Oberharz

DLRG im Oberharz schlägt Alarm: Nachwuchs fehlt – gezielte Förderung gefordert

Oberharz. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Oberharz steht vor großen Herausforderungen. Vor allem der Nachwuchs in der Wasserrettung fehlt, und gezielte Fördermaßnahmen sind dringend notwendig. Die Ortsgruppe Benneckenstein warnt vor einem wachsenden Personalengpass, der nicht nur die Schwimmausbildung, sondern auch die Sicherheit an Gewässern gefährdet.

Eine Ortsgruppe mit breitem Aufgabenprofil

Die DLRG-Ortsgruppe Benneckenstein ist fest in der Region verankert und deckt ein breites Spektrum ab: von Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung über Erste-Hilfe-Kurse bis hin zum Einsatz im Katastrophenschutz. Dazu gehören der Sanitätszug 2 des Landkreises Harz, ein Gerätewagen Sanität, ein Notfall-Krankentransportwagen sowie die Beteiligung an der Medizinischen Task Force. Auch eine Rettungshundestaffel gehört zum Portfolio – eine Seltenheit in der Wasserrettung, die den Einsatzbereich weit über den klassischen Wachdienst hinaus erweitert.

„Wir brauchen eure Hilfe!“ – mit diesem Aufruf ging die Ortsgruppe im Mai über einen Facebook-Livestream an die Öffentlichkeit. Die Botschaft war klar: Ohne mehr engagierte Helferinnen und Helfer, vor allem aus der jüngeren Generation, können viele Aufgaben langfristig nicht mehr in der gewohnten Qualität erfüllt werden.

Warum Nachwuchsgewinnung so schwierig ist

Der Mangel an Nachwuchs ist kein exklusives Problem des Oberharzes. Bundesweit fehlen mindestens 3.000 Fachkräfte im Bereich Schwimm- und Badeaufsicht. Viele Kinder verlassen die Grundschule, ohne sicher schwimmen zu können. Laut aktuellen Erhebungen sind fast die Hälfte der Kinder aus einkommensschwachen Haushalten nicht schwimmfähig, während dieser Anteil bei wohlhabenderen Familien deutlich niedriger liegt. Das Problem ist nicht nur eine Frage der Freizeitgestaltung, sondern betrifft direkt die Sicherheit an Seen, Flüssen und in Schwimmbädern.

Auch die Bäderinfrastruktur trägt zur Situation bei. Sanierungsbedürftige Hallen- und Freibäder sowie verkürzte Öffnungszeiten schränken die Trainingsmöglichkeiten massiv ein. In der Region Oberharz mussten in der Vergangenheit Schwimmzeiten immer wieder verschoben oder gestrichen werden, weil Technik oder Finanzierung fehlten.

Frühe Bindung ist der Schlüssel

Eine der erfolgreichsten Strategien zur Nachwuchsgewinnung ist die frühe Einbindung von Kindern und Jugendlichen. Schulprojekttage, Kooperationen mit Kitas und Grundschulen oder spezielle Programme wie das Jugend-Einsatz-Team (JET) sorgen dafür, dass schon ab etwa zehn Jahren ein systematischer Weg in die Wasserrettung aufgezeigt wird.

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Was ist das Jugend-Einsatz-Team (JET) und wie funktioniert es?

Das JET ist ein bundesweites Nachwuchsprogramm der DLRG. Jugendliche werden ab dem Juniorretter-Abzeichen schrittweise an weiterführende Qualifikationen wie Bronze, Silber oder Gold herangeführt. Neben der reinen Schwimmausbildung umfasst das Programm auch Erste-Hilfe-Kurse, Knotenkunde und den Umgang mit Rettungsgeräten. Bundesweit sind über 8.000 Jugendliche in JETs aktiv – ein starkes Fundament, das jedoch weiter ausgebaut werden muss.

In Benneckenstein gehören solche Ausbildungsstufen fest zum Jahresplan. Allerdings fehlt es an ausreichend Ausbilderinnen und Ausbildern, um mehr Interessierte gleichzeitig schulen zu können. Hier setzt der Appell des Vorstandes an: gezielte Förderung bedeutet auch, die Qualifizierung von Trainern zu beschleunigen und zu finanzieren.

Gezielte Förderung – was das konkret bedeutet

Gezielte Förderung ist mehr als nur finanzielle Unterstützung. Sie umfasst:

  • Den Ausbau von Ausbildungsplätzen für Trainer und Ausbilder
  • Die Bereitstellung von Lehrmaterialien und moderner Ausrüstung
  • Sozial gestaffelte Kursgebühren, um auch einkommensschwachen Familien Zugang zu ermöglichen
  • Kooperationen mit Schulen, Hochschulen und Sportvereinen
  • Öffentlichkeitsarbeit über Social Media und lokale Veranstaltungen

Ein Beispiel für die Verbindung von Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit sind Erste-Hilfe-Kurse für Eltern, bei denen gleichzeitig über die Arbeit der DLRG informiert und neue Mitglieder gewonnen werden. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten außerhalb der Wasserrettung – etwa Sanitätsdienste bei Events oder Unterstützung im Katastrophenschutz – können ein attraktiver Einstieg sein.

Der soziale Faktor: Schwimmen als Bildungschance

Schwimmen ist nicht nur eine Sportart, sondern eine essenzielle Lebenskompetenz. In Deutschland ertrinken jedes Jahr Hunderte Menschen, ein großer Teil davon in Seen und Flüssen. Prävention beginnt im Kindesalter – und hier spielt die DLRG eine zentrale Rolle. Für viele Kinder im Oberharz ist der Schwimmkurs der DLRG der erste Kontakt mit dem Wasser unter professioneller Anleitung.

