
Nachgestellte Szene: Ein abgebauter Sparkassen-Geldautomat sorgt in Harlingerode für Ärger. Der geplante Ersatz lässt noch Monate auf sich warten. (Symbolbild – exemplarisch)
Harlingerode – In einem Ortsteil von Bad Harzburg kocht die Stimmung: Der Abbau eines Sparkassen-Geldautomaten hat eine Welle der Empörung ausgelöst. Die Versorgung mit Bargeld ist über Wochen hinweg eingeschränkt – und die versprochene Lösung lässt auf sich warten. Bürger sprechen von Hinhaltetaktik, Vereine setzen Ultimaten, und die Bank schweigt.
Ein Dorf ohne Bargeld: Was ist passiert?
Harlingerode, ein Ortsteil mit rund 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, steht derzeit im Fokus einer Diskussion, die über die Ortsgrenzen hinaus Aufmerksamkeit erzeugt. Der zentrale Geldautomat der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) im SB-Center Harlingerode wurde abgebaut. Zwei Automaten waren defekt – und während einer davon zeitnah ersetzt werden sollte, liegt für den anderen keine funktionierende Lösung vor.
Die Sparkasse kündigte an, einen neuen Selbstbedienungspavillon zu errichten, doch dieser ist frühestens in 16 Wochen betriebsbereit. Bis dahin bleiben den Harlingerödern nur Ausweichmöglichkeiten in Nachbarorten wie Bad Harzburg – für viele ältere Menschen, Berufstätige und mobil eingeschränkte Personen eine unzumutbare Situation.
Warum wurde der Sparkassen‑Geldautomat in Harlingerode abgebaut?
Laut der BLSK war die Entscheidung alternativlos: Einer der beiden Automaten im alten SB-Center war irreparabel beschädigt, der andere stark fehleranfällig. Die Antwort der Bank: Abbau und langfristiger Ersatz durch einen neuen SB-Pavillon. Der Haken daran – die Installation verzögert sich erheblich. Das wiederum hat die Bevölkerung aufgebracht.
„Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen“, erklärt Joachim Niemeyer, Vorsitzender des örtlichen Vereins „Dorfleben Pur“. „Erst wird die Filiale geschlossen, dann verschwinden die Automaten, und jetzt müssen wir Monate auf Ersatz warten – ohne dass jemand klar kommuniziert, wann und wie es weitergeht.“
Ein Bauprojekt mit vielen Fragezeichen
Geplant ist ein moderner SB-Pavillon mit einem Geldautomaten und Einzahlfunktion, doch der Bau verzögert sich. Nach Angaben der Sparkasse liegt das Problem nicht bei ihr selbst, sondern beim Netzbetreiber Telekom: Dieser benötige für die Bereitstellung der Leitungen einen Vorlauf von mindestens 16 Wochen.
Wann ist der neue SB‑Pavillon in Harlingerode fertig?
Nach aktuellem Stand ist mit einer Inbetriebnahme frühestens gegen Ende des Jahres zu rechnen – möglicherweise sogar erst zur Weihnachtszeit. Die Telekom muss Leitungen für Strom und Datenverbindung verlegen, bevor der eigentliche Aufbau beginnt. In einem Schreiben an den Verein betont die Sparkasse, dass sie „in engem Austausch mit dem Netzbetreiber“ stehe, aber keinen konkreten Termin nennen könne.
Empörung wächst: Bürger setzen Fristen
Die Wut der Bevölkerung wächst mit jeder Woche. Der Verein „Dorfleben Pur“ und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben der Sparkasse ein Ultimatum gesetzt: Sollte keine verbindliche Antwort bis Anfang August vorliegen, wolle man sich an die Öffentlichkeit und die Politik wenden. Die Kommunikation mit der Bank sei „katastrophal“ gewesen, so Niemeyer. Schriftliche Anfragen seien unbeantwortet geblieben, persönliche Gespräche habe es keine gegeben.
„Wir haben das Gefühl, dass man uns einfach ignoriert. Es geht hier nicht nur um Geld – es geht um Respekt und Versorgung“, heißt es in einem öffentlichen Facebook-Post des Vereins. Die Tonlage ist deutlich: Die Menschen haben genug.
Wo können Harlingeröder derzeit Bargeld abheben?
