Wernigerode

Ein Stück Geschichte geht verloren Schulmuseum Benzingerode schließt nach über 30 Jahren endgültig seine Türen

Wernigerode, 24. November 2025 – Stille liegt über dem alten Schulgebäude im Wernigeröder Ortsteil Benzingerode. Die Holzbänke sind leer, die Schiefertafeln verstaut, die einstigen Unterrichtsmaterialien verpackt in Kisten. Wo früher Kinder lesen und schreiben lernten und später Besucher in die Geschichte des Lernens eintauchten, herrscht nun Leere. Mit der Schließung des Schulmuseums endet ein einzigartiges Kapitel regionaler Bildungskultur.

Ein Museum als Gedächtnis des Dorfes

Seit über drei Jahrzehnten war das Schulmuseum Benzingerode ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens im Ortsteil von Wernigerode. Untergebracht im denkmalgeschützten Gebäude in der Rösentorstraße 19, das bis in die 1990er Jahre als Dorfschule genutzt wurde, vermittelte die Ausstellung einen authentischen Einblick in den Schulalltag vergangener Jahrzehnte. Besucher konnten auf Holzstühlen Platz nehmen, durch alte Lehrbücher blättern und sich vorstellen, wie der Unterricht einst ablief.

Ottmar Wolff, der das Museum knapp 19 Jahre lang betreute, beschreibt den emotionalen Einschnitt mit klaren Worten: „Es ist ein Stück Dorfgeschichte, das verloren geht.“ Damit bringt er die Stimmung vieler Bürgerinnen und Bürger aus Benzingerode auf den Punkt, die das Museum nicht nur als Ausstellungsort, sondern als identitätsstiftenden Ort begriffen.

Ein vertiefender Artikel zum Thema ist hier bei der Volksstimme zu lesen.

Verkauf des Gebäudes als Auslöser

Der Schließung ging ein Verkauf voraus: Die Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode (GWW) hatte im Juli 2024 zwei historische Schulgebäude in Benzingerode veräußert. Eines davon beherbergte das Museum, das andere wurde als Wahllokal, Dorfsitzungslokal und Vereinstreff genutzt. Mit dem Eigentümerwechsel war ungewiss, wie es mit der Nutzung weitergeht – insbesondere für das Schulmuseum. Im Frühjahr 2025 stand schließlich fest: Die Räume werden geräumt, das Museum muss weichen.

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Schon zuvor hatte es Kritik an den Verkaufsplänen gegeben. Viele Bürger fühlten sich nicht ausreichend informiert oder eingebunden. Die Emotionen kochten hoch, da nicht nur das Museum, sondern auch wichtige soziale Treffpunkte im Ort bedroht waren. Trotz Widerstands war der Verkauf nicht aufzuhalten – und die Schließung des Museums nur eine Frage der Zeit.

Ein Museum mit bescheidenem, aber wertvollem Profil

Gegründet im Jahr 1994, war das Museum stets ein kleines, ehrenamtlich getragenes Projekt. Die Besucherzahlen waren überschaubar – laut dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Wernigerode wurden 2022 etwa 100 Besucher gezählt. Dennoch erfüllte das Haus eine wichtige Bildungs- und Erinnerungsfunktion für die Region. Es war kein reines Tourismusziel, sondern vielmehr ein lebendiges Archiv der lokalen Schulgeschichte.

Besonders Schulklassen und geschichtsinteressierte Gruppen nutzten die Möglichkeit, historische Unterrichtssituationen nachzuvollziehen. Führungen wurden nach Vereinbarung angeboten, der Eintritt war frei. In Zeiten wachsender Digitalisierung und Erlebnisorientierung konnte das kleine Museum mit großen Häusern nicht konkurrieren – dafür bot es Authentizität und Nähe.

Ungewisse Zukunft der Sammlung

Was nun mit den Exponaten geschieht, ist unklar. Im Frühjahr war bereits in lokalen Medien zu lesen, dass viele Kulturfreunde aus dem Harz um die Stücke bangen. Es gibt bisher keine öffentliche Information darüber, ob ein Teil der Sammlung in andere Museen überführt oder dezentral gelagert wird. Das macht die Situation für Liebhaber regionaler Geschichte besonders bitter. Der Abtransport erfolgte still – ohne Zeremonie, ohne Abschied.

