
Magdeburg/Harz – Zum bundesweiten Tag der Selbsthilfe stehen in Sachsen-Anhalt die Krebs-Selbsthilfegruppen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Sie bieten Betroffenen und Angehörigen nicht nur Austausch und emotionale Unterstützung, sondern auch praktische Hilfe in schwierigen Lebenssituationen. Besonders im Harz und den ländlichen Regionen des Landes zeigt sich, wie wichtig solche Netzwerke für die Menschen sind.
Selbsthilfe im Harz und in Sachsen-Anhalt: Ein starkes Netzwerk
Vielfalt der Gruppen und Angebote
Unter dem Dach der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft sind heute rund 100 Selbsthilfegruppen aktiv. Sie sind über das gesamte Bundesland verteilt, von Halle bis Magdeburg und in kleineren Städten wie Sangerhausen. Auch im Harz haben sich über die Jahre mehrere Gruppen etabliert, die für Betroffene unverzichtbare Anlaufstellen darstellen. Ihre Angebote sind vielfältig: von Gesprächskreisen über sportliche Aktivitäten wie Rudern oder Wandern bis hin zu kreativen Projekten und kulturellen Veranstaltungen.
Das Besondere an diesen Gruppen ist die Nähe, die sie schaffen. Wer an Krebs erkrankt, erlebt häufig Isolation und ein Gefühl des Kontrollverlusts. In der Selbsthilfe können Betroffene nicht nur Erfahrungen austauschen, sondern auch voneinander lernen und neue Perspektiven gewinnen. So wird aus dem Leid eine Form von Handlungsmacht, die das psychische Wohlbefinden stärkt.
Unterstützung durch die Sachsen-Anhaltische Krebsgesellschaft
Die Sachsen-Anhaltische Krebsgesellschaft (SAKG) unterstützt die Selbsthilfegruppen in vielerlei Hinsicht. Sie hilft bei der Gründung neuer Gruppen, bietet finanzielle Starthilfen, organisiert Fortbildungen und unterstützt bei Förderanträgen. Zudem stellt sie Beratungsangebote bereit, die von psychosozialer und sozialrechtlicher Beratung bis hin zur Supervision für Gruppenleiter reichen. Auch Informations- und Werbematerialien werden zentral zur Verfügung gestellt, damit die Arbeit vor Ort professionell und nachhaltig erfolgen kann.
Regionale Perspektiven: Der Harz als Beispiel
Herausforderungen in ländlichen Regionen
Gerade im Harz und anderen ländlichen Teilen Sachsen-Anhalts ist der Zugang zu Selbsthilfegruppen nicht immer einfach. Beratungsstellen sind oft weit entfernt, sodass Betroffene lange Wege zurücklegen müssen. Laut Berichten sind in Sachsen-Anhalt sechs Beratungsstellen regelmäßig besetzt, während etwa zehn weitere nur einmal im Monat geöffnet haben. Diese geografischen Hürden erschweren es, regelmäßig an Treffen teilzunehmen.
Hier spielen digitale Lösungen eine immer wichtigere Rolle. Facebook-Gruppen oder geschlossene Foren bieten den Vorteil, dass auch Menschen in abgelegenen Regionen Anschluss finden. Dennoch betonen viele Betroffene, dass digitale Treffen persönliche Begegnungen nicht ersetzen können. „Ein Händedruck, ein direktes Gespräch – das schafft Vertrauen, das online kaum möglich ist“, schilderte eine Betroffene in einem Erfahrungsbericht.
Das Ende einer Gruppe in Havelberg
Ein Beispiel für die Herausforderungen ist die Frauenselbsthilfe Krebs in Havelberg, die sich nach über 30 Jahren auflöste. Gründe waren die Überalterung, sinkende Teilnehmerzahlen und fehlender Nachwuchs in der Leitung. Für viele war dieser Schritt ein tiefer Einschnitt. Denn mit dem Wegfall solcher Gruppen verlieren Betroffene nicht nur den Austausch, sondern auch einen Ort, an dem man Trost und Verständnis findet. Im Harz und anderswo wird deshalb intensiv diskutiert, wie man Gruppen stabilisieren und erhalten kann.
