
Oberharz – Die Wälder im Oberharz stehen in diesem Sommer unter einem besonderen Zeichen: Nach einem niederschlagsreichen Juli sprießen die Pilze in vielen Regionen deutlich früher und üppiger als in den Vorjahren. Wer jetzt in den Wald zieht, kann nicht nur kulinarische Schätze entdecken, sondern auch eine besondere Stimmung genießen. Allerdings gilt es, wichtige Regeln zu beachten – denn nicht überall darf gesammelt werden.
Beste Bedingungen für Pilzliebhaber
Der Juli 2025 hat den Pilzsammlern im Oberharz in vielerlei Hinsicht in die Karten gespielt. Mit deutlich überdurchschnittlichen Niederschlägen und milden Temperaturen haben die Wälder ideale Voraussetzungen für das Wachstum von Steinpilzen, Maronen, Pfifferlingen und anderen beliebten Speisepilzen geschaffen. Am Brocken wurden Ende Juli mehrfach zweistellige Niederschlagsmengen verzeichnet, was den Waldboden feucht und pilzfreundlich macht. Gerade in den mittleren Höhenlagen sind die Bedingungen momentan nahezu optimal.
Wo Sammeln erlaubt ist – und wo nicht
Viele Besucher fragen sich: „Darf man im Oberharz Pilze sammeln?“ Die Antwort ist eindeutig: Ja – aber mit Einschränkungen. Im Nationalpark Harz, der sich über Teile des Oberharzes erstreckt, gilt ein striktes Sammelverbot. Hier darf weder gepflückt noch geerntet werden, um die empfindlichen Ökosysteme zu schützen. Außerhalb der Nationalparkgrenzen hingegen ist das Sammeln erlaubt, solange es sich um angemessene Mengen für den Eigenbedarf handelt. Der NABU empfiehlt dabei, nicht mehr als ein bis zwei Kilogramm pro Person und Tag mitzunehmen und besonders geschützte Arten wie den Steinpilz mit Bedacht zu ernten.
Typische Pilzarten im Oberharz
Wer in den Wäldern des Oberharzes unterwegs ist, kann eine Vielzahl an essbaren Pilzarten finden. Zu den häufigsten gehören:
- Steinpilze – aromatisch, festfleischig, beliebter Speisepilz
- Pfifferlinge – leuchtend gelb, pfeffrig im Geschmack
- Maronen-Röhrlinge – leicht nussig, vielseitig in der Küche
- Rotkappen – markant mit rotem Hut
- Gold-Röhrlinge – auffälliger, goldgelber Hut
Im östlichen Harzrand wurden Ende Juni bereits die ersten Pfifferlinge und ein Sommersteinpilz gesichtet – ein deutliches Signal für einen frühen Start in die Saison.
Die richtige Erntemethode
Viele Hobby-Sammler stellen sich die Frage: „Wie ernte ich Pilze richtig, ohne das Myzel zu beschädigen?“ Fachleute empfehlen zwei Methoden: Entweder den Pilz vorsichtig herausdrehen oder mit einem scharfen Messer direkt am Stielansatz abschneiden. Wichtig ist, die Fundstelle nicht zu zertrampeln und Pilze so zu entnehmen, dass die unterirdischen Myzelstrukturen unbeschädigt bleiben. Das sichert das Wiedererscheinen der Pilze an derselben Stelle in den kommenden Jahren.
Giftige Doppelgänger – Gefahr durch Verwechslung
So verlockend ein gefüllter Pilzkorb ist – es gibt auch erhebliche Risiken. Die wohl größte Gefahr ist die Verwechslung von essbaren mit giftigen Arten. Ein prominentes Beispiel: Der hochgiftige Grüne Knollenblätterpilz kann leicht mit dem essbaren Wiesen-Champignon verwechselt werden. Wer unsicher ist, sollte Pilze unbedingt durch einen Pilzsachverständigen prüfen lassen. „Nur Pilze sammeln, die man zweifelsfrei bestimmen kann“, lautet die goldene Regel, die erfahrene Sammler immer wieder betonen.
Die beste Zeit für Pilzfunde
„Wann ist die beste Zeit für Pilzfunde im Oberharz?“ – eine Frage, die jedes Jahr neu gestellt wird. Grundsätzlich liegt die Hauptsaison im Spätsommer und Herbst, oft von Ende August bis Oktober. Besonders gute Chancen bestehen nach mehrtägigen Regenfällen, gefolgt von milden Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad Celsius. Doch Pilzcoaches weisen darauf hin, dass Fruchtkörper grundsätzlich das ganze Jahr über erscheinen können, wenn die Bedingungen passen.
