Quedlinburg

200 Jahre Pflanzenforschung Julius Kühn und das Erbe der Pflanzenwissenschaft – Quedlinburg ehrt den Pionier aus dem Harz

Quedlinburg. Im Herzen des Harzes feierte das Julius-Kühn-Institut (JKI) den 200. Geburtstag seines Namensgebers – des Agrarwissenschaftlers und Pflanzenpathologen Julius Gotthelf Kühn. Mit einem Festakt, Vorträgen und Mitmachaktionen erinnerte das Institut an den Mann, der die moderne Pflanzenforschung in Deutschland begründete und dessen Vermächtnis bis heute wirkt.

Ein Pionier aus Sachsen mit Wirkung bis in den Harz

Julius Gotthelf Kühn wurde am 23. Oktober 1825 im sächsischen Pulsnitz geboren. Doch seine wissenschaftlichen Spuren reichen bis tief in den Harz hinein, wo heute das Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg seinen Hauptsitz hat. Kühn gilt als einer der Gründungsväter der modernen Agrarwissenschaft – ein Forscher, der die Landwirtschaft aus einer handwerklichen Erfahrungslehre in eine naturwissenschaftlich fundierte Disziplin überführte. Seine Arbeit bildete den Grundstein für die heutige Pflanzenpathologie und für viele Forschungsrichtungen, die das JKI in Quedlinburg weiterführt.

Als Professor an der Universität Halle entwickelte Kühn ab 1862 Lehrpläne, Versuchsfelder und praxisnahe Ausbildungsmethoden, die bis heute Vorbildcharakter haben. Besonders seine Untersuchungen zu Krankheiten von Zuckerrüben und Getreidearten machten ihn berühmt. In der Fachwelt wird er oft als der „Robert Koch der Pflanzenkrankheiten“ bezeichnet – ein Titel, der die Bedeutung seiner Pionierarbeit treffend widerspiegelt.

Warum feiert das Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg den 200. Geburtstag?

Das JKI trägt nicht nur den Namen des Wissenschaftlers, sondern auch sein wissenschaftliches Erbe in die Gegenwart. Zum 200. Jubiläum organisierte das Institut gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg eine Reihe von Veranstaltungen, die Kühns Leistungen in den Kontext moderner Forschung stellten. Bei einem Festakt am 23. Oktober 2025 in Quedlinburg würdigten Fachvorträge die Fortschritte in den Bereichen Pflanzenkrankheiten, nachhaltiger Pflanzenschutz und Züchtungsforschung. Die Themen spiegelten genau jene Forschungsfelder wider, die Kühn einst prägte.

„Julius Kühn hat aus Beobachtung Wissenschaft gemacht“, betonte eine Institutsvertreterin während des Festakts. Diese Haltung – die Verbindung von Praxisnähe und wissenschaftlicher Präzision – prägt bis heute die Arbeit des Instituts im Harz.

Die Bedeutung Julius Kühns für die Pflanzenforschung

Im 19. Jahrhundert stand die Landwirtschaft vor einem Umbruch. Durch Industrialisierung, Bevölkerungswachstum und neue Pflanzenkrankheiten war klar, dass praktische Erfahrung allein nicht mehr ausreichte. Julius Kühn erkannte das früh. Er kombinierte empirische Beobachtung mit experimenteller Methodik und systematischem Denken – ein völlig neuer Ansatz für die damalige Zeit. Er erforschte Ursachen von Pflanzenkrankheiten, beschrieb deren Übertragungswege und legte damit Grundlagen, auf denen die heutige Agrarbiologie aufbaut.

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Wegbereiter der modernen Pflanzenpathologie

Kühn war einer der ersten, der Pflanzenkrankheiten nicht als göttliche Strafen oder natürliche Zufälle deutete, sondern als biologische Prozesse, die verstanden und bekämpft werden konnten. Diese Denkweise markierte einen Wendepunkt: Die Pflanzenpathologie wurde zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin. Seine Erkenntnisse über Pilzsporen, Parasiten und Schädlinge prägen bis heute Lehrbücher und Forschungseinrichtungen weltweit.

