Wernigerode

Harz: Brockenwirt gibt auf – Zukunft von Hotel und Restaurant ungewiss

Goslar – Auf dem höchsten Gipfel Norddeutschlands ist ein traditionsreicher Abschnitt zu Ende gegangen. Der langjährige Brockenwirt zieht sich zurück, und die zentrale Frage lautet nun: Wie geht es weiter mit Hotel, Restaurant und den weiteren Einrichtungen auf der Brockenkuppe im Harz? Politik, Tourismus und Einheimische blicken gespannt auf die kommenden Monate, in denen Entscheidungen fallen, die die Zukunft des Harz-Gipfels prägen werden.

Ein traditionsreicher Ort im Herzen des Harz

Der Brocken ist seit Jahrhunderten nicht nur ein Symbol des Harz, sondern auch ein Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt. Mit 1141 Metern Höhe ist er der höchste Berg Norddeutschlands und bietet eine einzigartige Kombination aus Natur, Geschichte und touristischer Infrastruktur. Schon früh wurde der Gipfel als Standort für Gastronomie und Hotellerie genutzt, und mit dem Brockenhotel entstand eine Institution, die bis heute Besucher aus allen Regionen Deutschlands anlockt. Doch nun steht das traditionsreiche Haus an einem Wendepunkt.

Der Rückzug des Brockenwirts

Der langjährige Betreiber Daniel Steinhoff hat seinen Rückzug erklärt. Die Entscheidung fiel nicht leicht, doch die Belastungen der letzten Jahre waren immens. Vor allem die steigenden Betriebskosten, der akute Personalmangel und die extremen klimatischen Bedingungen am Gipfel machten es zunehmend schwer, den Betrieb wirtschaftlich zu führen. „Es war eine harte Zeit, und irgendwann musste ich die Reißleine ziehen“, wird Steinhoff von Insidern zitiert.

Damit endet eine Ära. Für viele Gäste war der Brockenwirt mehr als nur ein Gastgeber – er stand für Verlässlichkeit und Kontinuität. Sein Rückzug hat deshalb nicht nur wirtschaftliche, sondern auch emotionale Folgen für den Harz und seine Besucher.

Der Landkreis Harz als neuer Eigentümer

Seit Juli 2025 ist der Landkreis Harz offizieller Eigentümer der Brockenkuppe. Für rund 3,5 Millionen Euro ging das Plateau in den Besitz der öffentlichen Hand über. Landrat Sven Balcerowski sprach bei der Übernahme von einem „historischen Moment“, der die Bedeutung des Brockens für die gesamte Region unterstreicht. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sei der Gipfel wieder Gemeinschaftseigentum und damit in öffentlicher Verantwortung.

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Der Landkreis übernimmt nicht nur das Brockenhotel, sondern auch das Restaurant, den Brockenturm, technische Anlagen sowie weitere Gebäude. Ziel ist es, die vorhandene Infrastruktur zu modernisieren, barrierefrei zu gestalten und damit zukunftsfähig zu machen. Ein Kernpunkt ist die Suche nach neuen Betreibern, die frische Konzepte einbringen und den Standort touristisch weiterentwickeln sollen.

Pläne für die Zukunft: Modernisierung und Kultur

Die Visionen für die Brockenkuppe gehen weit über den klassischen Hotel- und Gastronomiebetrieb hinaus. Der Landkreis plant, das Plateau zu einem multifunktionalen Ort zu machen, an dem nicht nur Übernachtungen und Restaurantbesuche möglich sind, sondern auch kulturelle Veranstaltungen. Herzstück dieser Pläne ist der sogenannte „Heinesaal“, ein Mehrzwecksaal mit Platz für bis zu 500 Personen. Hier sollen künftig Konzerte, Tagungen und sogar Theateraufführungen stattfinden. Damit könnte der Brocken ein kultureller Leuchtturm des Harz werden.

Geplante Maßnahmen im Überblick

  • Modernisierung des Brockenhotels mit Fokus auf Barrierefreiheit
  • Bau eines Empfangsgebäudes für Besucher
  • Einrichtung des „Heinesaals“ für Kultur- und Businessveranstaltungen
  • Stärkere Einbindung der Harzer Schmalspurbahnen als Transportpartner
  • Ausbau des Tourismusangebots bei gleichzeitiger Rücksicht auf den Nationalpark

Herausforderungen durch Klima und Standort

Doch so attraktiv die Pläne klingen, der Standort selbst bleibt eine Herausforderung. Das Brockenhotel liegt inmitten des Nationalparks Harz und ist extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt. Erste Schneefälle treten hier oft schon im September auf, und nicht selten hält sich die Schneedecke bis in den April hinein. Die Witterung erschwert sowohl die Logistik für Betreiber als auch den Aufenthalt für Gäste.

