Quedlinburg

Quedlinburg erinnert an den Mut von 1989: Neues Denkmal würdigt Friedliche Revolution

Quedlinburg – Mitten im Herzen der Welterbestadt entsteht ein neues Denkmal, das nicht nur an die Friedliche Revolution von 1989 erinnert, sondern auch das bürgerschaftliche Engagement vieler Quedlinburgerinnen und Quedlinburger ehrt. Die langjährige Idee des „Wendebrunnen“ nimmt Gestalt an – finanziell unterstützt vom Land Sachsen-Anhalt mit 300.000 Euro.

Ein Denkmal mit Geschichte – und Geschichten

Am Carl-Ritter-Platz, einem zentralen Ort der Montagsdemonstrationen im Herbst 1989, wird bald das Denkmal „Wendebrunnen – Friedliche Revolution 1989–1990 Deutsche Einheit“ errichtet. Es soll mehr als ein Erinnerungsort sein: Der Brunnen steht symbolisch für Wandel, Mut und den friedlichen Protest der Bürgerinnen und Bürger der DDR. Die Förderung durch das Land in Höhe von 300.000 Euro unterstreicht die politische wie gesellschaftliche Relevanz des Projekts.

Kulturstaatsminister Rainer Robra überreichte persönlich den Zuwendungsbescheid beim ersten Spatenstich. In seiner Ansprache betonte er: „Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine innere Haltung. Dieses Denkmal soll ein Ort der Besinnung sein – für die heutige und für kommende Generationen.“

Was ist das Bürgerprojekt „Wendebrunnen“ in Quedlinburg?

Der Wendebrunnen ist ein bürgerschaftlich getragenes Denkmalprojekt, das an die Friedliche Revolution 1989 und die darauffolgende Deutsche Einheit erinnern soll. Bereits in den 1990er Jahren formierte sich ein Freundeskreis um den Quedlinburger Bildhauer Prof. Wolfgang Dreysse, der die Idee eines Erinnerungsortes in Brunnenform entwickelte. Die Umsetzung ließ jedoch lange auf sich warten – erst durch intensive Diskussionen in Bürgerversammlungen zwischen 2016 und 2019 nahm das Projekt konkrete Formen an.

Beteiligung der Stadtgesellschaft: Von der Idee zum Beschluss

Was zunächst als privates Anliegen begann, wurde Schritt für Schritt in die politische und gesellschaftliche Mitte der Stadt getragen. Zwischen 2016 und 2019 fanden mehrere Bürgerversammlungen statt, bei denen Standort, Gestaltung und Zielsetzung gemeinsam diskutiert wurden. Die Resonanz war eindeutig: Die Bevölkerung unterstützte die Idee mit Nachdruck. 2019 beschloss der Stadtrat die Aufnahme des Projekts in die Prioritätenliste kommunaler Investitionen.

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Wer hat den Entwurf für den Wendebrunnen gestaltet?

Der Entwurf stammt vom Quedlinburger Bildhauer Prof. Wolfgang Dreysse. Sein künstlerischer Ansatz verbindet klassische Brunnenarchitektur mit moderner Symbolik. Dabei soll das Denkmal nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch inhaltlich aufrüttelnd sein: Der Wendebrunnen steht für Bewegung, Umbruch und neues Denken. Dreysse betont: „Die Friedliche Revolution war ein Geschenk des Volkes an sich selbst – das Denkmal will dieses Bewusstsein wachhalten.“

Standort mit Bedeutung: Carl-Ritter-Platz als Symbol

Die Wahl des Carl-Ritter-Platzes ist kein Zufall. Hier fanden im Herbst 1989 zentrale Abschlusskundgebungen der Montagsdemonstrationen statt. Der Platz ist ein historisch aufgeladener Ort, der durch das neue Denkmal eine zusätzliche symbolische Aufwertung erhält. Zugleich wird damit die Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geschaffen.

Wie wurde die Finanzierung des Wendebrunnen projektiert?

Die Gesamtkosten für das Projekt liegen bei knapp 970.000 Euro. Ein erheblicher Teil davon wurde über private Spenden gedeckt. Die Bürgerstiftung Quedlinburg koordinierte das Spendenmanagement und warb bei lokalen Unternehmen, Stiftungen und Einzelpersonen um Unterstützung.

