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Rätselhafte Spuren im Harz: Archäologische Sensation am Kloster Himmelpforte

Beispielhafte Ruinen des ehemaligen Klosters Himmelpforte mit freigelegten Mauerresten und Kirchenstruktur inmitten des Waldes. (Symbolbild – exemplarisch – Bild wurde nachgestellt)

Wernigerode – Zwischen moosbedeckten Waldböden und den Ausläufern des Harzes verbirgt sich ein Ort, dessen Geschichte jahrhundertelang im Dunkeln lag. Die aktuellen Ausgrabungen am ehemaligen Kloster Himmelpforte fördern nicht nur spektakuläre Funde zutage, sondern auch neue Erkenntnisse über die Zeit der Reformation, den Bauernkrieg und das mittelalterliche Klosterleben.

Ein verschwundener Ort kehrt zurück

Das Kloster Himmelpforte war einst ein spirituelles, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum. Gegründet wurde es etwa im Jahr 1253 als Niederlassung der Augustiner-Eremiten. Über viele Jahrzehnte hinweg spielte es eine bedeutende Rolle für die Region, bis es im Jahr 1525 im Zuge des Bauernkriegs geplündert und verlassen wurde. Die Mönche flohen, die Gebäude wurden aufgegeben – und die Anlage geriet in Vergessenheit.

Erst moderne geophysikalische Untersuchungen und mehrere aufeinanderfolgende Grabungskampagnen machten die Existenz des Klosters wieder sichtbar. Heute zählt die Anlage zu den eindrucksvollsten archäologischen Projekten Sachsen-Anhalts.

Was wurde bei den aktuellen Ausgrabungen am Kloster Himmelpforte gefunden?

Die Funde sind spektakulär – und geben Rätsel auf. Bereits während der ersten Grabungen im Jahr 2023 konnten Archäolog:innen unter der Leitung von Prof. Dr. Felix Biermann bedeutende Artefakte bergen: vier Goldmünzen aus dem 15. Jahrhundert, Tuchplomben, Waffenteile sowie mehrere menschliche Skelette aus dem 13. und 14. Jahrhundert. In den Folgejahren kamen verzierte Grabplatten, mittelalterliche Fußbodenfragmente und sogar Reste einer Warmluftheizung zum Vorschein.

Besonders bemerkenswert: die Grabplatte von Claudia von Königstedt (†1520), die durch feinste Details wie ein Rosenkranz-Motiv und kunstvolle Gravuren hervorsticht. Auch ein seltener Silberstift – vermutlich ein Zeichen- oder Schreibinstrument aus Künstlerhand – wurde geborgen. Solche Funde sind in monastischen Kontexten eine Rarität und deuten auf ein intellektuell und kreativ geprägtes Klosterleben hin.

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Ein Blick auf die Baugeschichte der Klosterkirche

Durch die Ausgrabungen ließ sich auch die Struktur der ehemaligen Klosterkirche rekonstruieren. Es handelte sich um eine rund 40 Meter lange, dreischiffige Pfeilerbasilika, die mehrfach umgebaut wurde. Hochwertige Stein- und Ziegelfußböden belegen die Baukunst des Mittelalters, ebenso wie ein aufwendig angelegtes Kalefaktorium – ein beheizter Raum, der möglicherweise durch ein frühmittelalterliches Warmluftsystem gespeist wurde. Die erhaltenen Fundamente lassen erkennen, dass der Komplex über mehrere Flügel verfügte und funktional stark differenziert war.

Welche historische Bedeutung hat das Kloster im Zusammenhang mit Martin Luther?

Himmelpforte ist auch ein authentischer Ort der Reformationsgeschichte. Am 6. August 1516 – also ein Jahr vor dem berühmten Thesenanschlag – hielt sich Martin Luther nachweislich im Kloster auf. Als Distriktsvikar inspizierte er dort die klösterliche Lebensführung und soll mit seinem Ordensoberen Johann von Staupitz zusammengetroffen sein. Ein Gedenkstein auf dem Gelände erinnert heute an dieses historische Ereignis. Damit zählt das Kloster zu den wenigen authentisch belegten Luther-Orten vor 1517.

Das Kloster im Bauernkrieg – Ein Ort der Revolte

Die Geschichte von Himmelpforte ist eng mit den sozialen Unruhen des frühen 16. Jahrhunderts verknüpft. Am 30. April bzw. 1. Mai 1525 wurde das Kloster im Zuge des Bauernkriegs gestürmt. Dabei beteiligten sich auch Wernigeröder Bürger an der Plünderung. Zwar wurde das Gebäude nicht vollständig zerstört, doch seine Funktion als Ordensniederlassung endete. Der Ort fiel dem Bedeutungsverlust anheim, wurde aufgegeben – und verschwand schließlich unter Erde, Laub und Legenden.