Die naheliegendste Möglichkeit besteht derzeit in Bad Harzburg – rund drei Kilometer entfernt. Für viele Harlingeröder ist das eine große Herausforderung, vor allem für Seniorinnen und Senioren, die auf Nahversorgung angewiesen sind. Öffentliche Verkehrsmittel sind begrenzt, und nicht jeder kann auf digitale Zahlungsmethoden umsteigen.
Die Diskrepanz zwischen beworbenem Service und Realität zeigt sich auch auf der Website der BLSK. Dort sind Öffnungszeiten des SB-Centers Harlingerode angegeben – von 6 bis 22 Uhr – doch es wird nicht erwähnt, dass kein funktionierender Geldautomat vorhanden ist. Für die Nutzerinnen und Nutzer ist das irreführend.
Ein Symbol für eine größere Entwicklung
Die Situation in Harlingerode steht exemplarisch für einen Trend, der bundesweit zu beobachten ist: den Rückzug von Bankfilialen und Bargeldinfrastruktur aus der Fläche. Seit 2015 wurden laut Deutschem Sparkassen- und Giroverband (DSGV) über 1.000 Filialen geschlossen – ein Großteil davon in ländlichen Regionen.
Warum dauert der Ersatzautomat so lange?
Die Sparkasse verweist auf externe Dienstleister – vor allem die Telekom. Diese sei für die Leitungsverlegung verantwortlich, und hier liege die Hauptursache für die Verzögerung. Auch der Bau des Pavillons könne erst nach Bereitstellung der Infrastruktur erfolgen. Laut DSGV sind solche Wartezeiten in ländlichen Gebieten keine Ausnahme, sondern eher die Regel.
Digitalisierung als Lösung – oder neue Hürde?
Die Sparkassen werben mit digitalen Angeboten, App-Zahlungen und Onlinebanking – doch in Orten wie Harlingerode stößt das an seine Grenzen. Viele ältere Menschen haben keinen Zugang zum Internet oder keine Erfahrung mit digitalen Anwendungen. Und auch Jüngere beklagen den Rückbau des analogen Angebots.
Welche Reaktionen gibt es aus der Harlingeröder Bevölkerung?
Die Meinungen reichen von sachlicher Kritik bis zu offenen Protesten. „Wir haben kein Vertrauen mehr“, sagt eine Anwohnerin. Auf Facebook häufen sich Kommentare, die der Sparkasse fehlende Kundenorientierung und mangelnden Respekt vorwerfen. Auch der Vergleich mit anderen Regionen fällt nicht positiv aus: „Selbst in kleineren Orten gibt es zumindest einen funktionierenden Automaten – warum hier nicht?“
Regionale Sicherheitsprobleme und Automatensprengungen
Ein wenig beachteter Aspekt sind Sicherheitsbedenken. In den vergangenen Jahren kam es auch in Niedersachsen vermehrt zu Geldautomatensprengungen – ein Grund, warum Banken Automaten in Wohnhäusern oder schlecht einsehbaren Bereichen abbauen. Ob dies in Harlingerode eine Rolle spielte, ist nicht eindeutig geklärt. Doch es fügt sich ins Bild: Die Banken wägen Sicherheit gegen Service ab – und der Kunde verliert.
Was denken andere Kunden über die Sparkasse?
In Internetforen wie Reddit äußern viele Sparkassenkunden Frust über hohe Gebühren, eingeschränkten Service und dezentrale Strukturen. Ein Nutzer schreibt: „Sparkasse ist nicht eine Bank – sondern viele kleine. Deshalb weiß oft keiner, wer eigentlich zuständig ist.“ Diese Zersplitterung erschwert auch in Harlingerode die Kommunikation zwischen Bürgern und der Bankengruppe.
Zusammenfassung: Ein Ort im Ausnahmezustand
Der Fall Harlingerode ist mehr als nur ein lokaler Streit. Er zeigt, wie empfindlich das Gleichgewicht zwischen Bankdienstleistung, Infrastruktur und Bürgererwartung sein kann. Die Menschen fühlen sich nicht nur schlecht versorgt, sondern auch missachtet. Das Fehlen eines Geldautomaten wird zur Metapher für eine tieferliegende Entfremdung zwischen Institution und Bevölkerung.
Der neue SB-Pavillon soll irgendwann stehen – doch selbst dann wird das Vertrauen der Harlingeröder nicht automatisch zurückkehren. Es braucht mehr: Kommunikation, Präsenz und echte Teilhabe. Sonst wird Harlingerode ein weiteres Beispiel für die schleichende Aushöhlung des ländlichen Raums durch digitale Träume und fehlende Realität.