
Wernigerode/Goslar. Seit der teilweisen Legalisierung von Cannabis in Deutschland erlebt auch der Harz eine neue Bewegung: Die ersten Cannabis-Clubs stehen kurz vor dem offiziellen Start, andere kämpfen noch mit Auflagen und Bürokratie. Die Nachfrage ist groß, doch der Weg zur legalen Abgabe bleibt kompliziert. Wer darf mitmachen, wo entstehen die Clubs – und was bedeutet das für die Region?
Ein Überblick über die neue Cannabis-Kultur im Harz
Im Frühjahr 2025 hat sich die Cannabis-Szene im Harz gewandelt. Zwischen Wernigerode, Goslar und Halberstadt entstehen derzeit mehrere Cannabis Social Clubs (CSC), die sich auf den gemeinschaftlichen, legalen Anbau von Cannabis spezialisiert haben. Diese Vereine sind die ersten legalen Strukturen, die es Konsumentinnen und Konsumenten erlauben, unter staatlicher Aufsicht Cannabis zu beziehen – ein Novum in der Geschichte der Region.
Mit Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes im April 2024 wurde der Weg für gemeinschaftlichen Anbau frei. Seither wurden allein in Sachsen-Anhalt 16 Anträge gestellt, etwa die Hälfte davon ist bereits bewilligt. In Niedersachsen, zu dem der westliche Harz gehört, sind mehrere Projekte im Aufbau. Besonders aktiv zeigt sich der CSC Goslar, der als erster Club im Harz offiziell mit der Abgabe begonnen hat.
Goslar als Vorreiter: Der erste legale Club im Harz
Der Cannabis Social Club Goslar gilt als Pionier für die gesamte Harzregion. Nach monatelangen Umbauarbeiten startete der Verein am 27. März 2025 mit der ersten legalen Abgabe von Cannabisprodukten an seine Mitglieder. Bei einer Kontrolle durch die Landwirtschaftskammer im August 2025 wurde der Club beanstandungsfrei geprüft – ein wichtiger Meilenstein für die gesamte Bewegung.
Der Vorsitzende des Vereins erklärte in einem Interview: „Wir wollen zeigen, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit Cannabis möglich ist – transparent, kontrolliert und sozial verträglich.“ Die Produkte des Vereins stammen aus eigenem, biologischem Anbau, der streng dokumentiert wird. Chemisch-synthetische Pestizide sind verboten, Laboranalysen sind Pflicht. Damit erfüllt der Club sämtliche gesetzlichen Anforderungen.
Ostharz e.V. und Wernigerode: Aufbau und Vision
Auf der sachsen-anhaltischen Seite des Harzes arbeitet der CSC Ostharz e.V. ebenfalls an seiner Etablierung. Der Verein erhielt im Frühjahr 2025 seine Anbaulizenz und begann Ende April mit der ersten Pflanzung. Auch in Wernigerode formiert sich eine Initiative, die sich auf Aufklärung, Prävention und gemeinschaftliches Wachstum konzentriert. Zwar gibt es dort noch keine genehmigte Abgabestelle, doch die Organisation und Öffentlichkeitsarbeit sind bereits gestartet.
Ein Mitglied der Wernigeröder Gruppe schrieb auf Social Media: „Wir wollen einen sicheren Raum für Konsumenten schaffen, fernab des Schwarzmarkts und mit Fokus auf Verantwortung und Aufklärung.“ Diese lokale Initiative zeigt, dass das Thema im Harz längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Was ist ein Cannabis Social Club – und wie funktioniert er?
Ein Cannabis Social Club (CSC) ist ein eingetragener Verein, der gemeinschaftlich Cannabis anbaut und den Ertrag ausschließlich an seine Mitglieder abgibt. Der Zweck ist nicht der Profit, sondern die kontrollierte, sichere Versorgung von Erwachsenen, die Cannabis konsumieren möchten. Damit soll der Schwarzmarkt eingedämmt und der Jugendschutz gestärkt werden.
