
Magdeburg. In Sachsen-Anhalt setzt sich ein mehrjähriger Positivtrend fort: Mehr Menschen melden ein Gewerbe an, als es wieder abgemeldet wird. Besonders Kfz-nahe Branchen und Umweltdienstleister verzeichnen Zuwächse, während der Trend auch von Nebenerwerbsgründungen getragen wird. Hinter den Zahlen steckt ein vielschichtiges Bild aus regionalen Entwicklungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Gründerrealität.
Ein stabiler Trend trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten
Die neuesten Daten des Statistischen Landesamtes belegen: Im ersten Halbjahr 2025 wurden in Sachsen-Anhalt 6.138 Gewerbe angemeldet – ein Plus von 5 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig lag die Zahl der Abmeldungen bei 5.133, womit ein positiver Saldo von 1.005 Unternehmen entstand. Bereits 2024 zeigte sich eine ähnliche Tendenz: 11.267 Anmeldungen standen 10.091 Abmeldungen gegenüber.
Besonders auffällig ist der Branchenmix: Kfz-Handel, Werkstätten sowie Dienstleistungen rund um Wartung und Reparatur zählen zu den Spitzenreitern. Dazu kommt ein deutlicher Anstieg in der Branche „Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung sowie Beseitigung von Umweltverschmutzungen“ – hier wurden im August 2025 ganze 75 % mehr Anmeldungen als im Vorjahr registriert.
Hintergründe und bundesweite Einordnung
Die Entwicklung in Sachsen-Anhalt steht nicht isoliert da. Der KfW-Gründungsmonitor 2024 zeigt bundesweit ein gemischtes Bild: Während Vollerwerbsgründungen rückläufig sind, steigt die Zahl der Nebenerwerbsgründungen deutlich an. In Zahlen bedeutet das: 205.000 Vollerwerbsgründungen (−8 %) und 363.000 Nebenerwerbsgründungen (+11 %) im Bundesgebiet. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in Sachsen-Anhalt wider, wo viele neue Unternehmen zunächst klein starten.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) weist in seinen Jahresberichten darauf hin, dass neben bürokratischen Hürden auch die Finanzierung ein zentrales Thema bleibt. In Ostdeutschland spielt zudem die Netzwerkinfrastruktur für Gründerinnen und Gründer eine Rolle – eine Beobachtung, die durch aktuelle Studien zu weiblichen Gründungen im Osten gestützt wird.
Regionale Unterschiede und Schwerpunkte
Betrachtet man die kreisfreien Städte, zeigt sich ein differenziertes Bild. Magdeburg und Halle verzeichnen den größten absoluten Zuwachs an Anmeldungen, während ländliche Regionen teilweise stagnieren oder nur geringe Nettozuwächse erreichen. Gründe hierfür liegen unter anderem in der regionalen Branchenstruktur, der Dichte an Zulieferbetrieben und der Verfügbarkeit von Fachkräften.
Besonders in den Großstädten entstehen viele Kleinstbetriebe im Nebenerwerb – häufig im Dienstleistungsbereich oder im Online-Handel. Auf dem Land dominieren dagegen Handwerk und persönliche Dienstleistungen, die eine stärkere Bindung an den lokalen Markt haben.
Formalia: Was Gründer wissen sollten
Gebühren und Ablauf
Die Gebühren für eine Gewerbeanmeldung variieren in Sachsen-Anhalt je nach Kommune zwischen 15 € und 60 €. Der Ablauf ist unkompliziert: Wer möchte, kann in vielen Städten – wie Magdeburg – sein Gewerbe vollständig online anmelden. Die Bearbeitung erfolgt meist innerhalb weniger Tage, bei persönlicher Vorsprache gibt es den Gewerbeschein sofort.
Benötigte Unterlagen
Welche Dokumente nötig sind, hängt von der Art des Gewerbes ab. In Schönebeck beispielsweise benötigen Anmeldende:
- Personalausweis oder Reisepass mit Meldebescheinigung
- Handelsregisterauszug oder Gesellschaftsvertrag (bei juristischen Personen)
- Handwerkskarte bei zulassungspflichtigen Handwerken
- Erlaubnis oder Konzession bei genehmigungspflichtigen Tätigkeiten
Ummeldungspflichten
Eine Ummeldung wird erforderlich, wenn sich der Unternehmenssitz innerhalb derselben Kommune verlegt, sich der Gewerbezweck ändert, der Name wechselt oder zusätzliche Leistungen aufgenommen werden. Versäumt man dies, kann es zu Bußgeldern kommen.
Genehmigungspflichtige und überwachte Gewerbe
Bestimmte Tätigkeiten sind überwachungspflichtig, darunter Detekteien, Reisebüros, Pflegedienste oder Schlüsseldienste. Wer in diesen Bereichen tätig werden möchte, muss zusätzliche Nachweise erbringen, etwa ein polizeiliches Führungszeugnis oder einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister.
Nach der Anmeldung: Automatische Schritte
Nach einer Gewerbeanmeldung informiert die zuständige Behörde automatisch weitere Stellen: das Finanzamt, die Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer, die zuständige Berufsgenossenschaft sowie gegebenenfalls die Krankenkassen. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich darauf einstellen, dass innerhalb weniger Wochen Post von diesen Institutionen eintrifft.
