
Ein Rückblick auf die Entwicklung der HaWoGe
Die Halberstädter Wohnungsgesellschaft (HaWoGe) ist mit über 3.700 Wohneinheiten der größte Wohnraumanbieter in Halberstadt und dem Landkreis Harz. Seit der Gründung im Jahr 1992 hat das kommunale Unternehmen kontinuierlich in die Instandhaltung und Modernisierung seiner Immobilien investiert. Rund 216 Millionen Euro flossen bisher in Projekte zur Qualitätssteigerung, darunter energetische Sanierungen, barrierefreier Umbau und die Verbesserung sozialer Wohnangebote.
Doch trotz dieser Anstrengungen kämpft HaWoGe mit einem strukturellen Problem, das viele ostdeutsche Städte betrifft: den Leerstand.
Was sind die Gründe für den Leerstand bei HaWoGe in Halberstadt?
Der Leerstand bei HaWoGe ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zunächst ist die demografische Entwicklung entscheidend: Halberstadt verlor in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich Einwohner. Vor allem junge Menschen wandern ab, die Altersstruktur verschiebt sich zunehmend in Richtung 65+. Gleichzeitig verbleibt ein überdimensionierter Wohnungsbestand aus DDR-Zeiten, der nicht mehr zur heutigen Nachfrage passt.
Besonders betroffen sind Großplattenbauten ohne Aufzug. Höhergelegene Etagen in diesen Häusern bleiben oft leer, weil ältere Menschen sie nicht mehr erreichen können und junge Mieter andere Wohnformen bevorzugen. Die Folge: leerstehende Wohnungen – und das, obwohl viele Gebäude bereits modernisiert wurden.
Aktuelle Leerstandszahlen
Nach aktuellen Einschätzungen liegt der Leerstand bei HaWoGe bei rund 10,8 Prozent. Das entspricht mehreren hundert Wohnungen. In bestimmten Straßenzügen, etwa im Heinrich-Matern-Ring oder der Eike-von-Repgow-Straße, ist der Leerstand sogar noch deutlich höher. In einem besonders betroffenen Objekt standen zuletzt alle 18 Wohnungen leer.
Welche Folgen hat der Rückbau von Etagen bei Plattenbauten von HaWoGe?
Als Reaktion auf diesen Zustand greift HaWoGe zu drastischen Maßnahmen: Ganze Etagen in Plattenbauten werden zurückgebaut. Ziel ist es, die leerstehenden oberen Stockwerke zu eliminieren, die Wohnfläche zu verdichten und energetische Sanierungen effizienter umzusetzen. Der Rückbau verringert nicht nur die Betriebskosten, sondern macht die Gebäude für die verbleibenden Mieter attraktiver.
Gleichzeitig entstehen durch den Umbau moderne Wohnungen, die heutigen Wohnbedürfnissen besser gerecht werden – etwa durch offene Grundrisse, neue Balkone und Dämmungen nach KfW-Effizienzhaus-55-Standard.
Wie viel Leerstand hat HaWoGe aktuell in Prozent?
Die zuletzt genannten Zahlen zeigen, dass HaWoGe rund 10,8 % Leerstand aufweist. In Teilen des Bestandes – besonders bei den älteren Plattenbauten – liegt der Wert jedoch deutlich darüber. Während moderne Wohnanlagen oder neu sanierte Einheiten gut nachgefragt sind, lassen sich Altbestände kaum vermitteln. Der Rückbau bleibt damit eine zentrale Strategie gegen das Überangebot.
Demografischer Wandel und seine Auswirkungen
Die Bevölkerung Halberstadts ist in den letzten Jahrzehnten deutlich geschrumpft. Von ehemals über 50.000 Einwohnern sank die Zahl auf unter 41.000. Prognosen gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Bis 2030 wird ein Rückgang von über 12 Prozent erwartet – vor allem bei den unter 65-Jährigen. Gleichzeitig wächst die Gruppe der Senioren.
Diese Entwicklung stellt Wohnungsunternehmen wie HaWoGe vor strukturelle Herausforderungen. Das Angebot muss an eine schrumpfende, alternde Gesellschaft angepasst werden – ein Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung.
Welche neuen Wohnangebote bietet HaWoGe für Senioren und Menschen mit Handicap?
HaWoGe begegnet dieser Herausforderung mit Konzepten wie „neues wohnen“ – einem innovativen Modell für betreutes, aber selbstbestimmtes Wohnen. Die barrierefreien Wohnungen sind auf die Bedürfnisse älterer Menschen und Menschen mit Behinderung zugeschnitten. Dazu kommen rollstuhlgerechte Zugänge, Aufzüge und Pflegedienste im Quartier.