Ein häufiges Schicksal kleiner Museen

Der Fall des Schulmuseums Benzingerode ist kein Einzelfall. Bundesweit kämpfen kleine Museen mit ähnlichen Herausforderungen. Laut dem Deutschen Museumsbund sind es vor allem die ländlichen Einrichtungen, die unter demografischem Wandel, Personalmangel und steigenden Betriebskosten leiden. Gerade ehrenamtlich betriebene Häuser tun sich schwer, mit den wachsenden Anforderungen an Digitalisierung, Barrierefreiheit und Partizipation Schritt zu halten.

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Hinzu kommt: Die Besucherzahlen sind oft niedrig, staatliche Förderungen schwer zu bekommen, und junge Menschen lassen sich nur selten für die Betreuung historischer Sammlungen begeistern. In einer Analyse des Berliner Museumsverbandes heißt es: „Ohne Modernisierung und Vernetzung drohen kleine Ausstellungen ins Hintertreffen zu geraten.“

Statistik: Herausforderungen kleiner Museen

Herausforderung Auswirkung
Sinkende Besucherzahlen Geringere öffentliche Relevanz und Förderschancen
Hohe Betriebskosten Schließungen oder eingeschränkte Öffnungszeiten
Fehlendes Personal Gefährdung der Betriebsfähigkeit
Digitale Defizite Weniger Reichweite und Bildungswirkung

Ein Ort mit bleibender Bedeutung

Obwohl das Museum nun geschlossen ist, bleibt sein ehemaliger Standort ein geschichtsträchtiger Ort. Das Schulgebäude von 1927 war nicht nur Schauplatz historischer Ausstellungen, sondern diente auch als Kulisse für das MDR-Fernsehen. Im Rahmen einer Landtour wurde Benzingerode medial porträtiert – auch als Ausdruck der kulturellen Vielfalt im Harz.

In Outdoor-Communitys wie Outdooractive wird das Museum zudem als Ausflugsziel erwähnt. Das zeigt: Es hatte nicht nur musealen, sondern auch freizeitkulturellen Wert. Wanderer, Familien und Bildungsinteressierte fanden hier einen Ort der Besinnung und der regionalen Identität.

Antworten auf zentrale Nutzerfragen

Immer wieder wird online nach den Hintergründen der Schließung gefragt. Die häufigste Frage lautet: Warum schließt das Schulmuseum in Benzingerode? Die Antwort ist vielschichtig: Der Verkauf des Gebäudes, rückläufige Besucherzahlen und mangelnde finanzielle Perspektiven führten letztlich zur Entscheidung. Eine andere häufige Frage betrifft die Sammlung selbst: Was passiert mit den Exponaten? Hier bleibt vieles im Dunkeln – bisher gibt es keine Klarheit über die weitere Verwendung.

Auch der Zeitraum des Bestehens ist oft Gegenstand von Online-Suchen. Tatsächlich war das Museum mehr als 30 Jahre aktiv – gegründet 1994 und geführt unter anderem von Ottmar Wolff. Mit ihm verliert die Stadt nicht nur einen Kurator, sondern auch einen Chronisten lokaler Geschichte.

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Was bleibt, wenn Geschichte geht?

Die Schließung des Schulmuseums Benzingerode ist mehr als das Ende einer Ausstellung. Sie markiert einen weiteren Punkt auf der langen Liste verschwundener Kulturorte im ländlichen Raum. Was zurückbleibt, ist ein Gefühl von Verlust – und die Hoffnung, dass die Erinnerung nicht mit dem Gebäude verblasst.

Vielleicht findet sich eines Tages ein neuer Ort, an dem die Geschichte des Lernens in Benzingerode wieder sichtbar wird. Bis dahin bleibt nur der stille Dank an alle, die diesen Ort über Jahre mit Leben gefüllt haben – und das Bewusstsein, wie fragil kulturelles Erbe sein kann, wenn es keinen Platz mehr hat.

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Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.