Hinzu kommt die exponierte Lage: Sämtliche Waren müssen mit der Brockenbahn oder über Versorgungsfahrten transportiert werden. Diese Besonderheiten machen den Betrieb teurer und logistisch anspruchsvoller als in anderen Regionen des Harz. Neue Betreiber müssen also kreative Konzepte entwickeln, um trotz dieser Rahmenbedingungen attraktiv und wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Perspektiven für Tourismus und Region

Die Entscheidung, die Brockenkuppe in öffentliche Hand zu überführen, hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch symbolische Bedeutung. Für den Harz ist der Brocken ein Aushängeschild und Identifikationsort. Mit den geplanten Investitionen erhofft sich der Landkreis, die Attraktivität der gesamten Region zu steigern. Besonders die Harzer Schmalspurbahnen sollen profitieren: Die Bahn transportiert jährlich Hunderttausende Besucher auf den Gipfel. Durch zusätzliche Veranstaltungen könnte die Auslastung weiter steigen, was langfristig Arbeitsplätze sichert und die touristische Vielfalt im Harz stärkt.

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Stimmen und Meinungen: Zwischen Hoffnung und Skepsis

Während die Politik von einem Aufbruch spricht, sind nicht alle Stimmen unkritisch. In sozialen Medien und Foren äußern Besucher immer wieder Bedenken. Kritisiert wird zum Beispiel, dass Gastronomieangebote auf dem Brocken bisher nicht immer ausreichend organisiert waren. So berichten Gäste von langen Schlangen im Touristensaal oder davon, dass mitgebrachte Speisen nicht erlaubt waren. Solche Erfahrungen zeigen, dass die Alltagstauglichkeit der Angebote künftig stärker in den Blick genommen werden muss.

Auf der anderen Seite gibt es auch viele kreative Ideen von Besuchergruppen. So organisiert die Geocaching-Community regelmäßig ein „Brockenfrühstück“ – ein bewusst schlicht gehaltenes Event, bei dem man sich in aller Frühe auf dem Gipfel trifft, um gemeinsam Kaffee aus Thermoskannen zu trinken und den Sonnenaufgang zu erleben. Solche Formate zeigen, dass der Brocken auch ohne großen Aufwand als Ort für Gemeinschaftserlebnisse funktioniert.

Historische Bedeutung des Brockenhotels

Das Brockenhotel selbst ist mehr als nur eine Unterkunft. Untergebracht im ehemaligen Fernsehturm von 1936, verbindet es Geschichte und Gegenwart. Neben dem klassischen Hotelbetrieb beherbergt der Turm auch ein Café, die „Hexenklause“, sowie eine Aussichtsplattform, die spektakuläre Blicke über den gesamten Harz ermöglicht. Der traditionsreiche „Goethesaal“ wurde in der Vergangenheit für besondere Veranstaltungen genutzt, darunter sogar Rockopern. Diese historische Vielseitigkeit unterstreicht das Potenzial, das die Gebäude auch in Zukunft haben könnten.

Historische Nutzung auf einen Blick

Jahr Nutzung
1936 Bau des Fernsehturms
Nachkriegszeit Nutzung als Hotel und Gastronomie
1989 Symbol der Wiedervereinigung, Öffnung des Brockens
Heute Hotel, Restaurant, Aussichtsplattform, Veranstaltungsräume

Fragen für die Zukunft

Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Wie gelingt es, neue Betreiber für das Hotel und Restaurant zu finden? In welcher Form sollen Kulturveranstaltungen in den Nationalpark Harz integriert werden, ohne dessen Schutzstatus zu gefährden? Und welche Balance zwischen Naturerlebnis und touristischer Infrastruktur wird letztlich den Ausschlag geben? Antworten auf diese Fragen werden darüber bestimmen, wie der Brocken künftig wahrgenommen wird – als ruhiges Naturrefugium oder als lebendiger Veranstaltungsort im Herzen des Harz.

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Der Rückzug des Brockenwirts markiert eine Zäsur, doch er eröffnet auch neue Chancen. Mit dem Landkreis Harz als Eigentümer und den ambitionierten Plänen für Modernisierung und kulturelle Nutzung stehen die Zeichen auf Veränderung. Klar ist: Der Brocken bleibt ein Magnet für Besucher, ein Symbol für den Harz und ein Ort, an dem Geschichte und Zukunft aufeinandertreffen. Entscheidend wird sein, die Vielfalt der Interessen zu berücksichtigen – von den Gästen, die auf ein funktionierendes Hotel hoffen, über die Kulturinteressierten, die neue Veranstaltungen erwarten, bis hin zu den Naturschützern, die den Brocken als einzigartigen Naturraum bewahren wollen.

Der Brocken hat im Laufe der Jahrhunderte viele Rollen gespielt – von mystischem Hexentreffpunkt über militärischen Standort bis hin zum Wahrzeichen der Wiedervereinigung. Nun steht er erneut an einem Wendepunkt. Was auch immer die Zukunft bringt, eines bleibt sicher: Der Brocken wird weiterhin das Herzstück des Harz sein, ein Ort, der Menschen bewegt und inspiriert.

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Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.