
Für viele frischgebackene Mütter und Väter in Sachsen-Anhalt ist das Elterngeld eine unverzichtbare finanzielle Unterstützung in den ersten Monaten nach der Geburt ihres Kindes. Doch derzeit berichten zahlreiche Eltern von erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung. Betroffene warten nicht selten mehrere Monate – und stehen damit vor organisatorischen und finanziellen Herausforderungen.
Ein Blick auf den aktuellen Stand
Offiziell sollen Elterngeldanträge in Sachsen-Anhalt innerhalb von vier bis acht Wochen bearbeitet werden. Doch die Realität sieht vielerorts anders aus: Eltern berichten von Wartezeiten von bis zu zwölf Wochen, in einzelnen Fällen sogar länger. Hauptgründe sind ein Rückstau bei der Ausstellung von Geburtsurkunden, Überlastung in den Elterngeldstellen und der weiterhin eingeschränkte Digitalisierungsstand im Antragsverfahren.
Der Weg zum Elterngeld – und wo es hakt
Um Elterngeld zu erhalten, müssen Eltern nach der Geburt ihres Kindes einen Antrag bei der zuständigen Elterngeldstelle ihres Landkreises oder ihrer kreisfreien Stadt einreichen. Der Prozess lässt sich grob in vier Schritte unterteilen:
- Ausstellung der Geburtsurkunde durch das Standesamt
- Zusammenstellung aller erforderlichen Unterlagen
- Einreichung des Antrags bei der Elterngeldstelle
- Prüfung und Bewilligung mit anschließender Auszahlung
Bereits beim ersten Schritt kommt es in vielen Regionen zu massiven Verzögerungen. So meldet die Stadt Halle (Saale) eine Bearbeitungszeit von bis zu acht Wochen allein für die Ausstellung der Geburtsurkunde. Ohne diese können Eltern ihren Elterngeldantrag nicht vollständig einreichen – und der gesamte Prozess verschiebt sich entsprechend.
Magdeburg als Hotspot der Verzögerungen
Besonders betroffen ist Magdeburg: Hier berichten Eltern in sozialen Netzwerken von Wartezeiten von bis zu zwölf Wochen auf die Geburtsurkunde. Die Landesregierung hat als Reaktion eine Übergangslösung angekündigt: Mit einer standesamtlichen Bescheinigung über die Anzeige der Geburt soll der Antrag vorab gestellt werden können, die Urkunde wird dann später nachgereicht. Diese Regelung soll verhindern, dass Eltern ihren Anspruch auf rückwirkende Leistungen verlieren, wenn sie die gesetzliche Frist von drei Lebensmonaten überschreiten.
Heterogene Zuständigkeiten und Abläufe
Ein Grund für die ungleiche Bearbeitungsgeschwindigkeit liegt in der kommunalen Zuständigkeit. Jede Elterngeldstelle in Sachsen-Anhalt arbeitet nach eigenen organisatorischen Vorgaben. Während die Stadt Halle zumindest ein Online-Einstiegssystem anbietet, müssen Antragsteller in anderen Regionen sämtliche Unterlagen weiterhin postalisch oder persönlich einreichen. Die fehlende landesweite Digitalisierung erschwert eine schnelle Bearbeitung, insbesondere wenn Nachreichungen erforderlich sind.
Ist ein digitaler Elterngeldantrag in Sachsen-Anhalt möglich?
Nein, ein vollständig digitaler Antrag ist derzeit nicht vorgesehen. Es gibt einzelne Online-Formulare, die jedoch meist nur den Einstieg darstellen. Die eigentliche Bearbeitung bleibt papierbasiert, was den Prozess verlangsamt.
Zusätzliche Belastung durch Gesetzesänderungen
Seit dem 1. April 2025 gelten neue Einkommensgrenzen für das Elterngeld. Solche Änderungen führen in der Praxis zu einem sprunghaften Anstieg an Beratungsbedarf und Antragsvolumen. In Sachsen-Anhalt hat dies zu weiteren Verzögerungen geführt, da viele Anträge aufgrund der neuen Regelungen individuell geprüft werden müssen.
Erfahrungsberichte aus der Praxis
In Onlineforen und sozialen Netzwerken häufen sich die Berichte betroffener Eltern. Ein Nutzer schildert: „Der Brief mit der Bewilligung kam bei uns 93 Tage nach Antragstellung, die Nachzahlung dann sechs Tage später.“ Eine andere Mutter aus Leipzig berichtet, dass sie rund zwei Monate warten musste – und das trotz vollständiger Unterlagen.
Solche Erfahrungen spiegeln sich auch in den zahlreichen Fragen wider, die Eltern regelmäßig im Internet stellen. Dazu gehört beispielsweise: „Wie lange dauert die Bearbeitung des Elterngeldantrags in Sachsen-Anhalt?“ – die Antwort ist leider wenig erfreulich: Offiziell vier bis sechs Wochen, in der Realität jedoch oft deutlich länger.