Praxisberichte und Stolperfallen
In Foren und sozialen Netzwerken teilen Gründer häufig ihre Erfahrungen mit dem Anmeldeprozess. Besonders oft wird berichtet, dass kurz nach der Anmeldung Werbeschreiben oder vermeintliche Rechnungen von privaten Anbietern eingehen, die offiziell wirken, aber tatsächlich kostenpflichtige Branchenbucheinträge oder Marketingdienste verkaufen. Experten raten hier zur Vorsicht und empfehlen, solche Schreiben genau zu prüfen.
Ebenfalls häufig angesprochen wird die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung über ELSTER, die seit 2021 für fast alle Gewerbetreibenden gilt. Gerade Kleingewerbetreibende sollten sich frühzeitig mit den steuerlichen Anforderungen vertraut machen, um späteren Ärger zu vermeiden.
Service und Unterstützung vor Ort
Viele Städte und Gemeinden bieten neben der formalen Anmeldung auch Beratungsangebote an. In Halle etwa gibt es feste Ansprechpartner mit veröffentlichten Sprechzeiten, eine Hotline sowie die Möglichkeit, Termine online zu buchen. Diese Services werden besonders von Erstgründern geschätzt, die sich noch nicht im Behördendschungel auskennen.
Auf Instagram betreibt das Netzwerk „HIER. we go“ eine Plattform für Gründerinnen und Gründer in Sachsen-Anhalt, auf der Events, Förderprogramme und Netzwerktreffen beworben werden. Dort finden Interessierte aktuelle Hinweise zu Wettbewerben, Schulungen und regionalen Kooperationen.
Wirtschaftliches Umfeld: Rückenwind und Gegenwind zugleich
Der Blick auf den Arbeitsmarkt und die konjunkturellen Rahmenbedingungen zeigt, dass die Gründungsdynamik in Sachsen-Anhalt nicht nur aus wirtschaftlicher Stärke gespeist wird. So verzeichnete das Land im ersten Quartal 2025 einen Rückgang der Erwerbstätigkeit, vor allem im verarbeitenden Gewerbe. Gleichzeitig sehen manche in dieser Entwicklung eine Chance: Wer seinen Arbeitsplatz verliert oder unsichere Beschäftigungsverhältnisse hat, wagt eher den Schritt in die Selbstständigkeit.
Das ifo-Geschäftsklima für Ostdeutschland zeigte im Sommer 2025 leichte Schwankungen – eine Abkühlung im Juni, gefolgt von einer Aufhellung im Juli. Diese Werte deuten auf ein fragiles, aber nicht negatives Umfeld hin, in dem sich neue Unternehmen behaupten müssen.
Die häufigsten Fragen rund um die Gewerbeanmeldung in Sachsen-Anhalt
- Wie hoch sind die Gebühren für eine Gewerbeanmeldung in Sachsen-Anhalt? – Je nach Kommune zwischen 15 € und 60 €.
- Kann ich mein Gewerbe auch online anmelden? – Ja, viele Städte bieten eine vollständige Online-Anmeldung mit digitaler Übermittlung aller Unterlagen an.
- Welche Unterlagen brauche ich? – Mindestens Ausweis, je nach Gewerbe zusätzlich Handelsregisterauszug, Handwerkskarte oder Konzession.
- Wann muss ich ummelden? – Bei Änderung von Sitz, Name, Zweck oder Leistungserweiterung innerhalb derselben Kommune.
- Welche Gewerbe sind genehmigungspflichtig? – U. a. Detekteien, Pflegedienste, Schlüsseldienste, Reisebüros.
- Was passiert nach der Anmeldung? – Behörden wie Finanzamt, IHK/HWK und Berufsgenossenschaften werden automatisch informiert.
Ausblick und Chancen für Gründer
Die Zahlen legen nahe, dass Sachsen-Anhalt seinen positiven Gründungstrend in den kommenden Monaten fortsetzen könnte. Unterstützt wird dies durch eine Vielzahl an Förderprogrammen, Beratungsangeboten und Netzwerken, die speziell auf die Bedürfnisse von Kleinst- und Mittelunternehmen zugeschnitten sind.
Gleichzeitig zeigt die Realität, dass die Nachhaltigkeit neuer Unternehmen stark von der allgemeinen Wirtschaftslage, der finanziellen Ausstattung und der unternehmerischen Kompetenz abhängt. Wer sich gründet, sollte nicht nur die formalen Hürden meistern, sondern auch Marktanalysen betreiben, Kundennutzen klar definieren und sich aktiv vernetzen.
Die Mischung aus stabilen Anmeldezahlen, gezielten Unterstützungsangeboten und einer aktiven Gründerszene lässt darauf schließen, dass Sachsen-Anhalt auch in den kommenden Jahren ein spannendes Pflaster für Unternehmensgründungen bleibt – vorausgesetzt, Gründerinnen und Gründer sind gut vorbereitet und nutzen die vorhandenen Ressourcen optimal.