Eltern fragen sich oft: „Wie kann die DLRG Nachwuchs für Rettungsschwimmen in ländlichen Regionen gewinnen?“ – Die Antwort liegt in der Kombination aus lokaler Präsenz, niedrigschwelligen Angeboten und kontinuierlicher Begleitung vom Schwimmanfänger bis zum aktiven Rettungsschwimmer.

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Herausforderung Ehrenamt

Für die Ortsgruppe Benneckenstein ist das Ehrenamt der Motor der Arbeit. Doch auch hier zeigen sich Probleme: Bürokratische Hürden, steigende Anforderungen an Qualifikationen und begrenzte zeitliche Ressourcen machen es schwieriger, Ehrenamtliche langfristig zu binden. Eine aktuelle Umfrage zur Lage des Ehrenamts zeigt, dass viele Helfer sich mehr Unterstützung in Form von Verwaltungsentlastung und klaren Förderstrukturen wünschen.

„Wir verlieren immer wieder Menschen, weil der Zeitaufwand für Ausbildung, Einsätze und Verwaltung zu hoch wird“, sagt ein Vorstandsmitglied. „Es braucht Strukturen, die uns entlasten, damit wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können: die Ausbildung und Sicherheit im Wasser.“

Neue Ansätze aus Social Media und Community-Arbeit

Interessant ist der Blick auf moderne Rekrutierungswege. Social-Media-Kanäle wie Instagram und Facebook dienen nicht nur als Informationsplattform, sondern auch als aktives Werbeinstrument. Livestreams, Reels und Story-Formate zeigen den Alltag im Verein, Wettkämpfe, Jugendcamps oder Einsätze – und sprechen vor allem jüngere Zielgruppen an.

Foren und Community-Plattformen belegen, dass die DLRG vor allem bei Jugendlichen punkten kann, wenn die Vielfalt der Tätigkeiten sichtbar wird: vom klassischen Rettungsschwimmen über Sanitätsdienste bis hin zu Spezialeinheiten wie der Rettungshundestaffel. Dies erhöht die Identifikation und bindet langfristig.

Regionale Besonderheiten des Oberharzes

Die Topografie des Oberharzes mit zahlreichen Seen, Flüssen und touristisch genutzten Gewässern macht die Arbeit der DLRG besonders anspruchsvoll. Während in städtischen Gebieten oft auf Schwimmhallen zurückgegriffen werden kann, müssen die Ortsgruppen im Harz verstärkt in Freiwasserumgebungen ausbilden. Dies erfordert nicht nur spezielles Training, sondern auch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.

Ein wiederkehrendes Problem sind die wechselnden Verfügbarkeiten von Schwimmbädern in der Region. Technische Probleme, Sanierungsarbeiten oder Budgetkürzungen führen immer wieder zu Ausfällen. Hier könnten mobile Trainingskonzepte, Kooperationen mit benachbarten Gemeinden oder alternative Ausbildungsorte Abhilfe schaffen.

Antworten auf häufige Elternfragen

Welche Fördermöglichkeiten gibt es für DLRG-Ortsgruppen zur Ausbildung von Jugendlichen?

Neben kommunalen Zuschüssen bieten auch Landesverbände und Stiftungen Fördergelder. Häufig beteiligen sich zudem lokale Unternehmen, etwa durch Sponsoring von Ausrüstung oder Übernahme von Kursgebühren für bedürftige Familien.

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Wie viele Kinder erreichen in Deutschland das Juniorretter-Abzeichen?

Im Jahr 2023 erreichten 8.459 Kinder bundesweit das Juniorretter-Abzeichen – ein Rekordwert, der zeigt, wie wichtig gezielte Nachwuchsprogramme sind.

Welche Rolle spielen DLRG-Jugendprogramme beim Katastrophenschutz?

Jugendprogramme dienen als langfristige Nachwuchsbasis. Schon in jungen Jahren werden Kompetenzen aufgebaut, die später im Katastrophenschutz und bei Sanitätsdiensten unverzichtbar sind.

Warum sind gezielte Fördermaßnahmen für Nachwuchs in der DLRG notwendig?

Weil nur so langfristig die Sicherheit an Gewässern gewährleistet werden kann. Fehlende Fachkräfte, sinkende Schwimmfähigkeit und die Belastung des Ehrenamts machen es erforderlich, in Ausbildung, Ausrüstung und Strukturen zu investieren.

Ausblick und Handlungsbedarf

Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob die DLRG im Oberharz ihre Aufgaben weiterhin in vollem Umfang erfüllen kann. Dazu braucht es eine doppelte Strategie: zum einen die Gewinnung und Bindung junger Mitglieder, zum anderen die Unterstützung der Ehrenamtlichen durch weniger Bürokratie und bessere Rahmenbedingungen.

Die Ortsgruppe Benneckenstein steht exemplarisch für viele ländliche Regionen Deutschlands. Sie verfügt über engagierte Mitglieder, breite Einsatzfelder und eine wichtige Rolle in der Sicherheitsstruktur. Doch ohne gezielte Förderung, gesellschaftliche Anerkennung und kontinuierliche Nachwuchsarbeit wird es schwer, diese Position zu halten. Die Rettungsschwimmer im Oberharz wissen: Sicherheit im Wasser beginnt an Land – mit einer starken Gemeinschaft, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.

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Über den Autor

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Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.