Ein Forscher mit Weitblick – vom Acker bis zur Akademie

Julius Kühn verfasste über 300 wissenschaftliche Beiträge und gründete Versuchsstationen, die bis heute als Vorläufer moderner Agrarforschungszentren gelten. Seine Arbeit in Halle beeinflusste die gesamte Region, auch den Harz, wo landwirtschaftliche Versuchsfelder und Forschungsinstitute auf seinen Methoden aufbauten. Viele seiner Schüler setzten sein Werk in eigenen Lehrstühlen fort, wodurch sich Kühns Einfluss über Generationen hinweg verbreitete.

Das Julius-Kühn-Institut im Harz – Forschung im Zeichen des Pioniers

Heute ist das Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg das zentrale Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Es vereint Forschung zu Pflanzenschutz, Resistenzzüchtung und Biodiversität unter einem Dach. Rund 1.200 Mitarbeitende arbeiten an 17 Standorten deutschlandweit – doch Quedlinburg im Harz gilt als Herzstück des Netzwerks. Hier verbinden sich Geschichte und Gegenwart: Zwischen Fachwerkhäusern und Versuchsfeldern entsteht Wissen, das weltweit Anwendung findet.

Aktuelle Forschungsschwerpunkte

  • Resistenzzüchtung: Entwicklung robuster Sorten gegen Pilz- und Viruskrankheiten.
  • Nematodenforschung: Untersuchung von Fadenwürmern, die erhebliche Ernteverluste verursachen können.
  • Nachhaltiger Pflanzenschutz: Reduktion chemischer Pflanzenschutzmittel um bis zu 60 % seit den 1970er Jahren.
  • Genomik und Diagnostik: Nutzung molekularbiologischer Methoden zur Identifizierung von Pathogenen.

Welche aktuellen Forschungsthemen sind von Kühn inspiriert?

Viele Forschungsansätze des JKI gehen direkt auf Julius Kühn zurück. Besonders die Verbindung zwischen theoretischer Forschung und praktischer Anwendung spiegelt sich in der heutigen Arbeit wider. So werden moderne Verfahren der Genomik eingesetzt, um dieselben Fragen zu beantworten, die Kühn vor 150 Jahren bewegten: Warum werden Pflanzen krank? Wie kann man sie schützen, ohne die Umwelt zu belasten? Seine Grundgedanken leben weiter – nur die Werkzeuge sind moderner geworden.

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Feierlichkeiten im Harz: Wissenschaft trifft Öffentlichkeit

Das Jubiläum wurde nicht nur mit wissenschaftlichen Vorträgen begangen, sondern auch mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen. In Quedlinburg und Braunschweig öffneten Pop-up-Wissensläden unter den Titeln „Kühn & Klug“ und „Wurmwelten“. Besucher konnten dort mikroskopische Präparate betrachten, moderne Laborgeräte kennenlernen und selbst in die Welt der Pflanzenkrankheiten eintauchen. Diese Initiativen brachten Forschung in den Alltag – ganz im Sinne Julius Kühns, der Bildung als Teil seiner Mission verstand.

Welche Veranstaltungen fanden anlässlich des Jubiläums statt?

Das Programm umfasste eine feierliche Kranzniederlegung am Grab von Julius Kühn in Halle, Fachvorträge zu Getreidezüchtung und nachhaltiger Landwirtschaft sowie interaktive Ausstellungen im Harz. Diese Mischung aus Tradition und Innovation sorgte für hohe Resonanz – sowohl bei Fachleuten als auch in der Bevölkerung. Auch in sozialen Medien wie Facebook und X (ehemals Twitter) wurde das Ereignis vielfach geteilt. Nutzer lobten die Verbindung aus Wissenschaft und Regionalgeschichte und sahen darin ein Zeichen für die Bedeutung von Forschung im Harz.