Strukturen und Themenschwerpunkte der Selbsthilfe
Gruppen für verschiedene Zielgruppen
Die Angebote richten sich längst nicht mehr nur allgemein an „Krebskranke“. Inzwischen gibt es spezialisierte Gruppen, etwa für junge Erwachsene zwischen 18 und 39 Jahren, für Männer mit Krebs, für berufstätige Frauen oder für Angehörige krebskranker Kinder. Daneben existieren thematische Gruppen, die sich auf Fatigue, also extreme Erschöpfung, oder auf Patienten nach Stammzell- oder Knochenmarktransplantation konzentrieren.
Beispiele für spezielle Gruppen
- Selbsthilfegruppe für junge Erwachsene mit und nach Krebs (Magdeburg)
- Selbsthilfegruppe für berufstätige Frauen
- Fatigue-Gruppe für Betroffene mit chronischer Erschöpfung
- Gruppen für Angehörige von Kindern mit Krebs
Diese Vielfalt sorgt dafür, dass sich Betroffene dort wiederfinden, wo ihre spezifischen Fragen und Sorgen im Mittelpunkt stehen. Gerade im Harz ist der Bedarf an solchen spezialisierten Angeboten groß, weil die Wege zu Fachkliniken oft weit sind.
Praktische Hilfe und Austausch
Selbsthilfegruppen helfen nicht nur auf der emotionalen Ebene. Sie geben auch Tipps zum Umgang mit Nebenwirkungen, zur Ernährung während einer Therapie oder zu sozialrechtlichen Fragen. Viele Betroffene entwickeln durch ihre Erfahrung Fachwissen und werden zu Expertinnen und Experten in eigener Sache. Dieses Wissen geben sie an Neulinge weiter – ein unschätzbarer Wert, der in keinem Ratgeber so authentisch zu finden ist.
Studienlage und gesellschaftliche Bedeutung
Positive Wirkung wissenschaftlich belegt
Studien bestätigen, dass Selbsthilfegruppen bei Krebs das Gefühl von Kontrolle und Handlungsmacht stärken. Viele Betroffene berichten, dass sie durch die Gruppe ein Stück Normalität zurückgewinnen. Neben der psychischen Stabilität spielen auch soziale Aspekte eine große Rolle: Isolation wird reduziert, neue Freundschaften entstehen, und die Teilnahme an Aktivitäten wie Sport oder kreativen Projekten fördert die körperliche Gesundheit.
Im Harz, wo die sozialen Netzwerke enger sind, haben Selbsthilfegruppen zudem eine identitätsstiftende Funktion. Sie verbinden Menschen aus kleinen Orten, die sonst wenig Austauschmöglichkeiten hätten, und schaffen ein regionales Bewusstsein für das Thema Krebs.
Statistische Einblicke
Laut Jahresbericht der SAKG waren Ende 2022 insgesamt 37 Krebs-Selbsthilfegruppen offiziell gemeldet. Die Zahl hat sich seitdem stabilisiert, doch gleichzeitig gibt es in einzelnen Regionen Rückgänge, wie das Beispiel Havelberg zeigt. Fördermitglieder, sowohl natürliche als auch juristische, tragen finanziell zur Unterstützung bei. Die Nachfrage nach Beratung wächst, insbesondere in ländlichen Gebieten.
Häufig gestellte Fragen zur Selbsthilfe
Wie finde ich eine Krebs-Selbsthilfegruppe in meiner Nähe in Sachsen-Anhalt?
Die Suche erfolgt über die SAKG oder über regionale Selbsthilfekontaktstellen. Diese stellen Informationen zu Gruppen im Harz, in Halle, Magdeburg oder kleineren Städten bereit.
Gibt es spezielle Selbsthilfegruppen für junge Erwachsene?
