Sachsen-Anhalt

Bilanz: Über 10.000 Temposünder in nur wenigen Tagen in Sachsen-Anhalt

Magdeburg – Mehr als 10.000 Autofahrerinnen und Autofahrer wurden allein in Sachsen-Anhalt innerhalb einer Woche bei Tempoverstößen erwischt. Die europaweite ROADPOL-Kontrollwoche „Speed“ brachte ein deutliches Ergebnis ans Licht: Die Zahl der Verkehrssünder bleibt hoch – trotz Präventionskampagnen und umfangreicher Kontrollen.

Hintergrund: Was ist die ROADPOL-Kontrollwoche?

Die ROADPOL-Kontrollwoche ist eine europaweite Initiative, die sich der Verbesserung der Verkehrssicherheit widmet. ROADPOL steht für „European Roads Policing Network“ – ein Netzwerk europäischer Verkehrspolizeien, das regelmäßig koordinierte Kontrollaktionen durchführt. Einer der bekanntesten Schwerpunkte ist die Aktion „Speed“, die jährlich zweimal stattfindet: im Frühjahr und im Sommer.

In der Woche vom 4. bis 10. August 2025 kontrollierte die Polizei in mehreren Bundesländern im Rahmen der Sommeraktion zehntausende Fahrzeuge. Ziel der Maßnahme ist es, das Bewusstsein für die Gefahren überhöhter Geschwindigkeit zu schärfen und gleichzeitig das Verkehrsverhalten nachhaltig zu beeinflussen.

Wie viele Geschwindigkeitsverstöße wurden während der ROADPOL-Speed-Kontrollwochen registriert?

Allein in Sachsen-Anhalt wurden über 10.200 Verstöße festgestellt – bei rund 445.000 kontrollierten Fahrzeugen. In Halle (Saale) und Umgebung registrierte die Polizei bei rund 95.000 Kontrollen 3.056 Verstöße durch mobile Teams und weitere 968 durch stationäre Enforcement-Trailer.

Auch bundesweit zeigten sich ähnliche Muster. In Hessen wurden mehr als 813.000 Fahrzeuge überprüft, wobei es zu rund 25.775 Verstößen kam. Die Beanstandungsquote lag hier bei über 3 Prozent. In Baden-Württemberg lag sie bei rund 2,8 Prozent – 15.317 Verstöße bei über 546.000 Kontrollen.

Extreme Fälle und ihre Folgen

Die Zahlen allein sind alarmierend, doch besonders schockierend sind die Einzelfälle, die die Polizei veröffentlichte. Auf der B100 bei Landsberg wurde ein Fahrer mit 149 km/h in einer 70er-Zone gemessen. Auf der A38 bei Allstedt raste ein anderer mit 205 km/h durch eine Strecke, auf der 120 km/h erlaubt waren. Diese Fahrer erwarten Fahrverbote und empfindliche Bußgelder.

In Hessen wurden in mehreren Fällen sogar Waffen und Drogen im Auto gefunden – unter anderem bei einem gestoppten Fahrer auf der A643 bei Wiesbaden. Einige Temposünder standen zudem unter Einfluss von Alkohol oder Drogen. In solchen Fällen sprechen die Beamten nicht mehr nur von Ordnungswidrigkeiten, sondern von Straftaten.

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Öffentliche Wahrnehmung und Reaktionen aus der Bevölkerung

Im Kommentarbereich eines regionalen Nachrichtenportals aus Halle kommentiert ein Nutzer: „Schön, dass ein bisschen Geld reinkommt durch diese Temposünder, am besten noch lebenslanges Fahrverbot für die extremen.“ Andere fordern dagegen eine breitere Kontrollausrichtung: „Nächste Woche mal bitte Schwerpunktkontrolle Rotfahrten an Ampeln und Handynutzung während der Fahrt… ich könnte zahlreiche Verstöße feststellen.“

Diese Kommentare spiegeln wider, wie die Kontrollwoche wahrgenommen wird: Während manche sie als notwendige Maßnahme zur Verkehrssicherheit begrüßen, empfinden andere sie als reine Abkassieraktion oder als einseitig. Dabei zeigt sich: Prävention und Kommunikation sind genauso entscheidend wie das Durchsetzen von Regeln.

Verwendet ROADPOL bei der Auswahl der Kontrollorte auch Vorschläge aus der Bevölkerung?

Ja – in mehreren Ländern, etwa in Tschechien, Estland oder Frankreich, konnten Bürgerinnen und Bürger vorab Orte melden, an denen sie sich unsicher fühlen. In Tschechien gingen über 13.000 Vorschläge ein, über 117.000 Menschen stimmten über die finalen Kontrollpunkte ab. Die Polizei nahm viele dieser Empfehlungen auf und setzte gezielt dort an.