Auch jüngere Familien profitieren von diesen Konzepten: In Kombination mit Angeboten wie dem HaWoGe-Spiele-Magazin, einem öffentlich zugänglichen Indoor-Spielbereich, will das Unternehmen neue Zielgruppen ansprechen.
Beispielhafte Wohnprojekte von HaWoGe
- Lindenhof-Terrassen mit seniorengerechten Grundrissen
- Barrierefreier Umbau im Heinrich-Matern-Ring
- „neues wohnen“: Kooperationsmodell mit Diakonie für Pflege und Betreuung
- Spielplatz- und Quartiersentwicklung mit Bürgerbeteiligung
Wie nutzt HaWoGe Leerstand für soziale und kulturelle Zwecke?
Leerstand ist für HaWoGe nicht nur Problem, sondern auch Chance. Einige ehemals gewerblich genutzte Objekte – wie das alte Hallenbad – werden als kulturelle Räume zur Verfügung gestellt. So fanden dort unter anderem Veranstaltungen der Biennale oder temporäre Kunstausstellungen statt.
Diese Zwischennutzung trägt zur Belebung der Quartiere bei und sorgt für neue Anziehungspunkte. In den sozialen Medien wird dieses Engagement überwiegend positiv kommentiert: „Ungewöhnliche Räume, aber super Atmosphäre!“, heißt es in einer Facebook-Rezension.
Wie reagieren Mieter auf Umbau- und Abrisspläne von HaWoGe?
Während viele die Investitionen begrüßen, gibt es auch kritische Stimmen. In lokalen Facebook-Gruppen berichten Bewohner über Unsicherheit und Mieterfluktuation im Zusammenhang mit Rückbauplänen. Einige zogen in Objekte der Wohnungsbaugesellschaft WGH um, die teilweise stabilere Mietverhältnisse verspricht.
HaWoGe versucht, die Kommunikation mit den Mietern zu verbessern. Informationsveranstaltungen, persönliche Ansprechpartner und Quartiersbüros sollen helfen, die Sorgen der Bewohner ernst zu nehmen und aktiv einzubinden.
Welche Investitionen tätigt HaWoGe aktuell zur Modernisierung?
Trotz leerstehender Wohnungen investiert HaWoGe weiterhin erheblich in den Bestand. Bis 2025 sind rund 10,4 Millionen Euro für Sanierungs- und Ausbauprojekte eingeplant. Dazu gehören:
| Projekt | Investitionsvolumen | Zielsetzung |
|---|---|---|
| Modernisierung Repgow-Straße | ca. 2 Mio. € | Balkone, Wärmedämmung, Mieterstrom |
| Lindenhof-Terrassen | ca. 1,5 Mio. € | Seniorengerechter Neubau |
| Spielplatz Plantage | 47.000 € | Quartiersaufwertung, Familienförderung |
| Bestandsankauf (74 WE) | 3 Mio. € | Ausweitung des Angebots |
HaWoGe als Motor für sozial-ökologische Stadtentwicklung
Die Wohnungsgesellschaft verfolgt nicht nur ökonomische, sondern auch soziale und ökologische Ziele. Projekte zur energetischen Sanierung werden durch Fördermittel ergänzt. Besonders hervorzuheben ist die Auszeichnung mit der „Grünen Hausnummer“, die für nachhaltige Bauweise verliehen wird.
Auch Mieterstromprojekte und die Integration von Photovoltaik in sanierte Plattenbauten zeigen: HaWoGe denkt über kurzfristige Leerstandspolitik hinaus und arbeitet an einer langfristig tragfähigen Wohnzukunft.
Der Leerstand in Halberstadt ist nicht einfach ein wirtschaftliches Problem – er ist ein Spiegelbild des demografischen Wandels und der Herausforderungen, vor denen viele Städte in Ostdeutschland stehen. HaWoGe zeigt, dass man dieser Entwicklung nicht tatenlos gegenüberstehen muss. Mit gezielten Investitionen, innovativen Konzepten und sozialem Engagement versucht die Gesellschaft, leerstehenden Raum wieder mit Leben zu füllen.
Es bleibt zu hoffen, dass sich durch diese Maßnahmen neue Impulse für eine nachhaltige und lebenswerte Stadtentwicklung ergeben – in Halberstadt und darüber hinaus.