Ja, insbesondere in Magdeburg gibt es Gruppen für die Altersgruppe 18 bis 39 Jahre. Hier geht es um Themen wie Familie, Partnerschaft und Beruf, die in der klassischen Selbsthilfe oft weniger im Vordergrund stehen.
Wie oft und wo finden Treffen statt?
Viele Gruppen treffen sich monatlich. Orte sind Gemeindehäuser, Beratungsstellen oder Kliniken. In ländlichen Regionen wie dem Harz werden auch Cafés oder Freizeitstätten genutzt, um eine wohnortnahe Begegnung zu ermöglichen.
Welche Vorteile bieten Präsenzgruppen gegenüber digitalen Angeboten?
Digitale Gruppen sind wichtig, um räumliche Hürden zu überwinden. Doch persönliche Treffen bieten emotionale Nähe und direkte Unterstützung, die online schwer zu ersetzen ist.
Wie gründet man eine neue Selbsthilfegruppe?
Interessierte können sich an die SAKG wenden, die Beratung und Starthilfe bietet. Man benötigt motivierte Mitglieder, einen Ansprechpartner und einen festen Treffpunkt. Auch im Harz ist die Gründung neuer Gruppen ausdrücklich erwünscht, um die Versorgung zu verbessern.
Wer trägt die Kosten für Selbsthilfegruppen?
Finanzierung erfolgt über Fördermittel, Zuschüsse der Krebsgesellschaft, Spenden und ehrenamtliches Engagement. Auch Fördermitglieder tragen zur Finanzierung bei.
Der Tag der Selbsthilfe 2025
Ein bundesweites Signal
Am 16. September 2025 wird der Tag der Selbsthilfe erstmals bundesweit begangen. Mit dem Motto „Gemeinsam stark“ wollen die Initiatoren zeigen, wie wertvoll Selbsthilfe ist. In Sachsen-Anhalt und auch im Harz sind zahlreiche Veranstaltungen geplant: Infostände, Tage der offenen Tür, Vorträge und kulturelle Angebote.
Die Aktionen sind eingebettet in die Woche des bürgerschaftlichen Engagements. Sie sollen nicht nur bestehende Gruppen stärken, sondern auch neue Menschen motivieren, sich zu engagieren oder eine Gruppe zu gründen.
Stimmen aus den Gruppen
„Wir sind mehr als nur eine Gesprächsrunde. Hier finden Menschen wieder Mut und Hoffnung, wenn sie meinen, alles verloren zu haben“, erklärte eine Gruppenleiterin im Harz. Solche Stimmen verdeutlichen, dass Selbsthilfegruppen mehr sind als bloße Treffpunkte. Sie sind Orte der Solidarität, die den Alltag der Betroffenen nachhaltig prägen.
Ausblick und Zukunft
Wie geht es weiter mit den Selbsthilfegruppen im Harz?
Die Zukunft hängt davon ab, ob es gelingt, jüngere Generationen einzubinden und digitale sowie analoge Angebote sinnvoll zu verbinden. Im Harz wird es besonders wichtig sein, wohnortnahe Angebote zu schaffen und gleichzeitig Online-Lösungen auszubauen. Auch die Sicherung der Finanzierung und die Gewinnung neuer ehrenamtlicher Leiterinnen und Leiter werden entscheidend sein.
Schlussfolgerung: Die Selbsthilfe als tragende Säule
Selbsthilfegruppen für Krebserkrankte sind in Sachsen-Anhalt und speziell im Harz eine tragende Säule der Gesundheitsversorgung jenseits der Kliniken. Sie geben Betroffenen Halt, Orientierung und neue Perspektiven. Trotz Herausforderungen wie Überalterung oder ländlicher Distanz bleibt ihre Bedeutung unbestritten. Mit dem bundesweiten Tag der Selbsthilfe erhalten diese Gruppen die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Er zeigt, dass gegenseitige Unterstützung nicht nur eine Ergänzung zum Gesundheitssystem ist, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil im Leben vieler Menschen.