
Goslar – In einer feierlichen Zeremonie überreichte Landrat Dr. Alexander Saipa am 26. Juni 2025 insgesamt 30 Personen aus neun Herkunftsländern die deutsche Staatsbürgerschaft. Die vierte Einbürgerungsfeier des Jahres fand im Kreishaus statt und stand ganz im Zeichen von Integration, Vielfalt und Zusammengehörigkeit.
Ein bedeutungsvoller Schritt im Leben vieler Menschen
Die Einbürgerung stellt für viele Menschen einen emotionalen Meilenstein dar – sie ist mehr als ein bürokratischer Vorgang. Mit dem Erhalt der deutschen Staatsangehörigkeit beginnt ein neues Kapitel, in dem Rechte, Pflichten und Chancen gleichberechtigt mit allen anderen Bürgerinnen und Bürgern geteilt werden. Für 18 Erwachsene und 12 Kinder bedeutete die Veranstaltung im Landkreis Goslar genau das: ein offizielles Willkommen in der Mitte der Gesellschaft.
Landrat Dr. Saipa würdigte in seiner Ansprache nicht nur die Lebensgeschichten der Eingebürgerten, sondern auch deren Entscheidung, sich aktiv zu Deutschland zu bekennen. „Mit Ihrer Einbürgerung haben Sie sich für unsere Grundrechte, unsere demokratischen Werte und unsere Gesellschaft entschieden“, betonte der Landrat vor den Gästen. Musikalisch begleitet wurde die Zeremonie durch eine Darbietung von Nina Bohnsack (Flöte) und Zoey Bohn (Klavier), die mit einer Mozart-Sonate für feierliche Stimmung sorgten.
Einbürgerung im Wandel – Rekordzahlen in ganz Deutschland
Die Veranstaltung in Goslar steht exemplarisch für eine Entwicklung, die derzeit bundesweit zu beobachten ist: Die Zahl der Einbürgerungen ist so hoch wie nie zuvor. Im Jahr 2024 wurden laut Statistischem Bundesamt 291.955 Menschen eingebürgert – ein Anstieg von 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das ist nicht nur ein statistischer Höchststand, sondern spiegelt auch eine veränderte Einwanderungspolitik sowie gesellschaftliche und gesetzliche Veränderungen wider.
Top-Herkunftsländer bei Einbürgerungen 2024
Herkunftsland | Anteil an allen Einbürgerungen |
---|---|
Syrien | 28 % |
Türkei | 14 % |
Irak | 7 % |
Afghanistan | 6 % |
Rumänien | 5 % |
Neue gesetzliche Rahmenbedingungen als Treiber
Eine der Hauptursachen für den Anstieg liegt im Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz, das am 27. Juni 2024 in Kraft trat. Es erleichtert die Einbürgerung erheblich:
- Verkürzung der Mindestaufenthaltsdauer von 8 auf 5 Jahre (bei besonderer Integration auf 3 Jahre)
- Erlaubnis der doppelten Staatsbürgerschaft auch für Menschen außerhalb der EU
- Digitalisierte Verfahren und vereinfachte Antragsstellung
Diese Veränderungen zeigen Wirkung. Auch in Goslar wurde ein deutlicher Anstieg verzeichnet: Während 2023 noch 443 Menschen eingebürgert wurden, waren es 2024 bereits 659 – ein Zuwachs von fast 49 % im Jahresvergleich. Bis Mitte 2025 beläuft sich die Zahl auf 892. Die Einbürgerungsfeiern wurden auf vier Termine im Jahr ausgeweitet – die nächste findet am 9. Oktober 2025 statt.
