
Wernigerode. Das Bürgerfrühstück auf dem Marktplatz von Wernigerode ist seit Jahren ein beliebtes Benefiz-Event im Harz. In diesem Jahr sorgt die Veranstaltung bereits im Vorfeld für politische Diskussionen: Der Deutsche Kinderschutzbund Harzkreis e. V. hat die AfD ausgeschlossen und verweist dabei auf sein Hausrecht sowie auf die eigenen Vereinswerte. Während Befürworter den Schritt als konsequenten Schutz demokratischer Prinzipien sehen, kritisieren Gegner die Entscheidung als politische Ausgrenzung.
Ein etabliertes Fest im Herzen des Harz
Das Bürgerfrühstück in Wernigerode ist mehr als nur ein gemeinsames Mahl unter freiem Himmel. Seit 2008 lädt der Deutsche Kinderschutzbund Harzkreis e. V. Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Verbände und Initiativen zu dieser besonderen Benefizveranstaltung ein. Inzwischen wird das Fest zum 15. Mal ausgerichtet – ein Jubiläum, das den Stellenwert dieses Formats im kulturellen Leben des Harz deutlich macht. Am Sonntag, dem 31. August 2025, werden wieder rund 100 Tische auf dem Marktplatz gedeckt sein. Jeder Tisch bietet Platz für acht Personen, die gegen eine Gebühr zusammenkommen, um für den guten Zweck zu frühstücken und Gemeinschaft zu erleben.
Die Veranstaltung ist fest im Kalender vieler Harzer verankert. Gewerkschaften wie ver.di oder der SoVD sind ebenso vertreten wie Familien, Nachbarschaften oder Freundeskreise. In den vergangenen Jahren wurden durch das Bürgerfrühstück regelmäßig Spenden für Projekte des Kinderschutzbundes gesammelt, unter anderem für den „Platz der Kinderrechte“ oder für Aktionen zur Unterstützung benachteiligter Kinder.
Warum darf die AfD nicht teilnehmen?
Die zentrale Frage, die viele Menschen derzeit bewegt, lautet: Warum darf die AfD nicht am Bürgerfrühstück in Wernigerode teilnehmen? Der Kinderschutzbund Harzkreis hat als Veranstalter von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und die Teilnahme der Partei abgelehnt. Begründet wird dies mit den Vereinswerten, die im klaren Widerspruch zu den politischen Positionen und zur Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz stünden. Seit November 2023 gilt der Landesverband Sachsen-Anhalt offiziell als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ – ein Umstand, der für viele Vereine, Organisationen und auch kommunale Partner eine rote Linie darstellt.
Der Kinderschutzbund sieht sich als Anwalt der Kinderrechte und möchte das Bürgerfrühstück als offenen, integrativen und friedlichen Raum bewahren. Vertreter des Vereins betonten, dass die politische Auseinandersetzung auf dem Marktplatz nicht im Vordergrund stehen dürfe, sondern die gemeinsame Unterstützung für Kinderprojekte.
Hausrecht und Sondernutzung im öffentlichen Raum
Juristisch interessant ist die Frage: Ist der Ausschluss der AfD vom Bürgerfrühstück rechtlich zulässig? Da die Veranstaltung nicht von der Stadt selbst, sondern vom Kinderschutzbund als privatem Träger organisiert wird, greift hier das sogenannte Hausrecht. Dieses Hausrecht gilt auch dann, wenn das Event auf einem öffentlichen Platz stattfindet. Möglich wird das durch die Sondernutzung des Marktplatzes, die dem Veranstalter im Vorfeld durch die Stadt genehmigt wird. Damit erhält der Kinderschutzbund die Befugnis, über Teilnahmebedingungen zu entscheiden und Personen oder Gruppen, die den Charakter der Veranstaltung gefährden könnten, auszuschließen.
