Sachsen-Anhalt

5 Influencer aus Sachsen-Anhalt im Visier der Steuerfahndung

Die digitale Glitzerwelt der Influencer wird zunehmend von der Realität der Steuerfahndung eingeholt. In Sachsen-Anhalt laufen derzeit Ermittlungen in mindestens fünf Fällen gegen Social-Media-Stars, die offenbar steuerliche Pflichten missachtet haben. Behörden schauen nun genauer hin – nicht nur bei Großverdienern.

Influencer im Fokus: Warum jetzt?

Influencer sind längst keine Nischenerscheinung mehr. Mit Reichweiten in Millionenhöhe und Werbedeals mit namhaften Unternehmen verdienen viele Content Creator beachtliche Summen – teils offen, teils im Verborgenen. Damit rücken sie auch zunehmend ins Fadenkreuz der Finanzbehörden. Während Nordrhein-Westfalen bereits ein ganzes Spezialteam für digitale Steuervergehen ins Leben gerufen hat, zieht Sachsen-Anhalt nun nach.

Laut offiziellen Aussagen werden in Sachsen-Anhalt aktuell fünf Verfahren gegen Influencer geführt. Dabei handelt es sich um Personen, die über Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok Einnahmen erzielt haben, ohne diese offenbar vollständig beim Finanzamt anzugeben. Besonders auffällig: In mehreren Fällen liegt nicht einmal eine gültige Steuernummer vor.

Was genau wird geprüft?

Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen Werbeeinnahmen, Sponsoring-Vereinbarungen und Sachleistungen. Die Behörden analysieren systematisch Profile und überprüfen, ob gepostete Inhalte Rückschlüsse auf Einnahmequellen zulassen. Auch Affiliate-Links, gekennzeichnete Werbung und Spendenbuttons auf Plattformen wie Patreon oder Twitch geraten unter die Lupe.

Unterschätzte Risiken für Content Creator

„Viele Influencer unterschätzen die Komplexität des Steuerrechts“, erklärt ein Steuerrechtsexperte aus Magdeburg. „Gerade Sachleistungen wie kostenlose Reisen, Kleidung oder Technikgeräte gelten als geldwerter Vorteil und sind in der Regel steuerpflichtig.“

Müssen Influencer Gratisprodukte versteuern?

Ja – und das oft zu Unrecht nicht beachtet. Gratisprodukte zählen als Betriebseinnahmen. Nur wenn der Wert des Geschenks unter zehn Euro liegt oder der Hersteller pauschal mit 30 Prozent versteuert, entfällt die Verpflichtung zur Angabe. Werden Produkte behalten und nicht zurückgegeben, ist eine Besteuerung in der Regel unumgänglich.

Wer ist betroffen – nur die „Großen“?

Die Ermittlungen betreffen nicht nur Top-Stars mit Millionen-Followern. Auch sogenannte Mikro-Influencer geraten ins Visier. Bereits ab regelmäßigen Einnahmen durch Produktplatzierungen oder Affiliate-Marketing besteht die Pflicht zur Steuererklärung.

Kennst du das schon?  Sachsen-Anhalt: E-Bike-Akku explodiert und erzeugt Großbrand im Wohngebiet

Sind Influencer-Steuerprüfungen nur gegen große Accounts gerichtet?

Nein. Auch Profile mit geringerer Reichweite sind betroffen, sobald ein gewerbliches Verhalten erkennbar ist – etwa durch systematisches Product Placement, bezahlte Kooperationen oder Spenden-Buttons. Das zeigen auch aktuelle Fälle in Sachsen-Anhalt, bei denen nicht-professionelle Creator ins Visier geraten sind.

Steuerpflicht und Gewerbeanmeldung: Was gilt für Influencer?

Influencer gelten steuerrechtlich häufig als Gewerbetreibende. Sobald eine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar ist, muss ein Gewerbe angemeldet und Einnahmen entsprechend deklariert werden. Damit einher gehen Verpflichtungen wie das Führen einer Buchhaltung, Umsatzsteuervoranmeldungen und die Abführung von Einkommen- und Gewerbesteuer.

Ab welchem Einkommen Influencer Gewerbesteuer zahlen müssen?

Die Freigrenze für die Gewerbesteuer liegt bei 24.500 Euro pro Jahr. Wird diese Grenze überschritten, ist auf den darüber hinausgehenden Betrag Gewerbesteuer zu zahlen – abhängig vom Hebesatz der jeweiligen Kommune.

Auch im Ausland nicht sicher: Der Mythos Dubai

Viele Influencer verlegen ihren Wohnsitz nach Dubai oder andere steuerlich attraktive Regionen – in der Hoffnung, sich der deutschen Steuerpflicht zu entziehen. Doch ganz so einfach ist das nicht.

Kann ein Wohnsitz im Ausland Influencer von der deutschen Steuerpflicht befreien?

Nur unter bestimmten Bedingungen. Wer seinen Wohnsitz zwar ins Ausland verlegt, aber weiterhin Einnahmen aus Deutschland erzielt oder hierzulande den Lebensmittelpunkt hat (z. B. durch häufige Aufenthalte, inländische Werbepartner, Familie), bleibt steuerpflichtig. Das betrifft laut Experten viele Creator, die trotz offizieller Verlagerung faktisch weiterhin in Deutschland tätig sind.

