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Söders Bürgergeld-Vorstoß sorgt für hitzige Debatte – auch im Harz

Harz: Die Debatte um Bürgergeldzahlungen an ukrainische Geflüchtete hat mit einem Vorstoß von CSU-Chef Markus Söder bundesweit Wellen geschlagen. Auch im Harz wird kontrovers diskutiert: Ist der Vorschlag ein notwendiger Schritt zur Entlastung des Sozialsystems – oder reine Symbolpolitik auf dem Rücken Schutzsuchender?

Der Vorstoß im Überblick: Was Söder fordert – und warum gerade jetzt

CSU-Parteichef Markus Söder hat sich in den vergangenen Tagen öffentlich dafür ausgesprochen, allen ukrainischen Geflüchteten in Deutschland das Bürgergeld zu streichen. Stattdessen sollen sie künftig – wie Asylbewerber aus anderen Ländern – lediglich die geringeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Dies beträfe nicht nur Neuankömmlinge, sondern auch rückwirkend alle bereits in Deutschland lebenden ukrainischen Kriegsflüchtlinge.

Seine Begründung: Die staatlichen Ausgaben für das Bürgergeld seien auf ein Rekordhoch gestiegen, während die Beschäftigungsquote unter ukrainischen Geflüchteten weiterhin gering sei. „Es kann nicht sein, dass Menschen über Jahre Leistungen beziehen, ohne sich zu integrieren oder eine Beschäftigung aufzunehmen“, ließ Söder in mehreren Interviews verlauten.

Wie hoch ist das Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete?

Laut aktueller Zahlen lag die durchschnittliche Höhe des Bürgergeldes für ukrainische Geflüchtete im Jahr 2024 bei etwa 734 Euro pro Monat. Insgesamt zahlte der Staat rund 6,3 Milliarden Euro für diese Gruppe. Rund 701.000 ukrainische Staatsangehörige bezogen im März 2025 Bürgergeld – davon etwa 502.000 erwerbsfähige Erwachsene.

Die Regelung im Koalitionsvertrag

Bereits im Koalitionsvertrag der Ampel wurde beschlossen, dass ab dem 1. April 2025 nur noch neu ankommende Ukrainerinnen und Ukrainer Asylbewerberleistungen erhalten. Söders Forderung geht jedoch weiter: Auch Menschen, die bereits in Deutschland leben, sollen ihre Bürgergeldansprüche verlieren. Diese Rückwirkung macht den Vorschlag besonders brisant.

Reaktionen aus Berlin und den Ländern – zwischen Zustimmung und Ablehnung

SPD-Politiker Lars Klingbeil reagierte umgehend mit Kritik: „Manche Vorschläge tragen nicht dazu bei, dass wir in der Koalition gemeinsam vorankommen.“ Auch Dirk Wiese, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, sprach von einem populistischen Vorstoß ohne echte Einsparwirkung. Er warnte vor einem „bürokratischen Monster“ in den Verwaltungen.

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Doch nicht alle Stimmen sind ablehnend. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von einem notwendigen Impuls: „Nur etwa jede dritte erwerbsfähige Ukrainerin arbeitet aktuell – das ist zu wenig.“ Auch CDU-Kanzleramtschef Thorsten Frei zeigte sich offen für eine Diskussion über Söders Forderung, sofern sie mit der SPD abgestimmt sei.

Wie sehen Kritik und Reaktionen auf Söders Vorschlag aus?

Sozialverbände wie die Caritas kritisieren die Idee scharf. Präsidentin Eva Welskop-Deffaa warnt vor neuen sozialen Spannungen und einem Rückfall in integrationsfeindliche Maßnahmen: „Statt Integration zu fördern, werden Menschen in Unsicherheit gestürzt.“ Auch Vertreterinnen der ukrainischen Community, wie Oleksandra Bienert, warnen: „Die Leistungskürzungen würden viele in Armut treiben und die Integration massiv erschweren.“

Stimmen aus der Region: Was sagt man im Harz?

In Städten wie Wernigerode und Goslar äußerten sich Bürger gegenüber lokalen Medien gespalten. Während einige Verständnis für Söders Argumente zeigen, fühlen sich andere durch den Vorstoß an eine „Entsolidarisierung“ erinnert. Eine ehrenamtliche Helferin aus Ilsenburg sagte: „Wir betreuen ukrainische Familien seit zwei Jahren. Sie wollen arbeiten, aber es fehlen Kinderbetreuung und Sprachkurse.“

Was wäre die Auswirkung, wenn Ukrainer kein Bürgergeld mehr bekämen?

Würde Söders Vorschlag umgesetzt, müssten ukrainische Geflüchtete auf die deutlich niedrigeren Asylbewerberleistungen zurückgreifen. Das bedeutet weniger finanzielle Mittel pro Person, mehr Bürokratie für Behörden und potenziell größere Armut unter Geflüchteten. Gleichzeitig könnten so jedoch Milliarden eingespart werden. Die Rechnung bleibt jedoch umstritten – auch wegen der hohen Umstellungskosten in Verwaltung und System.