Einbürgerung im Alltag – Herausforderungen bleiben
Trotz aller Fortschritte zeigen Erfahrungsberichte aus Foren und sozialen Medien, dass die Einbürgerung für viele Antragstellende auch mit Unsicherheiten und Frustrationen verbunden ist. In einem bekannten Integrationsforum schreibt ein Nutzer:
„Die Behörde … hat mein Verfahren pausiert, weil ich aktuell in der Probezeit bin.“
Eine weitere Nutzerin berichtet:
„…mein Vater hat sich illegal aufgehalten…deswegen wurde für mich keine Geburtsurkunde ausgestellt. Nun … verlangt die Ausländerbehörde eine Geburtsurkunde.“
Diese Beispiele verdeutlichen, wie schnell die Hoffnung auf ein schnelles Verfahren ins Stocken geraten kann. Häufige Probleme sind:
- Unklare oder fehlende Dokumente
- Verzögerte Bearbeitung wegen Wohnsitzwechsel oder formaler Beschäftigungsverhältnisse
- Lange Wartezeiten von bis zu 13 Monaten, etwa in Großstädten wie Hamburg oder Berlin
Tipps aus der Community
In Online-Foren wie HandbookGermany oder Reddit tauschen sich Betroffene über konkrete Handlungsmöglichkeiten aus:
- Verweis auf „Untätigkeitsklage“ bei überlanger Bearbeitungszeit
- Beratungsangebote von Migrationsberatungsstellen nutzen
- Dokumente frühzeitig sammeln und Beglaubigungen vorbereiten
Solche Informationen sind insbesondere für Menschen wichtig, die kein formelles Unterstützungsnetzwerk haben oder sprachlich eingeschränkt sind.
Feierlichkeiten: Symbol oder Pflichttermin?
Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Wahrnehmung der Einbürgerungsfeiern selbst. Eine aktuelle Studie zeigt, dass nur 10 Prozent der Eingebürgerten ihre Urkunde im Rahmen einer offiziellen Feier erhielten. Gleichzeitig sehen 42 % diese Veranstaltungen eher als symbolischen Pflichttermin denn als persönlichen Höhepunkt. Zwei Drittel jedoch empfinden sie als Teil einer Willkommenskultur, die Orientierung und Zugehörigkeit vermittelt.
Auch Landrat Saipa betont die Bedeutung solcher Feiern: „Die Einbürgerung ist kein Verwaltungsakt, sondern ein bewusster Schritt in unsere gemeinsame Zukunft. Das verdient Anerkennung und Respekt.“
Mehr als ein Dokument – Bedeutung der Staatsbürgerschaft
Die deutsche Staatsangehörigkeit ist nicht nur ein Ausweisdokument – sie eröffnet vielfältige gesellschaftliche und politische Teilhabe:
- Wahlrecht bei Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen
- Zugang zu Beamtenlaufbahnen
- Vereinfachter Zugang zu Sozialleistungen
- Reisefreiheit durch den deutschen Pass
Darüber hinaus zeigen Studien, dass Eingebürgerte häufiger langfristig in Deutschland bleiben, schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden und sich politisch engagieren. Die Erwerbstätigenquote von eingebürgerten Migrantinnen und Migranten liegt inzwischen bei rund 70 % – ein deutliches Zeichen für gelungene Integration.
Fazit: Die Einbürgerung als Spiegel gesellschaftlicher Entwicklung
Die Einbürgerungsfeier in Goslar war ein lokales Ereignis mit weitreichender symbolischer Bedeutung. Sie steht exemplarisch für eine Nation im Wandel – offener, vielfältiger und integrationsorientierter als noch vor wenigen Jahren. Doch trotz aller Reformen und positiver Entwicklungen bleiben Herausforderungen bestehen: Die Bürokratie ist noch nicht überall barrierefrei, Verfahren sind komplex, und nicht alle Antragsteller erleben die ersehnte Zugehörigkeit sofort.
Dennoch bleibt die Einbürgerung ein starkes Signal – für die, die kommen, bleiben und sich einbringen wollen. Und für eine Gesellschaft, die bereit ist, diese neuen Bürgerinnen und Bürger willkommen zu heißen. Mit Musik, mit Worten – und mit Anerkennung.