Wie groß war die Klosteranlage und wie war die Struktur der Kirche?

Archäolog:innen haben die ursprüngliche Größe der Klosteranlage auf mehrere tausend Quadratmeter geschätzt. Die Pfeilerbasilika – das Herzstück der Anlage – erstreckte sich über etwa 40 Meter in der Länge und war dreischiffig angelegt. Neben der Kirche gab es Wohn- und Wirtschaftsgebäude, einen Kreuzgang sowie vermutlich einen Gartenbereich. Besonders bemerkenswert ist die technische Raffinesse der Anlage: Die Fußböden zeigen Spuren früher Heiztechnik, und die filigrane Bauweise deutet auf erhebliche handwerkliche Expertise hin.

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Gibt es Möglichkeiten, als Freiwillige/r an den Ausgrabungen teilzunehmen?

Ja – und genau das macht die Grabungskampagne zu einem Vorzeigeprojekt in Sachen Bürgerbeteiligung. Vom 21. Juli bis 15. August 2025 können sich interessierte Bürgerinnen und Bürger als freiwillige Grabungshelfer:innen beteiligen. Voraussetzungen sind körperliche Fitness, robuste Kleidung und Stahlkappenschuhe. Die Stadt Wernigerode ruft auf Facebook und in der regionalen Presse aktiv zur Teilnahme auf. Die Erfahrung „Archäologie zum Anfassen“ ist ein zentrales Element der Öffentlichkeitsarbeit.

In welcher Ausstellung sind die bisherigen Grabungsergebnisse zu sehen?

Viele der entdeckten Artefakte sind derzeit im Harzmuseum Wernigerode zu bewundern. Die Sonderausstellung „Zwischen Himmel und Revolte. Kloster Himmelpforte und der Bauernkrieg“ läuft vom 14. März bis zum 10. August 2025. Neben originalen Fundstücken bietet die Ausstellung digitale Rekonstruktionen, wissenschaftliche Erläuterungen und Führungen mit Fachleuten. In Zusammenarbeit mit Studierenden der Fachhochschule Potsdam werden auch restauratorische Prozesse transparent gemacht.

Das Projekt in Zahlen – Eine Übersicht

Kategorie Details
Gründung des Klosters um 1253
Auflösung durch Plünderung 1525 (Bauernkrieg)
Erste moderne Grabung 2023
Länge der Kirche ca. 40 Meter
Aktuelle Grabungsphase 21. Juli – 15. August 2025
Laufzeit Ausstellung 14. März – 10. August 2025

Stimmen aus der Öffentlichkeit und den sozialen Medien

Das Projekt Himmelpforte hat nicht nur die Fachwelt begeistert, sondern auch ein breites Publikum erreicht. In Foren berichten Teilnehmende über ihre Grabungserlebnisse, teilen Fotos von Fundstücken und äußern sich positiv zur Transparenz des Projekts. Ein Facebook-Kommentar fasst die Erfahrung vieler zusammen: „Endlich kann man Geschichte mit den Händen greifen.“

Auch über Twitter wurde das Projekt prominent wahrgenommen. Unter dem Hashtag #Himmelpforte fand es Eingang in die Liste der bedeutendsten Ausgrabungen Sachsen-Anhalts im Jahr 2024 – ein Beleg für den wissenschaftlichen wie medialen Stellenwert.

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Förderung, Forschung und Vernetzung

Die Ausgrabungen sind eingebettet in das offizielle Gedenkjahr „Gerechtigkeyt. Thomas Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg“. Finanziell unterstützt durch Landesmittel sowie Beiträge des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), ist das Projekt nicht nur archäologisch, sondern auch kulturpolitisch ein Leuchtturm. Studierende aus Potsdam arbeiten an der Konservierung der Funde – ein gelungenes Beispiel für die Verzahnung von Forschung, Ausbildung und Vermittlung.

Warum die Grabungen in Himmelpforte so besonders sind

Das Kloster Himmelpforte ist mehr als ein mittelalterliches Bauwerk. Es ist ein Ort, an dem sich zentrale Themen der deutschen Geschichte überlagern: das monastische Leben, die Umbrüche der Reformation, der Aufstand der Bauern und die frühe Neuzeit. Die Tatsache, dass Bürgerinnen und Bürger heute an seiner Wiederentdeckung mitwirken können, verleiht dem Projekt einen zeitgemäßen, partizipativen Charakter.

Die Grabungen offenbaren, was Geschichte im besten Fall sein kann: nicht nur Wissen, sondern Erleben. Himmelpforte ist ein Ort der Rückbesinnung – auf ein vergangenes Leben, das bis heute Spuren hinterlässt.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.