Fristen und rechtliche Rahmenbedingungen
Der Elterngeldantrag sollte spätestens innerhalb von drei Lebensmonaten nach der Geburt gestellt werden, da rückwirkend nur für diesen Zeitraum gezahlt wird. Wer die Frist verpasst, verliert unter Umständen einen Teil seines Anspruchs. Deshalb empfiehlt sich eine möglichst frühe Antragstellung – auch wenn noch nicht alle Unterlagen vorliegen. Einige Eltern versenden den Antrag bewusst unvollständig, um die Frist zu sichern, und reichen fehlende Dokumente nach.
Kann ich Elterngeld schon vor Erhalt der Geburtsurkunde beantragen?
In der Regel nicht. Ohne Geburtsurkunde ist der Antrag formal unvollständig. Die erwähnte Übergangslösung in Magdeburg ist bislang eine Ausnahme und noch nicht flächendeckend umgesetzt. Dennoch nutzen manche Eltern den Trick, den Antrag unvollständig einzureichen, um zumindest den zeitlichen Anspruch zu wahren.
Finanzielle Herausforderungen durch lange Wartezeiten
Für viele Familien bedeutet das Elterngeld nicht nur eine Unterstützung, sondern die zentrale Einkommensquelle in den ersten Monaten. Lange Wartezeiten können daher schnell zu finanziellen Engpässen führen. In sozialen Medien berichten Eltern von der Notwendigkeit, kurzfristig Kredite aufzunehmen oder Ersparnisse anzugreifen, um laufende Kosten zu decken.
Woran erkenne ich Elterngeldzahlungen auf meinem Konto?
Elterngeldzahlungen erscheinen in Sachsen-Anhalt häufig mit dem Kürzel „ELTG“ im Verwendungszweck. In manchen Fällen werden Teilbeträge überwiesen, was bei Eltern zu Unsicherheit führt, ob die Zahlung vollständig erfolgt ist.
Unterschiede zwischen den Kommunen
Ein Vergleich innerhalb Sachsen-Anhalts zeigt deutliche Unterschiede in der Bearbeitungszeit. In Halle sorgt die Möglichkeit eines teilweisen Online-Antrags für eine gewisse Beschleunigung, während Landkreise ohne digitale Voranmeldung tendenziell länger brauchen. Hinzu kommen saisonale Faktoren wie Urlaubszeiten, die in Foren immer wieder als zusätzliche Ursache für Rückstände genannt werden.
Reaktionen und mögliche Lösungen
Die Landesregierung verweist auf die kommunale Zuständigkeit und sieht kurzfristig nur begrenzte Eingriffsmöglichkeiten. Die angekündigte Übergangslösung in Magdeburg könnte jedoch Modellcharakter für andere Städte und Landkreise haben. Langfristig fordern Verbände eine vollständige Digitalisierung des Antragsprozesses, um Bearbeitungszeiten zu verkürzen und Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
Checkliste: So verkürzen Sie Ihre Wartezeit
- Beantragen Sie die Geburtsurkunde sofort nach der Geburt.
- Stellen Sie den Elterngeldantrag so früh wie möglich – auch unvollständig, wenn nötig.
- Nutzen Sie, falls vorhanden, Online-Voranmeldungen Ihrer Kommune.
- Halten Sie alle geforderten Unterlagen bereit, um Nachforderungen zu vermeiden.
- Fragen Sie nach einer schriftlichen Bestätigung des Antragseingangs.
Die Perspektive der Eltern
Die derzeitige Situation bringt viele Eltern in eine Zwickmühle: Einerseits besteht die gesetzliche Frist, andererseits blockiert die verzögerte Ausstellung der Geburtsurkunde den Beginn des Antragsverfahrens. Einige Eltern sprechen in sozialen Netzwerken offen darüber, eine Untätigkeitsklage in Betracht zu ziehen, um Druck auf die Behörden auszuüben. Ob dieser Schritt sinnvoll ist, hängt jedoch vom Einzelfall ab und sollte rechtlich geprüft werden.
Während kurzfristige Lösungen wie die Vorab-Antragstellung mit Bescheinigung der Geburt etwas Entlastung bringen, sind langfristig strukturelle Änderungen notwendig. Eine landesweit einheitliche digitale Plattform könnte nicht nur Bearbeitungszeiten verkürzen, sondern auch Transparenz schaffen. Bis dahin bleibt Eltern nur, ihre Anträge so früh und vollständig wie möglich zu stellen – und sich auf mögliche Wartezeiten einzustellen.
Die Debatte um das Elterngeld in Sachsen-Anhalt zeigt, wie wichtig funktionierende Verwaltungsprozesse für die Lebensrealität junger Familien sind. Verzögerungen bedeuten nicht nur bürokratischen Ärger, sondern können reale finanzielle Sorgen auslösen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die angekündigten Maßnahmen Wirkung zeigen – oder ob sich der Frust der Eltern weiter verstärkt.