
Sachsen-Anhalt: Die diesjährige Erkältungs- und Grippesaison hat in Sachsen-Anhalt zu außergewöhnlich hohen Krankmeldungen geführt. Vor allem in den Wintermonaten stiegen die Fehltage sprunghaft an, was das Bundesland im bundesweiten Vergleich an die Spitze brachte. Neben einer starken Influenza-Welle spielten auch organisatorische Faktoren wie die telefonische Krankschreibung eine Rolle.
Ein starker Saisonstart mit ungewöhnlich hohen Zahlen
Die Auswertungen der Krankenkassen für das erste Halbjahr 2025 zeigen: Atemwegserkrankungen waren in Sachsen-Anhalt der Haupttreiber für den Krankenstand. Im ersten Quartal meldete die DAK-Gesundheit 182 Fehltage pro 100 Beschäftigte allein aufgrund von Erkältung, Bronchitis oder Grippe – ein Plus von 22,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Krankenstand erreichte 7,1 Prozent und lag damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im Halbjahresvergleich waren es noch 6,6 Prozent, was auf eine deutliche Entspannung ab dem zweiten Quartal hinweist.
Warum gab es in Sachsen-Anhalt so viele Fehltage wegen Grippe? Die Kombination aus einem frühen Influenza-A-Peak im Januar/Februar, gefolgt von einer Influenza-B-Welle, führte zu einer besonders langen Phase mit hohen Infektionszahlen. Das bestätigten sowohl die Landesüberwachungsdaten als auch das Robert Koch-Institut. Diese saisonale Dynamik erklärt, warum die Welle erst im Frühjahr abebbte.
Ein Blick auf die Krankheitsmuster
Im Winterhalbjahr entfällt traditionell ein erheblicher Anteil der Fehltage auf Erkrankungen der Atemwege. Nach TK-Angaben machten sie 2024 in Sachsen-Anhalt rund 22 Prozent aller Fehltage aus. Diese Krankheitsgruppe hat dabei eine Besonderheit: Viele Fälle dauern nur wenige Tage, treten jedoch gehäuft auf. So summieren sich die Fehltage im Jahresverlauf, obwohl es sich oft um kurze, aber wiederholte Erkrankungen handelt.
Ein Nutzer aus einem Gesundheitsforum beschreibt seine Erfahrung so: „Seit November war ich bestimmt viermal krank – nie länger als eine Woche, aber jedes Mal richtig aus der Bahn geworfen.“ Diese subjektive Wahrnehmung deckt sich mit den Daten der Kassen, wonach die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle hoch, die Dauer pro Fall aber vergleichsweise kurz ist.
Die Rolle der telefonischen Krankschreibung
Seit Mai 2025 können sich Arbeitnehmer bei leichten Infekten telefonisch bis zu fünf Tage krankschreiben lassen. Diese Regelung erhöht die Hürde zur Krankschreibung nicht, sondern senkt sie – ein Aspekt, der die Statistik beeinflussen kann. Besonders bei Erkältungssymptomen, die in der Vergangenheit vielleicht „ausgesessen“ wurden, wird nun eher eine Krankschreibung in Anspruch genommen. Damit steigt die Zahl der dokumentierten Fehltage, auch wenn der Krankheitsverlauf nicht schwerer ist.
Wer ist besonders betroffen?
Im Branchenvergleich sticht vor allem das Gesundheits- und Sozialwesen hervor. Pflegekräfte in Sachsen-Anhalt verzeichneten im Jahr 2024 durchschnittlich 32,2 Fehltage pro Kopf. Das ist nicht nur deutlich über dem Durchschnitt aller Branchen, sondern auch ein Hinweis auf die besondere Belastung dieser Berufsgruppe. In Berufen mit hohem Patientenkontakt führen schon leichte Symptome häufig zu Krankschreibungen, um Ansteckungen zu vermeiden.
Auch Eltern kleiner Kinder melden sich häufiger krank. Warum wirken sich Kinderkrankentage auf die Fehltage aus? Die Regelung erlaubt pro Kind 15 Tage Freistellung für die Betreuung eines erkrankten Kindes, bei Alleinerziehenden 30 Tage. Bei mehreren Kindern summieren sich diese Tage und können während einer Erkältungs- oder Grippewelle erheblich zum Gesamtvolumen der Fehltage beitragen – unabhängig davon, ob die Eltern selbst erkrankt sind.
Impfquote und Prävention
Welche Rolle spielt die Grippe-Impfquote in Sachsen-Anhalt? In der Saison 2023/24 lag sie bei den über 60-Jährigen bei rund 56 Prozent – deutlich höher als im Bundesschnitt, jedoch rückläufig gegenüber den Vorjahren. Gesundheitsbehörden weisen darauf hin, dass die Impfkampagnen jährlich neu ausgerichtet werden, um auf die jeweils zirkulierenden Virusstämme zu reagieren. Trotzdem ist die Bereitschaft zur Impfung nicht bei allen Zielgruppen gleich hoch.
Das Landesamt für Verbraucherschutz empfiehlt, die Impfung zwischen Oktober und Mitte Dezember vornehmen zu lassen, um optimalen Schutz während des Grippehöhepunkts zu gewährleisten. Ergänzend wird auf Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen, Lüften und das Meiden von Menschenansammlungen in der Hochsaison hingewiesen.
