Goslar

Mindestgebot liegt bei einer Million Euro Verkauf: Landkreis Goslar sucht Investor für die BBS Seesen

Seesen, 11. November 2025 – Noch hallen die Schritte auf den Fluren der Berufsbildenden Schulen (BBS) Seesen, während draußen das Herbstlicht über den Hof fällt. In diesen Räumen haben Generationen von Jugendlichen ihre Ausbildung begonnen. Jetzt könnte das Gebäude, das seit den 1960er-Jahren ein fester Bestandteil der Stadt ist, bald einen neuen Eigentümer finden. Der Landkreis Goslar hat offiziell das Interessenbekundungsverfahren eröffnet – mit einem Mindestgebot von einer Million Euro.

Ein historischer Schulstandort steht zum Verkauf

Das Schulgebäude an der Hochstraße 6 in Seesen umfasst ein Grundstück von rund 18.391 Quadratmetern, davon sind knapp 3.000 Quadratmeter bebaut. Errichtet wurde der Komplex im Jahr 1960 – dreiflügelig, unterkellert, mit einer Bruttogrundfläche von 10.770 Quadratmetern. Denkmalgeschützt ist das Objekt nicht. Laut Angaben des Landkreises gilt der Zustand als sanierungsbedürftig, weshalb man sich für den Verkauf entschieden hat.

Das Verfahren läuft nicht als klassische Auktion, sondern als sogenanntes Interessenbekundungsverfahren. Das bedeutet: potenzielle Käufer können bis zum 31. Dezember 2025 verbindliche Angebote abgeben. Unterlagen zur Finanzierung müssen vorgelegt werden – wer das Mindestgebot von einer Million Euro nicht erreicht, wird nicht berücksichtigt. Der Landkreis behält sich außerdem vor, Teilflächen weiterhin selbst zu nutzen.

Schulbetrieb soll am Standort fortgeführt werden

Entgegen mancher Befürchtungen bleibt der Unterrichtsbetrieb erhalten. Der Landkreis plant, nach einem möglichen Verkauf etwa 1.300 Quadratmeter des Gebäudes anzumieten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Ausbildung vor Ort fortgeführt werden kann. Diese Entscheidung wurde bereits im Kreistag einstimmig befürwortet. „Der Eigenbetrieb der Außenstelle soll gesichert bleiben“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung.

Die BBS Seesen hat in der Region eine besondere Bedeutung: Hier werden seit Jahrzehnten unter anderem Zweiradmechatroniker, Metalltechniker und Fachschüler ausgebildet. Zahlreiche ehemalige Schüler geben in sozialen Netzwerken an, dass sie ihre berufliche Laufbahn an dieser Schule begonnen haben – viele von ihnen nutzten die Ausbildung als Sprungbrett für Studium oder Selbstständigkeit.

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Sanierungsbedarf als Auslöser für den Verkauf

Der entscheidende Grund für den geplanten Verkauf liegt im Zustand des Gebäudes. Bereits in früheren Gutachten wurde ein Investitionsbedarf von bis zu 40 Millionen Euro genannt. Diese Summe hätte der Landkreis aus eigener Kraft nicht aufbringen können. Stattdessen wählte man nun die wirtschaftlichere Variante: Verkauf an einen Investor und Rückmiete der benötigten Schulflächen. So soll der Standort erhalten, aber zugleich die finanzielle Belastung reduziert werden.

Politische Unterstützung und öffentliche Debatte

Die Entscheidung trifft auf breite politische Zustimmung. Besonders die CDU-Kreistagsfraktion sprach sich früh für den Erhalt des Standorts aus – auch mit Blick auf die Ausbildungsvielfalt im westlichen Harzgebiet. Die Fraktion betonte, dass „eine klare Strategie für den Standort notwendig ist“, um ihn dauerhaft zu sichern. Auch SPD-Vertreter und lokale Initiativen äußerten sich auf Social Media positiv über das Modell „Verkaufen, um zu bleiben“.

Gleichzeitig gibt es Stimmen aus der Bevölkerung, die sich besorgt zeigen. In Kommentaren lokaler Facebook-Gruppen wird diskutiert, ob der Verkauf langfristig zu Einschränkungen für die Schüler führen könnte. Viele Bürger verbinden mit dem Gebäude ein Stück lokaler Bildungsgeschichte – und hoffen, dass ein neuer Eigentümer die Nutzung für Bildungszwecke unterstützt.

Hintergrund: Bildungslandschaft im Wandel

Der Schritt des Landkreises fällt in eine Zeit des Umbruchs für berufliche Schulen. Laut aktueller Schülerstatistik des Landkreises wechseln immer weniger Jugendliche direkt nach der Schule in eine duale Ausbildung. Im Schuljahr 2021/22 lag der Anteil der Absolventen, die unmittelbar eine Lehre begannen, unter 75 Prozent. Diese Entwicklung beeinflusst auch die Kapazitätsplanung in Einrichtungen wie der BBS Seesen. Der Verkauf kann daher auch als Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen verstanden werden.

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Fakten im Überblick

Adresse Hochstraße 6, 38723 Seesen
Grundstücksgröße 18.391 m² (davon ca. 2.955 m² bebaut)
Gebäudefläche ca. 10.770 m² Bruttogrundfläche
Baujahr 1960
Mindestgebot 1 Million Euro
Frist für Angebote 31. Dezember 2025
Weiterer Schulbetrieb Geplant mit Rückmietmodell

Gesellschaftliche Verankerung bleibt stark

Auf den Social-Media-Seiten der Stadt Seesen und des Landkreises zeigt sich die BBS Seesen als lebendiger Teil des Gemeinwesens: Schülerinnen und Schüler beteiligen sich an Stadtaktionen, Sportprojekten und Umweltinitiativen. Beim jüngsten Kilometer-Sammelwettbewerb belegte die Schule den dritten Platz – ein kleines, aber sichtbares Zeichen für Engagement und Zusammenhalt. Diese Präsenz spiegelt wider, warum viele Seesener hoffen, dass der Standort nicht nur formal, sondern auch emotional erhalten bleibt.

Ausblick auf mögliche Entwicklungen

Wie es mit der BBS Seesen weitergeht, hängt nun von der Resonanz des Marktes ab. Bis Ende 2025 können Investoren ihre Angebote einreichen. Der Landkreis verspricht, alle ernsthaften Interessensbekundungen sorgfältig zu prüfen. Klar ist: Ein Verkauf unter einer Million Euro ist ausgeschlossen. Mit der gewählten Lösung – Verkauf und Rückmiete – hofft die Kreisverwaltung, die Zukunft des Bildungsstandorts langfristig zu sichern.

Während die Entscheidung bei potenziellen Investoren liegt, bleibt die Botschaft aus Politik und Verwaltung eindeutig: Die BBS Seesen soll ein Ort der Ausbildung bleiben – auch unter neuer Eigentümerschaft. Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich ein Käufer findet, der dieses Ziel teilt und die Geschichte des Hauses fortschreibt, in dem seit über sechzig Jahren Lernen, Handwerk und Gemeinschaft zuhause sind.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.