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Harz | Illegales “Rainbow Family”-Camp im Nationalpark sorgt für Aufsehen

Im Sommer 2024 versammelten sich bis zu 2.000 Mitglieder der „Rainbow Family“ in einem rund 200 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet bei Bad Grund im Harz. Das sogenannte „Rainbow Gathering“ dauerte etwa drei Wochen und endete Anfang September. Die internationale Bewegung, die sich seit den 1970er Jahren für ein friedliches, naturverbundenes Leben einsetzt, hatte ursprünglich geplant, sich im Solling niederzulassen, wurde jedoch von dort vertrieben und wich in den Harz aus.

Die Behörden der Landkreise Göttingen und Goslar reagierten mit Betretungsverboten, dem Abschleppen von Fahrzeugen und der Konfiszierung von Zelten. Trotz dieser Maßnahmen blieb ein Großteil der Teilnehmer vor Ort. Besonders kritisch wurde ein geplantes Ritualfeuer zur Vollmondnacht betrachtet, das aufgrund der Waldbrandgefahr von der Polizei verhindert wurde. Ein Bild, das in Erinnerung bleibt: „Da stehen 1.000 zum Teil halbnackte Menschen, singen und gucken zu, wie ein kleines Lagerfeuer mit Polizeischutz gelöscht wird.“

Nach dem Ende des Camps zogen die Behörden eine gemischte Bilanz. Zwar wurde kein Plastikmüll hinterlassen, jedoch wurden etwa fünf Tonnen Fäkalien in sogenannten „Shit Pits“ vergraben, was zu einem erhöhten Nitratgehalt im Boden führte. Zudem wurden Moosflächen zerstört, Bäume gefällt und Wasserquellen umgeleitet. Michael Rudolph von den Landesforsten kommentierte: „Der Zustand ist nicht so wie er versprochen wurde – besser als vorher – sondern es gibt Beeinträchtigungen in der Natur hier im Lebensraum Wald.“

Die Kosten für die Landkreise beliefen sich auf rund 58.000 Euro, wobei allein der Landkreis Göttingen etwa 28.000 Euro für Material, Abschleppdienste und Sicherheitsmaßnahmen aufwenden musste. Hinzu kommen 110 Bußgeldverfahren, 70 konfiszierte Zelte und 97 abgeschleppte Fahrzeuge. Eine vollständige Räumung wurde aus Kostengründen und aufgrund des unwegsamen Geländes nicht durchgeführt.

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Kritik gab es auch am Umgang mit der Presse. Journalisten wurde zeitweise der Zugang zum Gelände verwehrt, was Fragen zur Pressefreiheit aufwarf. Das niedersächsische Innenministerium forderte eine Stellungnahme vom Landkreis Göttingen zu diesem Vorgehen.

Ökologische Folgen über Jahre hinweg

Experten warnen, dass die Folgen für die Natur noch lange nachwirken könnten. Besonders betroffen seien sensible Waldböden und geschützte Pflanzenarten, die durch das Betreten abseits ausgewiesener Wege dauerhaft geschädigt wurden. Der zuständige Förster spricht von einer Regenerationszeit von bis zu zehn Jahren für einige Bereiche. Auch die Tierwelt wurde gestört: Seltene Vogelarten verließen während der Brutzeit das Gebiet, was langfristige Auswirkungen auf die Artenvielfalt haben könnte.

Debatte um das Versammlungsrecht

Das Gathering wirft auch rechtliche Fragen auf. Während die Bewegung sich auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit beruft, sehen Kritiker eine Grenzüberschreitung bei der Nutzung öffentlicher Flächen. Politiker fordern nun eine präzisere gesetzliche Grundlage für Großveranstaltungen in Schutzgebieten. Auch die Rolle der Polizei steht in der Diskussion – zwischen Deeskalation und dem Schutz des öffentlichen Raums.

Wie geht es weiter?

Die „Rainbow Family“ kündigte an, sich frühestens in 18 Jahren wieder im Harz zu treffen, um der Natur ausreichend Erholung zu ermöglichen. Unklar bleibt, ob künftige Gatherings überhaupt noch genehmigt werden. Behörden sprechen sich für klare Rahmenbedingungen und vorab abgestimmte Standorte aus, um spontane Inbesitznahmen sensibler Gebiete zu vermeiden. Für die Region Harz bleibt das Gathering ein Ereignis, das sowohl fasziniert als auch nachdenklich stimmt – über das Spannungsfeld von Freiheit, Ökologie und Rechtsstaatlichkeit.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.