Mitgliedschaft: Wer darf in den Club eintreten?
Viele Interessierte fragen sich: Wie werde ich Mitglied in einem Cannabis-Club im Harz? Grundsätzlich gilt: Man muss mindestens 18 Jahre alt sein, seinen Wohnsitz in Deutschland haben und darf nur einem Club gleichzeitig angehören. Einige Vereine setzen eine längere Aufenthaltsdauer – etwa sechs Monate – voraus. Touristen sind daher ausgeschlossen. Zudem verlangen viele Clubs ein persönliches Aufnahmegespräch und eine Einverständniserklärung zur Einhaltung der Vereinsregeln.
Wie viel Cannabis darf man im Club beziehen?
Eine weitere häufige Frage lautet: Welche Mengen darf ich als Mitglied eines Cannabis-Clubs monatlich beziehen? Laut Gesetz dürfen Mitglieder bis zu 50 Gramm pro Monat erhalten. Diese Menge ist für den Eigenbedarf gedacht und darf nicht weitergegeben oder verkauft werden. Jeder Club muss Buch darüber führen, wer wie viel Cannabis bezieht. Damit wird eine klare Nachverfolgbarkeit sichergestellt.
Wichtige Auflagen und Pflichten der Clubs
Die gesetzlichen Regelungen für Clubs im Harz sind streng. Sie dürfen maximal 500 Mitglieder haben, müssen über gesicherte Anbauflächen verfügen und alle Abläufe dokumentieren. Hinzu kommt der Jugendschutz: Der Abstand zu Schulen und Kindergärten muss gewahrt bleiben, Werbung ist untersagt, und Präventionsangebote sind Pflicht. Die Behörden führen regelmäßige Kontrollen durch.
Überblick über die wichtigsten Auflagen für CSCs im Harz
| Vorgabe | Beschreibung |
|---|---|
| Mitgliederzahl | Maximal 500 pro Club |
| Abgabemenge | Bis zu 50 Gramm pro Mitglied/Monat |
| Jugendschutz | Keine Minderjährigen, Abstand zu Schulen |
| Konsumverbot | Kein Konsum in Clubräumen erlaubt |
| Dokumentationspflicht | Erfassung von Anbau und Abgabe |
Stimmen und Erfahrungen aus der Community
In Foren und sozialen Netzwerken diskutieren viele Konsumenten über ihre Erfahrungen und Erwartungen. Auf der Plattform „CannabisAnbauen.net“ schreiben Mitglieder über organisatorische Hürden und die Suche nach geeigneten Räumen. Einer der Nutzer fasst es so zusammen: „Viele Clubs sind noch im Aufbau, keiner weiß genau, welche Auflagen als Nächstes kommen – aber die Gemeinschaft wächst.“
In einem Reddit-Thread äußerte sich ein Berliner Konsument kritisch: „Die Legalisierung ist bislang eine Farce. Es gibt kaum funktionierende Clubs, die Bürokratie bremst alles aus.“ Dieser Frust spiegelt die Stimmung vieler wider, die auf Fortschritte warten. Dennoch zeigt die Entwicklung im Harz, dass zumindest auf regionaler Ebene Bewegung entsteht.
Wie der Harz von der Entwicklung profitieren könnte
Die Etablierung der Cannabis-Clubs könnte für den Harz auch wirtschaftlich interessant werden. Neue Arbeitsplätze entstehen im Bereich Anbau, Qualitätskontrolle und Verwaltung. Zudem könnten sich Tourismus und Gastronomie indirekt anpassen – allerdings nur in Form von Informationsveranstaltungen oder Präventionsprojekten, da der Verkauf an Touristen weiterhin verboten bleibt.