Experten weisen darauf hin, dass der Unterschied zwischen staatlich organisierten Festen und zivilgesellschaftlichen Formaten entscheidend ist. Während der Staat zur Neutralität verpflichtet ist, haben Vereine, NGOs oder Bürgerbündnisse größere Spielräume, ihre Werte zu verteidigen. Solange keine gesetzliche Diskriminierung stattfindet, ist der Ausschluss rechtlich haltbar.
Reaktionen im Harz: Zustimmung und Kritik
Die Entscheidung hat in Wernigerode und im Harz eine lebhafte Debatte ausgelöst. Was sagen Teilnehmer oder Wernigeröder Bürger dazu, dass die AfD ausgeschlossen wird? Die Meinungen gehen auseinander. Viele Bürgerinnen und Bürger äußern Zustimmung, da sie das Bürgerfrühstück nicht als Bühne für Parteipolitik sehen wollen. Unterstützer verweisen auf die Verantwortung des Kinderschutzbundes, ein familienfreundliches Umfeld ohne politische Konflikte zu gewährleisten.
Auf der anderen Seite kritisieren AfD-nahe Stimmen und einige Bürger die Entscheidung als Ausgrenzung. Sie argumentieren, dass eine Partei, die bei Wahlen im Harz teilweise über 35 Prozent erreicht, nicht einfach ignoriert werden dürfe. In Foren und sozialen Medien wird dieser Punkt regelmäßig diskutiert, wobei auch Vergleiche mit anderen Benefizveranstaltungen in Deutschland auftauchen.
Die Rolle der Verfassungsschutz-Einstufung
Eine weitere Nutzerfrage lautet: Welche Rolle spielt die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz beim Ausschluss? Für viele zivilgesellschaftliche Akteure ist diese Einstufung ein entscheidendes Argument. Der Landesverband Sachsen-Anhalt der AfD wird seit 2023 als „gesichert rechtsextremistisch“ geführt. Diese Bewertung rechtfertigt für Vereine wie den Kinderschutzbund eine klare Abgrenzung. Die Verantwortlichen wollen verhindern, dass rechtsextreme Positionen im Rahmen eines Kinder- und Familienfestes Raum bekommen.
Auch lokale Bündnisse im Harz, die in den letzten Jahren wiederholt Lichterketten und Demonstrationen „gegen Rechts“ organisiert haben, sehen sich in dieser Entscheidung bestätigt. Für sie ist der Ausschluss Ausdruck einer aktiven Zivilgesellschaft, die demokratische Werte verteidigt.
Mögliche Reaktionen der AfD
Eine häufige Frage lautet: Hat die AfD rechtliche Schritte gegen den Ausschluss angekündigt? Bislang liegen keine offiziellen Stellungnahmen oder konkrete Ankündigungen von Klagen vor. Der AfD-Kreisverband Harz hat auf seinen Kanälen bisher nicht detailliert auf den Ausschluss reagiert. Ob es zu einem juristischen Streit kommt, ist derzeit unklar. Beobachter halten es jedoch für möglich, dass die Partei den Schritt vor Gericht prüfen lässt, um ein Signal an ihre Anhänger zu senden.
Ein Fest mit Tradition und gesellschaftlicher Breite
Um die Dimension des Bürgerfrühstücks zu verstehen, lohnt ein Blick in die Geschichte der Veranstaltung. Bereits 2023 wurde ein neuer Rekord von rund 100 Tischen erreicht. Die Tische wurden im Vorfeld gegen eine Gebühr von 40 Euro vergeben, die direkt der Arbeit des Kinderschutzbundes zugutekam. Unterstützt wurde die Organisation unter anderem von der Stadtjugendfeuerwehr, was die enge Verankerung des Festes in der lokalen Gemeinschaft zeigt.
Beim Bürgerfrühstück begegnen sich im Harz Nachbarschaften, Vereine, Initiativen und Institutionen. Die Vielfalt der Teilnehmenden unterstreicht, dass es nicht nur um ein gemeinsames Essen geht, sondern um ein Symbol für Zusammenhalt und Solidarität. „Gemeinsam stark“ oder „Frühstück mit Herz“ – unter solchen Hashtags wird die Veranstaltung auch auf sozialen Medien begleitet.
