
Ein Kraftwerk für sauberes Wasser
Was vielen nicht bewusst ist: Hinter dem Wasser aus dem Hahn steckt ein hochkomplexes Versorgungssystem, das auf jahrzehntelanger Ingenieurskunst, gezieltem Rohwasser-Management und ständig optimierter Infrastruktur beruht. Das Wasserwerk Wienrode spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Im Jahr 1965 in Betrieb genommen, ist Wienrode heute eines der leistungsfähigsten Aufbereitungswerke Deutschlands. Mit einer maximalen Tagesleistung von bis zu 180.000 Kubikmetern Trinkwasser sichert das Werk die Versorgung von rund 2,5 Millionen Menschen in Mitteldeutschland. Es ist Teil des Fernwasserversorgungssystems der Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz GmbH (FEO), das sich über mehr als 800 Kilometer Leitungsnetz erstreckt.
Rohwasser aus dem Harz: Die Rappbodetalsperre als Quelle
Die wichtigste Rohwasserquelle des Wasserwerks ist die Rappbodetalsperre – die größte Talsperre Deutschlands. Über einen 3,1 Kilometer langen Entnahmetunnel gelangt das Wasser direkt ins Werk Wienrode, wo es aufwendig gefiltert, aufbereitet und analysiert wird. Die Wasserqualität ist dabei bemerkenswert: Mit einer Wasserhärte von nur 3–4 °dH gilt es als besonders weich – ein Vorteil für Haushaltsgeräte und Industrieanlagen.
Weitere Quellen im Verbundsystem
Ergänzt wird das Harzwasser durch weitere Werke wie Torgau-Ost und Mockritz. Letzteres greift auf ein Netzwerk aus 42 Tiefbrunnen zurück und liefert pro Stunde rund 750 Kubikmeter Uferfiltrat. Diese Vielfalt ermöglicht eine flexible Versorgung und Ausfallsicherheit, auch in extremen Wettersituationen.
Versorgungssicherheit trotz Trockenheit
Die heißen und trockenen Sommer der vergangenen Jahre stellten die Wasserversorgung vor neue Herausforderungen. Doch Wienrode blieb stabil. Laut internen Berichten war die Rappbodetalsperre selbst in Trockenzeiten mit rund 75 % Füllstand ausreichend gefüllt, um ein ganzjähriges Versorgungsniveau zu gewährleisten.
„Im Ostharz waren die Talsperren mit rund 81 Millionen Kubikmetern Wasser zu etwa 75 % gefüllt – das reichte für ein komplettes Trinkwasserjahr.“ – FEO-Pressesprecherin
Die Fernwasserversorger reagierten zusätzlich mit Drucksteuerungen, Spitzenlastregelungen und dem Aufbau strategischer Reserven. Ein Beispiel dafür ist die 2023 gegründete Wasserwerk Besitz- und Betriebsgesellschaft (WWB), ein Joint Venture der FEO und Stadtwerke Halle. Ziel ist es, das Wasserwerk Halle-Beesen als Spitzenlastreserve zu reaktivieren – ein zukunftsorientierter Schritt zur Erhöhung der Redundanz im Versorgungssystem.
Technik auf dem neuesten Stand
Wienrode ist heute ein Paradebeispiel für moderne Trinkwasseraufbereitung. Im Werk selbst werden täglich durchschnittlich 125.000 Kubikmeter Rohwasser verarbeitet. Eine Kombination aus Sedimentation, Filtration, UV-Desinfektion und ständiger Laborkontrolle sichert eine gleichbleibend hohe Qualität.