Langfristig könnte der Harz durch die neuen Strukturen eine Vorreiterrolle für kontrollierte Cannabispolitik in ländlichen Regionen übernehmen. Während Großstädte mit Überlastung kämpfen, zeigen Vereine wie in Goslar oder Wernigerode, dass der gemeinschaftliche Ansatz im kleineren Rahmen funktionieren kann.
Statistiken und Tendenzen: Deutschland im europäischen Vergleich
Bundesweit sind aktuell rund 234 Anbauvereine genehmigt – bei über 650 gestellten Anträgen. Das zeigt, wie komplex und langwierig der Genehmigungsprozess ist. Laut einer internationalen Studie planen etwa 44 Prozent der regelmäßigen Cannabis-Konsumenten in Deutschland, einem Social Club beizutreten. Weitere 27 Prozent der Gelegenheitskonsumenten bekunden Interesse.
Damit entsteht eine enorme Nachfrage, die das bestehende Angebot derzeit bei Weitem übersteigt. Für den Harz bedeutet das: Die bereits gegründeten Clubs werden voraussichtlich sehr schnell ihre Kapazitätsgrenzen erreichen.
Fragen und Antworten, die viele im Harz bewegen
- Gibt es bereits einen legalen Cannabis-Club im Harz? – Ja, in Goslar ist der erste Club aktiv, im Ostharz steht der Start bevor.
- Darf ich im Club selbst konsumieren? – Nein, Konsum ist in den Räumen des Vereins verboten.
- Welche Schutzmaßnahmen gibt es? – Clubs müssen Präventionskonzepte vorlegen, Minderjährige sind ausgeschlossen, Kontrollen erfolgen regelmäßig.
- Wie läuft die Anmeldung ab? – Interessierte müssen meist ein Formular ausfüllen, sich persönlich vorstellen und den Mitgliedsbeitrag zahlen.
Die Herausforderungen für Verwaltung und Politik
Die Kommunen im Harz stehen nun vor neuen Aufgaben. Die Genehmigung, Überwachung und Beratung der Clubs beansprucht zusätzliche Ressourcen. Besonders kleinere Städte wie Blankenburg oder Clausthal-Zellerfeld verfügen nur über begrenzte Verwaltungskapazitäten. Daher fordern Landespolitiker eine Vereinfachung der Verfahren und mehr Unterstützung für lokale Behörden.
Gleichzeitig gibt es Diskussionen über die gesellschaftlichen Auswirkungen. Kritiker befürchten steigenden Konsum, Befürworter sehen eine Chance, den Schwarzmarkt zu schwächen und Konsumenten besser zu schützen. Beide Seiten eint der Wunsch nach klaren Regeln und verlässlicher Kontrolle.
Wie sich der Harz langfristig positionieren könnte
Wenn die Clubs erfolgreich arbeiten, könnte der Harz ein Beispiel für andere ländliche Regionen werden. Mit transparenten Prozessen, gemeinschaftlicher Verantwortung und lokalem Engagement könnten die Vereine beweisen, dass Legalisierung nicht Chaos bedeutet, sondern Ordnung schaffen kann.
Fazit: Der Harz steht am Anfang einer neuen Ära
Die Cannabis-Clubs im Harz markieren den Beginn eines neuen gesellschaftlichen und rechtlichen Verständnisses im Umgang mit Cannabis. Zwischen Aufbruch und Skepsis bewegen sich Bürger, Verwaltung und Politik auf unbekanntem Terrain. Der Erfolg hängt davon ab, wie konsequent Regeln eingehalten und wie verantwortungsvoll Gemeinschaften agieren.
Während in Städten wie Berlin oder Hamburg noch viele Clubs auf Genehmigungen warten, zeigt der Harz bereits Mut zur Umsetzung. Die Region könnte zum Vorbild werden – für einen kontrollierten, sicheren und transparenten Umgang mit Cannabis. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, hängt davon ab, wie sehr Behörden, Vereine und Mitglieder gemeinsam wachsen – im wahrsten Sinne des Wortes.