Bundesvergleich: Sachsen-Anhalt bleibt überdurchschnittlich
Ein Blick auf die langfristige Entwicklung zeigt: Sachsen-Anhalt liegt seit Jahren im oberen Bereich der bundesweiten Krankenstandsstatistik. Im Jahr 2024 betrug die durchschnittliche Krankheitsdauer pro versicherter Person 23,5 Tage – bundesweit waren es 19,1 Tage. 2023 lag dieser Wert sogar bei 24,0 Tagen. Die häufigsten Diagnosen sind seit Jahren Atemwegserkrankungen, gefolgt von Muskel-Skelett-Leiden und psychischen Störungen.
Wie hoch ist der Krankenstand in Sachsen-Anhalt durch Erkältung? Allein im ersten Halbjahr 2025 machten Atemwegsinfekte etwa 13 Prozent mehr Fehltage aus als im gleichen Zeitraum 2024. Das ist ein deutlicher Ausschlag, der nicht nur durch das saisonale Muster, sondern auch durch organisatorische Änderungen wie die Telefon-AU erklärbar ist.
Kurze Fälle, große Wirkung
Warum addieren sich viele kurze Infektionen zu hohen Fehltagen? Ein einzelner Krankheitsfall mag nur drei bis fünf Tage dauern, doch wenn sich solche Episoden mehrfach im Jahr wiederholen – sei es durch verschiedene Virenstämme oder durch Reinfektionen – summieren sich die Ausfallzeiten. Hinzu kommt, dass Infekte bei Menschen mit Vorerkrankungen oder in belastenden Berufen oft längere Erholungszeiten erfordern.
Erfahrungen aus der Bevölkerung
In sozialen Netzwerken berichten viele Nutzer von einer gefühlt „heftigeren“ Grippesaison. Ein Beitrag in einem deutschen Diskussionsforum fasst es so zusammen: „Das war die schlimmste Erkältungswelle seit Jahren – erst Influenza A, dann gleich nochmal B. Kaum war man gesund, ging es von vorne los.“ Solche Schilderungen liefern wertvolle Hinweise auf den subjektiven Krankheitsdruck, den die Statistik allein nicht abbildet.
Auch Apotheken berichten auf ihren Social-Media-Kanälen von einer deutlich erhöhten Nachfrage nach Hustenmitteln und fiebersenkenden Präparaten im Winter 2024/25. Diese Beobachtungen passen zum Bild der Krankenkassendaten und zeigen, wie sich die saisonalen Spitzen im Alltag niederschlagen.
Grippewelle im Jahresverlauf
Warum ebbt die Erkältungs- und Grippewelle im zweiten Quartal ab? Das hat mit der Biologie der Viren zu tun. Influenza-A-Viren dominieren meist im Januar und Februar, während Influenza-B-Infektionen etwas später auftreten. Mit den steigenden Temperaturen und längeren Tagen nimmt die Virusaktivität ab, wodurch die Zahl der Neuinfektionen sinkt. Ab Mai liegen die ARE- und SARI-Raten in Sachsen-Anhalt laut RKI wieder auf einem niedrigen Niveau.
Auswirkungen auf Wirtschaft und Alltag
Die hohen Fehltage haben nicht nur gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Konsequenzen. Betriebe in Sachsen-Anhalt mussten im Winterhalbjahr mit teils erheblichem Personalausfall umgehen. In Branchen wie Pflege, Handel und Produktion führte das zu einer erhöhten Belastung des verbleibenden Personals und zu organisatorischen Engpässen.
Gleichzeitig zeigte sich, dass flexible Arbeitsmodelle, Homeoffice und digitale Kommunikation in vielen Branchen den Druck etwas abfedern können. Dennoch sind nicht alle Tätigkeiten aus der Ferne machbar, und in Berufen mit direktem Kunden- oder Patientenkontakt bleibt der Personalausfall besonders spürbar.
Gesundheitsstrategien für kommende Saisons
Gesundheitsexperten empfehlen, die Erfahrungen aus der Saison 2024/25 zu nutzen, um für die kommende Grippesaison besser gewappnet zu sein. Dazu zählen eine höhere Impfbereitschaft, rechtzeitige Aufklärungskampagnen, die Bereitstellung von Schutzmaterialien in Betrieben und die Förderung von Präventionsmaßnahmen im Alltag. Unternehmen könnten zudem überlegen, wie sie mit temporären Personalausfällen flexibler umgehen können, etwa durch Springerkräfte oder interne Vertretungssysteme.
Die Grippe- und Erkältungswelle 2024/25 hat Sachsen-Anhalt besonders hart getroffen. Die Kombination aus einer starken saisonalen Virenaktivität, organisatorischen Änderungen bei Krankschreibungen und strukturellen Besonderheiten des Bundeslandes führte zu einem Rekordniveau bei den Fehltagen. Auch wenn die Zahlen ab dem Frühjahr deutlich zurückgingen, bleibt der Eindruck einer langen und intensiven Saison, die viele Menschen mehrfach erwischte. Für die kommenden Jahre gilt es, aus diesen Erfahrungen zu lernen und Prävention sowie Flexibilität in den Vordergrund zu stellen – im Interesse von Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und gesellschaftlicher Stabilität.