Arbeitsmarktintegration: Wo steht Deutschland wirklich?

Aktuell sind rund 272.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch bedeutet das: Zwei Drittel der erwerbsfähigen Personen arbeiten nicht, viele aufgrund fehlender Qualifikationsanerkennung, Sprachbarrieren oder Kinderbetreuung.

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Warum fordert Söder die Streichung des Bürgergeldes für Ukrainer?

Markus Söder begründet seinen Vorschlag vor allem mit der Kombination aus hohen Sozialausgaben und einer aus seiner Sicht unzureichenden Integrationsleistung. Ziel sei es, Anreize zu setzen, sich schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren – und zugleich die Kommunen zu entlasten.

Faktencheck: Gründe für langsame Integration

  • Über 80 % der ukrainischen Geflüchteten sprachen bei Einreise kein Deutsch.
  • Etwa 90 % haben inzwischen Kurse auf A2/B1-Niveau absolviert.
  • Hoher Anteil an Müttern mit Kindern unter 12 Jahren.
  • Viele Berufsausbildungen werden in Deutschland nicht anerkannt.

Debatte in sozialen Medien und Foren

In sozialen Netzwerken wie X (ehemals Twitter) trendete die Debatte unter Hashtags wie #Söder und #Bürgergeld. Kanäle wie „Gegen-Hartz“ warnten vor einer Entsolidarisierung. In Foren wie dem „Erwerbslosenforum Deutschland“ äußerten sich viele Bürgergeldempfänger besorgt: Wenn nun rückwirkend Leistungen gestrichen würden, könne dies auch andere Gruppen treffen.

Ein besonders kontrovers diskutierter Satz stammt vom ZDF-Hauptstadtkorrespondenten Wulf Schmiese, der meinte: „Söders Vorschlag hat etwas von Populismus, weil er Menschen trifft, die sich mangels Wahlrecht jedenfalls nicht an der Wahlurne wehren können.“ Diese Formulierung wurde tausendfach geteilt – teils zustimmend, teils empört.

Wie geht es nun weiter?

Rein rechtlich ist eine Änderung der Bürgergeld-Regelungen für Ukrainer nur im Einvernehmen mit dem Bundestag möglich. Die Ampel-Koalition hat sich bereits auf eine eingeschränkte Neuregelung verständigt – eine Rückwirkung auf bereits Anwesende, wie von Söder gefordert, wäre ein Bruch mit dieser Vereinbarung. Dennoch hat die Debatte politische Signalwirkung, insbesondere im Vorfeld der Landtagswahlen in mehreren Bundesländern.

Wer bekommt Bürgergeld in Deutschland und gelten dabei ukrainische Geflüchtete?

Grundsätzlich haben alle erwerbsfähigen Menschen zwischen 15 und dem Rentenalter Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie in Deutschland leben, hilfebedürftig sind und keine ausreichenden Mittel zur Lebenssicherung haben. Für ukrainische Geflüchtete gilt dies seit März 2022, sofern sie nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes registriert sind. Diese Sonderregelung unterscheidet sie von anderen Flüchtlingsgruppen.

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Soziale Fragen, politische Risiken

Unabhängig von der konkreten Umsetzung stellt sich eine zentrale Frage: Welche Signale sendet Deutschland mit solchen Vorstößen? Für viele Kritiker geht es längst nicht mehr nur um Eurobeträge, sondern um Grundhaltungen in der Flüchtlings- und Sozialpolitik. Eine pauschale Streichung des Bürgergeldes für bestimmte Gruppen könnte als Dammbruch verstanden werden – mit Folgen für das gesellschaftliche Klima und die Bereitschaft zur Integration.

Gleichzeitig zeigt die Diskussion, wie angespannt die Lage in vielen Kommunen ist. Die Debatte ist auch ein Ausdruck der Belastungsgrenzen auf lokaler Ebene – sowohl finanziell als auch emotional. Der Harz steht hier beispielhaft für viele Regionen, in denen Willkommenskultur und Pragmatismus täglich neu austariert werden müssen.

Die Diskussion um das Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete offenbart ein zentrales Dilemma der deutschen Sozialpolitik: Wie lässt sich zwischen humanitärer Verantwortung und haushaltspolitischer Vernunft vermitteln? Söders Vorstoß mag strategisch motiviert sein, doch er hat eine gesamtgesellschaftliche Debatte entfacht, die nicht einfach zu beenden ist. Integration ist mehr als Statistik – sie braucht Zeit, Unterstützung und Verlässlichkeit. Inmitten politischer Rhetorik dürfen die Menschen nicht vergessen werden, um die es geht.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.