Das Erbe im Spiegel der modernen Landwirtschaft

Heute steht die Landwirtschaft vor neuen Herausforderungen: Klimawandel, Ressourcenknappheit und der Wunsch nach Nachhaltigkeit verlangen neue Antworten. Julius Kühn lieferte die Basis dafür, dass diese Antworten wissenschaftlich fundiert gesucht werden können. Nach Schätzungen des JKI sind weltweit etwa zwei Drittel der Getreideproduktion von Krankheiten und Schädlingen bedroht. Dank moderner Pflanzenschutzstrategien lassen sich diese Risiken deutlich mindern – eine direkte Fortführung der Arbeit, die Kühn einst begann.

Wie hat sich der Pflanzenschutz seit Kühn verändert?

Während Kühn mit einfachen Mikroskopen arbeitete, setzt das JKI heute auf molekulare Analyseverfahren, DNA-Sequenzierung und digitale Diagnostik. Doch der Kern ist derselbe geblieben: Beobachtung, Verständnis, Prävention. Moderne Pflanzenschutzmittel sind um ein Vielfaches sicherer als früher – ihre Toxizität wurde seit 1970 um über 95 % reduziert, die eingesetzte Menge um rund 60 %. Diese Fortschritte zeigen, dass wissenschaftliche Grundlagenarbeit langfristig wirkt.

Beispielhafte Fortschritte im modernen Pflanzenschutz

Aspekt 19. Jahrhundert (Kühn) Heute (JKI)
Forschungstechnologie Mikroskop, Feldbeobachtung Genomsequenzierung, KI-gestützte Diagnostik
Forschungsschwerpunkt Erregererkennung und Krankheitsbeschreibung Nachhaltige Resistenzzüchtung und Biodiversität
Pflanzenschutzmittel Schwefel, Kupfer, organische Substanzen Biologische und integrierte Pflanzenschutzverfahren
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Reaktionen und Resonanz in den sozialen Medien

Auf Social Media war die Jubiläumsfeier ebenfalls präsent. Die Mitteldeutsche Zeitung und lokale Gruppen aus Quedlinburg teilten Beiträge, die Kühn als Symbolfigur für die Verbindung von Tradition und Fortschritt zeigten. Kommentare lobten insbesondere den Standort Quedlinburg im Harz als Zentrum deutscher Pflanzenforschung. Diese öffentliche Aufmerksamkeit trägt dazu bei, Wissenschaft regional sichtbar zu machen und junge Menschen für naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern.

Ein Vermächtnis, das weiter wächst

Das Julius-Kühn-Institut sieht das Jubiläum nicht als Rückblick, sondern als Verpflichtung. Der Forschergeist Kühns soll künftig noch stärker mit den Zielen des Klimaschutzes, der nachhaltigen Landwirtschaft und der Biodiversität verknüpft werden. „Seine Arbeit ist kein Kapitel Geschichte – sie ist ein Fundament, auf dem wir weiterbauen“, heißt es in einer Institutsmitteilung. Damit bleibt Quedlinburg im Harz nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern ein lebendiges Zentrum zukunftsorientierter Forschung.

Fazit: Der Harz als lebendiges Zentrum für Wissenschaft und Erinnerung

Julius Kühn war ein Mann seiner Zeit – und zugleich weit voraus. Sein Denken, geprägt von Beobachtung, Neugier und Verantwortung gegenüber der Natur, prägt noch immer die Forschung im Harz. Die Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag zeigten eindrucksvoll, dass Wissenschaft nicht nur in Laboren geschieht, sondern in der Gesellschaft verankert ist. Kühn verband Ackerboden mit Erkenntnis, Pflanzen mit Wissen – und genau diese Verbindung lebt im Julius-Kühn-Institut fort. Der Harz bleibt damit ein Ort, an dem Geschichte, Forschung und Zukunft auf fruchtbarem Boden zusammentreffen.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.