Lokale Tipps aus der Community
Wer sich in sozialen Medien und Pilzforen umhört, bekommt wertvolle Hinweise. In der Facebook-Gruppe „Pilze im Harz“ tauschen sich Sammler über Fundorte und aktuelle Bedingungen aus. Dort wird derzeit empfohlen, gezielt Fichtenbestände mittlerer Höhenlagen aufzusuchen, da Laubwälder nach den Sommerregen noch etwas hinterherhinken. In Foren wie Pilzforum.eu oder 123Pilzforum teilen Nutzer regelmäßig Fotos und Fundberichte, die einen tagesaktuellen Eindruck von der Lage vor Ort vermitteln.
Geführte Wanderungen – Lernen von Experten
Für alle, die noch unsicher in der Bestimmung sind, bieten sich geführte Pilzwanderungen an. In Bad Harzburg beispielsweise starten ab August regelmäßig Lehrwanderungen, bei denen Pilzsachverständige wie Hans Manhart die Teilnehmer in Erkennungsmerkmale, ökologische Zusammenhänge und sichere Erntemethoden einführen. Neben der Wissensvermittlung steht hier auch der Respekt vor der Natur im Mittelpunkt.
Praktische Ausrüstung für den Wald
Eine gute Vorbereitung ist der halbe Erfolg. Folgende Ausrüstungsgegenstände sind für Pilzsammler im Oberharz empfehlenswert:
- Korb oder Stoffbeutel (keine Plastiktüten, da Pilze darin verderben)
- Scharfes Klappmesser oder spezielles Pilzmesser
- Feste, wasserabweisende Schuhe
- Lange Kleidung zum Schutz vor Zecken
- Bestimmungsbuch oder Pilz-App (als Ergänzung, nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage)
Gesundheit im Blick behalten
Zecken sind auch im Harz ein ernstzunehmendes Thema. Regionale Gesundheitsdienste warnen in diesem Jahr verstärkt vor erhöhtem Zeckenaufkommen. Neben dem Tragen geschlossener Kleidung wird empfohlen, nach jedem Waldgang den Körper gründlich auf Zecken abzusuchen. Eine FSME-Impfung kann in Risikogebieten zusätzlichen Schutz bieten.
Von der Wiese in die Küche
Frisch gesammelte Pilze sollten möglichst am selben Tag verarbeitet werden. Sie lassen sich hervorragend zu Suppen, Saucen oder Pilzpfannen verarbeiten. Wer größere Mengen findet, kann überschüssige Pilze durch Trocknen oder Einfrieren haltbar machen. Dabei gilt: Nur einwandfreie, unbeschädigte Exemplare verwenden.
Artenvielfalt im Harz – ein besonderer Schatz
Der Oberharz und seine Umgebung sind nicht nur reich an klassischen Speisepilzen. In Gebieten wie dem nahegelegenen Kramershai wurde eine beeindruckende Vielfalt an Täublingen und Milchlingen dokumentiert, darunter auch seltene Arten wie der Taiga-Täubling. Solche Vorkommen verdeutlichen, dass Pilze nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch als wichtiger Teil der Biodiversität wertgeschätzt werden sollten.
Warum sich der Waldspaziergang doppelt lohnt
Abseits des Sammelns bietet ein Ausflug in die Wälder des Oberharzes eine besondere Atmosphäre. Der Duft nach feuchtem Moos, das Spiel von Licht und Schatten zwischen den Bäumen und das leise Knacken des Waldbodens unter den Schuhen – all das macht den Reiz aus. Auch wer ohne Korb zurückkehrt, nimmt wertvolle Eindrücke und Erholung mit.
Ein Spaziergang mit Verantwortung
Das Pilzesammeln ist mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung – es ist eine Form der Auseinandersetzung mit der Natur. Wer sich an Regeln hält, nur das Nötige entnimmt und Rücksicht auf die sensiblen Ökosysteme nimmt, trägt dazu bei, dass die Wälder des Oberharzes auch in Zukunft reich an Pilzen bleiben. Mit etwas Wissen, der richtigen Ausrüstung und einem wachsamen Blick wird der nächste Waldgang nicht nur erfolgreich, sondern auch unvergesslich.