Überblick: Technische Kennzahlen des Wasserwerks Wienrode
Kennzahl | Wert |
---|---|
Inbetriebnahme | 1965 |
Tägliche Maximalleistung | 180.000 m³ |
Durchschnittlich gefördertes Wasser | 125.000 m³/Tag |
Versorgte Menschen | ca. 2,5 Mio. |
Netzlänge (gesamt) | ca. 800 km |
Wasserhärte | 3–4 °dH (weich) |
Herausforderung Klimawandel
Ein bislang wenig beachteter Faktor ist der Einfluss steigender Temperaturen auf die Rohwasserqualität. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) warnten bereits, dass sich durch den Klimawandel die Wassertemperaturen in der Rappbodetalsperre deutlich erhöhen könnten – mit Folgen für Algenwachstum und Nährstoffhaushalt.
„Die Trinkwasserversorgungsanlage ist so aufgebaut, dass auch künftig mögliche Verunreinigungen entfernt werden.“ – Matthias Krüger, FEO
Die Betreiber setzen auf kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Aufbereitungstechnologien. Gleichzeitig betonen sie die hohe Qualitätssicherung durch eigene Labore und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Talsperrenbetrieb.
Investitionen in die Zukunft
Die FEO investiert kontinuierlich in die Erweiterung und Erneuerung des Versorgungsnetzes. Allein im Jahr 2021 wurden über 13 Millionen Euro in neue Leitungsabschnitte und technische Modernisierung investiert. Ein aktuelles Projekt ist die Parallelleitung bei Bernburg, die eine verbesserte Ausfallsicherheit und Versorgungskapazität bringen soll.
Schutz durch Strukturwandel
In Sachsen-Anhalt hat sich die Zahl der Wasserversorgungsanlagen seit 1990 drastisch reduziert – von 699 auf nur noch 98 zentrale Anlagen. Der Grund: technischer Fortschritt, sinkender Pro-Kopf-Verbrauch und gezielte Fusionen. Die FEO hat sich in diesem Prozess als überregionaler Versorger mit stabiler Struktur behauptet.
Alltagstauglichkeit und Nutzermeinungen
Auch außerhalb der offiziellen Stellen wird das Wasser aus dem Harz hoch geschätzt. In Outdoor-Foren berichten Wanderer regelmäßig, dass das Quellwasser im Harz hervorragend schmecke und problemlos getrunken werden könne – ein Hinweis auf die Ursprungsqualität, die im Wasserwerk weiter veredelt wird.
„Die Wasserqualität im Harz ist ziemlich gut, aus den Quellen kann man eigentlich ohne Probleme Wasser entnehmen.“ – Nutzer in einem Outdoor-Forum
Zugleich zeigen Diskussionen, dass das Wasser nicht überall gleich ist. Die Praxis, Wasserströme aus unterschiedlichen Quellen zu mischen, ist ein bewusst eingesetztes Mittel zur Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte und zur Optimierung der Gesamtqualität.
Ein Jubiläum mit Bedeutung
Im Sommer 2025 feiert das Wasserwerk Wienrode sein 60-jähriges Bestehen. Geplant sind öffentliche Führungen, ein Tag der offenen Tür und Fachveranstaltungen, bei denen die Bedeutung der Fernwasserversorgung für die Region sichtbar gemacht werden soll.
In einer Zeit, in der Versorgungssicherheit, Wasserknappheit und Klimaresilienz zunehmend in den Mittelpunkt rücken, ist das Wasserwerk Wienrode nicht nur ein technisches Bauwerk, sondern ein Symbol für eine nachhaltige Daseinsvorsorge – weit über die Harzregion hinaus.
Mehr als nur Wasser aus dem Hahn
Das Wasserwerk Wienrode beweist seit sechs Jahrzehnten eindrucksvoll, wie moderne Technik, gute Planung und regionale Ressourcen eine verlässliche Versorgung ermöglichen. Angesichts von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und industriellem Wandel kommt Wienrode künftig sogar eine noch größere Rolle zu.
Wer also in Leipzig, Halle oder Magdeburg den Wasserhahn aufdreht, sollte wissen: Ein Teil dieses Lebenselixiers beginnt seine Reise in den Tiefen des Harzes – im Wasserwerk Wienrode.