Finanzierungsquelle Betrag
Land Sachsen-Anhalt 300.000 €
Private Spenden (u. a. Ehrenbürger, Bürgerstiftung) 223.345,71 €
Stadtwerke und Wohnungswirtschaft 60.000 €
Städtische Eigenmittel ~385.000 €

Ein verbleibendes Defizit von rund 325.000 Euro wurde durch Umschichtungen im städtischen Haushalt kompensiert. Die Stadt Quedlinburg übernahm die Trägerschaft für das Projekt, sobald die Finanzierung gesichert war.

Welche Rolle spielt die Bürgerstiftung Quedlinburg bei dem Projekt?

Die Bürgerstiftung Quedlinburg war von Anfang an treibende Kraft hinter dem Projekt. Neben der Spendenkoordination übernahm sie auch Öffentlichkeitsarbeit, organisierte Informationsveranstaltungen und unterstützte bei der Antragstellung für Fördermittel. Ihr langjähriges Engagement hat maßgeblich dazu beigetragen, dass das Projekt überhaupt in diese Umsetzungsphase gelangen konnte.

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Langjährige Entwicklung und Symbolik

Die Wurzeln des Projekts reichen weit zurück. Bereits in den Jahren nach der Wiedervereinigung äußerten Bürgerinnen und Bürger der Stadt den Wunsch nach einem würdigen Ort des Erinnerns. Doch erst die hartnäckige Arbeit des Freundeskreises um Prof. Dreysse und die Unterstützung durch die Bürgerstiftung brachten den Stein ins Rollen.

Das Denkmal hat nicht nur erinnernden, sondern auch mahnenden Charakter. Es soll der Öffentlichkeit vor Augen führen, dass Freiheit, Demokratie und Einheit keineswegs selbstverständlich sind. In einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Spannungen erhält dieses Zeichen neue Aktualität.

Wie reagieren die Quedlinburgerinnen und Quedlinburger auf das Denkmal?

In sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram wird das Projekt überwiegend positiv aufgenommen. Die Stadtverwaltung teilt regelmäßig Updates zum Baufortschritt, die hohe Reichweiten erzielen. Kommentare unter den Beiträgen loben das Engagement und die historische Tiefe des Vorhabens. Gleichzeitig gibt es Stimmen, die einen noch stärkeren Einbezug junger Menschen fordern, um die Bedeutung der Friedlichen Revolution auch an kommende Generationen weiterzugeben.

Ein Denkmal im Kontext – bundesweite Vergleiche

Mit Gesamtkosten von unter einer Million Euro bewegt sich das Projekt im unteren mittleren Bereich vergleichbarer Gedenkorte in Deutschland. Zum Vergleich: Die Gedenkstätte Sophienkirche in Dresden kostete knapp 5 Millionen Euro, das Holocaust-Mahnmal in Berlin sogar über 25 Millionen. Das Quedlinburger Denkmal zeichnet sich durch seinen bürgernahen Entstehungsprozess, die lokale Verankerung und die vergleichsweise geringe Kostenstruktur aus.

Langfristige Wirkung und Bedeutung

Was bleibt, wenn der Brunnen steht? Neben der physischen Präsenz geht es um die Wirkung auf das gesellschaftliche Bewusstsein. Gedenkorte wie dieser können zur politischen Bildung beitragen, zum Diskurs einladen und als kulturelle Treffpunkte dienen. Sie schaffen kollektive Identität, besonders in Städten wie Quedlinburg, die durch ihr Welterbe und ihre Geschichte ohnehin ein starkes kulturelles Profil haben.

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Der „Wendebrunnen“ ist ein Denkmal, das nicht von oben verordnet wurde, sondern von unten gewachsen ist – ein Zeichen dafür, dass Erinnerungskultur dann am wirksamsten ist, wenn sie aus der Mitte der Gesellschaft heraus entsteht.

Ein Ort der Begegnung, Besinnung – und Verantwortung

Der geplante Fertigstellungstermin liegt im kommenden Jahr. Bis dahin wird weiter gebaut, organisiert und kommuniziert. Doch schon jetzt ist klar: Mit dem Wendebrunnen erhält Quedlinburg nicht nur ein Denkmal – sondern ein Symbol. Für Mut. Für Engagement. Für Demokratie.

In einer Welt, in der Erinnern häufig zur bloßen Pflicht verkommt, stellt dieses Projekt eine wohltuende Ausnahme dar. Der Wendebrunnen ist Ausdruck bürgerschaftlicher Verantwortung und zeigt, dass große Veränderungen oft im Kleinen beginnen – mit einer Idee, einer Gruppe Engagierter, und der Entschlossenheit, Geschichte sichtbar zu machen.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.