Weitere Schwerpunkte von ROADPOL: Nicht nur Tempo im Fokus

Während die Aktion „Speed“ im medialen Fokus steht, ist sie nur ein Teil des umfassenden ROADPOL-Jahresprogramms. Auch folgende Themen werden europaweit koordiniert:

  • Alcohol & Drugs: Juni und Dezember – Fokus auf Fahren unter Einfluss
  • Seatbelt: März – Kontrolle der Gurtpflicht
  • Focus on the Road: Oktober – Ablenkung am Steuer, etwa durch Handys
  • Truck & Bus: Februar, Mai, November – gewerblicher Verkehr im Visier
  • Safe Holiday: Juli/August – Schwerpunkt Urlaubsreiseverkehr
  • 2-Wheeler: Mai – E-Scooter, Motorräder, Fahrräder

Besonders auffällig ist die Kontrollwoche „Truck & Bus“, die im Februar 2025 unter anderem in Gelsenkirchen stattfand. Dort kontrollierte die Polizei 34 Lkw und 159 weitere Fahrzeuge – mit über 80 Verstößen in nur wenigen Tagen. Diese Zahlen zeigen, dass auch der gewerbliche Verkehr ein hohes Risikopotenzial birgt.

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Warum wird die ROADPOL-Speed-Kontrollwoche mehrmals im Jahr durchgeführt?

Die Kontrollen finden jährlich mindestens zweimal statt – im Frühjahr und im Sommer. Die erste große Aktionswoche 2025 lief vom 7. bis 13. April, die zweite vom 4. bis 10. August. Der zentrale Aktionstag im Frühjahr – der sogenannte Speed-Marathon – fand am 9. April statt und führte europaweit zu über 150.000 erfassten Tempoverstößen innerhalb von nur 24 Stunden.

Gefahren von überhöhter Geschwindigkeit – Ein Blick in die Statistik

Warum ist diese Maßnahme überhaupt notwendig? Ein Blick in die Unfallstatistik beantwortet diese Frage eindrucksvoll. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel war überhöhte Geschwindigkeit im Jahr 2024 die Ursache für 39 der insgesamt 105 tödlichen Verkehrsunfälle – also für mehr als ein Drittel aller tödlichen Crashs im Land.

Auch auf Bundesebene zeigt sich: Rasen ist eine der Hauptursachen für schwere und tödliche Verkehrsunfälle. Das Risiko, bei einem Aufprall mit hoher Geschwindigkeit ums Leben zu kommen, steigt exponentiell – selbst kleine Geschwindigkeitsüberschreitungen können dramatische Folgen haben.

Wie wirksam sind die ROADPOL-Kontrollen – geht es um Bußgelder oder um Prävention?

ROADPOL selbst betont immer wieder, dass die Aktionen keinen fiskalischen Hintergrund haben. Ziel sei nicht das Eintreiben von Bußgeldern, sondern die Sensibilisierung der Bevölkerung. Auch Thomas Strobl, Innenminister von Baden-Württemberg, machte in einer Pressekonferenz deutlich: „Wenn wir allein 117 Todesfälle im Vorjahr hätten verhindern können, indem sich alle ans Tempolimit gehalten hätten, dann ist jede Kontrolle gerechtfertigt.“

Viele Polizeidirektionen begleiten die ROADPOL-Kontrollen daher mit medialen Kampagnen, Aufklärung vor Ort und der aktiven Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern. Manche Kontrollpunkte wurden in der Nähe von Schulen, Spielplätzen oder Unfallschwerpunkten eingerichtet – gezielt und nicht zufällig.

Digitale Helfer: Apps und soziale Netzwerke als Warnsystem?

Im Netz diskutieren Nutzer zunehmend über digitale Hilfsmittel wie die Navigations-App Waze oder Hinweise in Telegram-Gruppen. In einem Reddit-Thread zur Kontrollwoche „Alcohol & Drugs“ im Juni 2025 schrieb ein Nutzer: „Im Umkreis von 20 km sind es aktuell über 4 Kontrollpunkte. Waze zeigt sie zum Teil zuverlässig.“

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Andere äußerten Skepsis: „Die Medien berichten kaum darüber – das muss man sich alles zusammensuchen.“ Hier zeigt sich eine gewisse Diskrepanz zwischen öffentlicher Kommunikation und individueller Wahrnehmung. Die Behörden stehen vor der Herausforderung, präzise, aber gleichzeitig vorbeugend zu informieren, ohne dabei den präventiven Effekt der Überraschung zu verlieren.

Wohin geht die Reise? Kontrollpolitik zwischen Sicherheit und Vertrauen

Die ROADPOL-Kontrollwochen sind nicht unumstritten. Während viele sie als notwendigen Baustein für mehr Verkehrssicherheit verstehen, empfinden andere sie als repressiv oder einseitig. Fest steht: Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Mit zehntausenden Verstößen innerhalb weniger Tage, Hunderten Fahrverboten und tragischen Unfallbilanzen ist das Thema nicht vernachlässigbar.

Wenn die Vision von null Verkehrstoten in Europa ernsthaft verfolgt werden soll, dann sind Aktionen wie ROADPOLs „Speed“ nicht nur legitim, sondern unverzichtbar. Doch sie müssen begleitet werden: von transparenter Kommunikation, moderner Technologie und echter Bürgerbeteiligung – europaweit.

Ein Temposünder weniger auf der Straße kann ein Leben mehr bedeuten. Genau darum geht es.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.