Automatisierte Datenauswertung und neue EU-Regeln

Ein zentraler Faktor in der aktuellen Ermittlungswelle ist die technische Aufrüstung der Finanzbehörden. Mit der EU-Richtlinie DAC7 sind Plattformen wie Instagram, YouTube oder Etsy verpflichtet, Umsatzdaten an die Steuerbehörden zu übermitteln. Diese Informationen werden automatisiert ausgewertet und mit Steuererklärungen abgeglichen.

Ein Beispiel: Influencer, die Einnahmen über 2.000 Euro pro Jahr erzielen, müssen namentlich an die Finanzämter gemeldet werden. Weichen diese Zahlen von den angegebenen Einkommen ab, folgt in der Regel eine Prüfung – oft ohne vorherige Rückfrage.

Kennst du das schon?  Herbstmesse Magdeburg 2025 – Tradition trifft Sachen-Anhalt

Selbstanzeige als letzte Rettung

Wer bisher keine oder fehlerhafte Steuererklärungen abgegeben hat, kann durch eine rechtzeitige Selbstanzeige Straffreiheit erlangen – sofern noch keine Prüfung eingeleitet wurde. Die Selbstanzeige muss jedoch vollständig sein und sämtliche relevanten Jahre umfassen. Steuerberater raten dringend dazu, nicht auf Zeit zu spielen.

Was droht bei Steuerhinterziehung?

Die rechtlichen Konsequenzen sind gravierend. Steuerhinterziehung wird in Deutschland nach § 370 der Abgabenordnung geahndet. Je nach Schwere des Falls drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Zudem sind Rückzahlungen, Verzugszinsen und gegebenenfalls Nachzahlungen von Umsatzsteuer fällig.

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Allein im Jahr 2022 wurden bundesweit rund 8.690 Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet – mit über 1.180 Jahren Freiheitsstrafe und Geldstrafen in Millionenhöhe.

Was viele Creator nicht wissen: Spenden sind auch Einnahmen

Ein bislang kaum diskutierter Bereich sind Fan-Spenden – etwa via Patreon, Twitch oder andere Plattformen. Diese gelten steuerrechtlich als Einnahmen, auch wenn sie nicht im klassischen Sinne eine Gegenleistung beinhalten.

So zeigte der Fall der Influencerin „Flobroo“, dass auch Spendenzahlungen zur Prüfung herangezogen werden. Sie zahlte sich nach eigenen Angaben monatlich 4.000 Euro „Gehalt“ aus – ein Teil ihrer Einnahmen blieb jedoch steuerlich undurchsichtig. Die Steuerfahndung durchsuchte daraufhin ihre Buchführung.

Unklarheiten und Unsicherheit in der Community

In Foren und sozialen Medien zeigen sich viele semiprofessionelle Content Creator verunsichert. Diskussionen auf Plattformen wie vorablesen.de machen deutlich, wie wenig Überblick über steuerliche Pflichten besteht. Einige Beiträge kritisieren die Komplexität der Vorschriften:

„Ich finde es fast unmöglich, in dem Dschungel an Bestimmungen durchzusehen. Wenn selbst Steuerberater an ihre Grenzen stoßen, wie sollen wir da alles richtig machen?“

Andere Nutzer fragen sich, wann sie als Hobby-Blogger oder Rezensent:innen steuerlich überhaupt relevant werden. Die Schwelle ist dabei niedriger als oft angenommen: Sobald Einnahmen erzielt werden oder Produkte als Gegenleistung für Inhalte bereitgestellt werden, kann eine Steuerpflicht bestehen.

Kennst du das schon?  Sachsen-Anhalt: Investor für Großprojekt am Bahnhof gesucht

Wie lange müssen Influencer ihre Unterlagen fürs Finanzamt aufbewahren?

Nach den gesetzlichen Vorgaben gilt: Relevante Unterlagen müssen zwischen sechs und zehn Jahren revisionssicher aufbewahrt werden. Dazu zählen Rechnungen, Kooperationsverträge, Kontoauszüge, aber auch Nachrichtenverläufe mit Werbepartnern, sofern sie Einnahmen belegen.

Was können Influencer jetzt tun?

Die wichtigste Maßnahme: Frühzeitig professionelle Beratung suchen. Steuerberater:innen, die sich mit dem Online-Geschäft auskennen, helfen nicht nur bei der korrekten Deklaration, sondern auch bei der rechtssicheren Strukturierung von Einnahmen. Zudem sollten Creator:

  • ein separates Geschäftskonto führen
  • alle Kooperationen dokumentieren
  • Sachleistungen mit aktuellem Marktwert erfassen
  • ihre Plattform-Einnahmen regelmäßig auswerten

Auch ein transparentes Verhältnis zum Finanzamt zahlt sich aus. Wer auf Behördenanfragen offen reagiert und kooperativ handelt, kann oftmals mildere Strafen oder Kulanzregelungen erreichen.

Die Welt der Influencer ist längst kein rechtsfreier Raum mehr. Mit dem Wachstum der Branche steigen auch die Anforderungen an steuerliche Korrektheit und Transparenz. Die aktuellen Ermittlungen in Sachsen-Anhalt zeigen: Steuerpflichtige, die Einnahmen aus der digitalen Welt verschweigen, müssen mit Konsequenzen rechnen – unabhängig von ihrer Follower-Zahl. Wer sich auf die steuerlichen Spielregeln einstellt, kann jedoch weiterhin erfolgreich Inhalte kreieren – ohne die Finanzbehörden im Nacken.

Weiteres aus der Rubrik
Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.