Wie üblich ist ein solcher Ausschluss?
Eine weitere häufige Nutzerfrage lautet: Wie üblich ist es, politische Parteien von Benefiz-Veranstaltungen auszuschließen? Tatsächlich kommt dies häufiger vor, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Viele Vereine oder NGOs schließen bestimmte Parteien oder Gruppierungen aus, wenn sie deren Werte nicht mit den eigenen Leitlinien vereinbar sehen. Gerade dort, wo es um Kinderrechte, Inklusion oder Antidiskriminierung geht, wollen die Organisatoren ein klares Signal senden.
Das Bürgerfrühstück im Harz reiht sich somit ein in eine bundesweite Praxis, bei der Zivilgesellschaft Grenzen zieht, um den Charakter ihrer Veranstaltungen zu schützen. Allerdings sorgt ein solcher Schritt naturgemäß für Diskussionen und mediale Aufmerksamkeit, wie aktuell in Wernigerode.
Die politische Gemengelage im Harz
Die Debatte um den Ausschluss der AfD wird auch durch die politische Lage in Sachsen-Anhalt befeuert. Bei der Bundestagswahl 2025 erreichte die AfD im Land Spitzenwerte und wurde stärkste Kraft. Auch im Wahlkreis Harz erzielte die Partei hohe Stimmanteile, teilweise über 37 Prozent. Diese Zahlen zeigen, dass die AfD eine reale politische Größe in der Region ist, was den Ausschluss umso kontroverser erscheinen lässt.
Auf kommunaler Ebene haben viele Wernigeröder jedoch ein anderes Zeichen gesetzt: Mit Lichterketten, Friedensgebeten und Demonstrationen gegen Rechts positionierte sich die Stadtgesellschaft wiederholt deutlich. Die Entscheidung des Kinderschutzbundes ist also nicht isoliert zu betrachten, sondern reiht sich ein in eine längere Tradition zivilgesellschaftlichen Engagements im Harz.
Zwischen Wertehaltung und Streitkultur
Die Situation zeigt ein Spannungsfeld, das weit über den Harz hinausweist: Wie gehen Vereine und zivilgesellschaftliche Akteure mit Parteien um, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden oder im Widerspruch zu ihren Werten stehen? Einerseits besteht das Bedürfnis, eine klare Haltung zu zeigen und die Veranstaltung als geschützten Raum zu bewahren. Andererseits bleibt die Frage, ob und wie politische Debatten in einer demokratischen Gesellschaft ausgegrenzt oder integriert werden sollen.
Ein Bürgerfrühstück, das zum Symbol wird
Das Bürgerfrühstück in Wernigerode steht für Begegnung, Vielfalt und gemeinschaftliches Engagement. Der aktuelle Streit um den Ausschluss der AfD macht deutlich, dass Veranstaltungen im Harz nicht nur Kulisse für geselliges Beisammensein sind, sondern auch ein Spiegel gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Was als friedliches Frühstück begann, ist im Jahr 2025 zu einem Symbol geworden – für den Versuch, demokratische Werte zu verteidigen und Grenzen gegenüber extremistischen Tendenzen zu ziehen.
Die Diskussionen im Harz zeigen, dass die Zivilgesellschaft lebendig ist. Zustimmung und Kritik prallen aufeinander, doch beide Seiten eint das Interesse am politischen und sozialen Leben in der Region. Ob der Ausschluss der AfD rechtliche Folgen nach sich zieht oder letztlich als Ausdruck der Wertehaltung des Kinderschutzbundes bestehen bleibt, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Sicher ist jedoch: Das Bürgerfrühstück in Wernigerode wird auch 2025 wieder Hunderte Harzer an einen Tisch bringen – und damit den Kern dessen bewahren, wofür es seit 15 Jahren steht: Gemeinschaft, Solidarität und Einsatz für die Kinderrechte.