch die Straßensperrungen.
Andere wiederum unterstützen den CSD offen. Vertreter der SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie mehrere Kultur- und Jugendverbände riefen zur Teilnahme auf. Viele Bürger sehen die Veranstaltung als ein wichtiges Zeichen gegen Intoleranz – besonders im ländlichen Raum.
Zitat aus dem Rathaus
„Wernigerode steht für Vielfalt und Demokratie. Der CSD ist ein fester Bestandteil dieser Haltung“, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung.
Tabelle: CSD-Veranstaltungen in Sachsen-Anhalt 2025
Ort | Datum | Teilnehmer (geschätzt) |
---|---|---|
Magdeburg | 17. Mai | 6.000 |
Halle | 24. Mai | 4.500 |
Wernigerode | 7. Juni | 1.000–1.500 |
Quedlinburg | 14. Juni | 800 |
Naumburg | 21. Juni | 700 |
Grundlegendes nicht vergessen …
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist ein zentraler Bestandteil einer offenen Gesellschaft und schützt das Recht, Anliegen öffentlich zum Ausdruck zu bringen – auch im Rahmen von Demonstrationen wie dem Christopher Street Day. Gleichzeitig kommt es dabei mitunter zu Spannungsfeldern, etwa wenn einzelne Teilnehmer durch Ausdrucksformen, Kleidung oder Verhalten die Grenze des gesellschaftlich als angemessen Empfundenen überschreiten, insbesondere im öffentlichen Raum und im Beisein von Kindern.
In solchen Fällen ist ein respektvoller Umgang aller Beteiligten gefragt: Demonstrierende sollten sich ihrer Wirkung auf das Umfeld bewusst sein, während Beobachter und Passanten anerkennen sollten, dass Meinungsäußerung in einer pluralistischen Gesellschaft vielfältige Formen annehmen kann. Ein achtsames Miteinander bildet die Grundlage dafür, dass Grundrechte nicht nur gewährt, sondern auch verantwortungsvoll wahrgenommen werden.
Was bleibt: Rücksicht und Orientierung gefragt
Der CSD in Wernigerode bringt am Samstag umfangreiche Veränderungen für Anwohner, Autofahrer und Besucher mit sich. Die neue Route stellt höhere Anforderungen an Verkehrslenkung und Koordination, zumal sie durch zentrale und stark frequentierte Bereiche der Stadt führt. Eine gute Vorbereitung, Geduld und gegenseitige Rücksichtnahme werden entscheidend sein, damit die Veranstaltung reibungslos verläuft – für alle Beteiligten.
Wer am Samstag mit dem Auto unterwegs ist, sollte die Innenstadt meiden oder rechtzeitig auf alternative Routen ausweichen. Die temporären Sperrungen zeigen deutlich: Für ein friedliches und sicheres Event ist es manchmal nötig, alltägliche Wege kurzzeitig zu verlassen.