
Quedlinburg, 27. November 2025 – Am frühen Morgen hängt feiner Dunst über dem Bahnhofspark, während schwere Gurte an den Ästen alter Eichen befestigt werden. Fachleute ziehen Seile durch die Kronen, prüfen Winkel, messen Kräfte. Nur wenige Passanten sind unterwegs, doch wer stehen bleibt, spürt sofort: Hier geht es nicht um Routine, sondern um Sicherheit – und um die Zukunft des städtischen Grüns.
Stadtbäume unter Beobachtung
Die Stadt Quedlinburg führt derzeit umfassende Belastungstests an mehreren Stadtbäumen durch. Der Hintergrund: In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Schäden an Eichen, Linden und anderen Altbäumen festgestellt, häufig verursacht durch Trockenstress, Standortprobleme oder klimatische Veränderungen. Laut kommunalen Angaben mussten zwischen Herbst 2024 und Frühjahr 2025 rund 100 Bäume gefällt werden; weitere Berichte nennen sogar etwa 170 Fällungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Prüfungen sollen helfen, potenzielle Gefahren für Passanten frühzeitig zu erkennen.
Zum Einsatz kommen moderne Methoden, die über eine übliche Sichtprüfung weit hinausgehen. Arbeiter bringen im Bahnhofspark Seile und Gurte an Kronenästen an, um unterschiedliche Belastungssituationen zu simulieren – etwa starke Windböen. Diese sogenannten Zugproben zeigen, in welchem Zustand sich Stamm und Wurzel verhalten, wenn Kräfte auf den Baum einwirken.
Eine weitere Linde im Brühl-Park erhält eine Schalltomografie. Dabei messen Sensoren, wie sich Schallwellen im Stamminneren ausbreiten. Fäulnis, Hohlräume oder Risse werden so sichtbar. Ein Fachtext beschreibt das Verfahren klar: „Baumdiagnosen … setzen umfangreiches Fachwissen und Berufserfahrung voraus. Vitalität, Pilz- oder Schädlingsbefall … und am wichtigsten, die Stand- bzw. Bruchsicherheit eines Baumes zu beurteilen.“ Diese Präzisionsdiagnostik bildet die Grundlage der aktuellen Maßnahmen.
Warum die Prüfungen notwendig geworden sind
In den vergangenen Jahren hat sich der Zustand vieler Stadtbäume deutlich verschlechtert. Hitzeperioden, dichter Verkehr, versiegelte Böden und zu wenig Wurzelraum gehören zu den Faktoren, die Stadtbäumen zusetzen. Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes zeigt, dass insbesondere ältere Bäume – viele davon über 40 Jahre – immer stärker unter Extremwetterereignissen leiden. Nur wenn ein Baum „ober- und unterirdisch ausreichend Platz hat“, so das Monitoring, könne er Wasserressourcen erschließen und Trockenzeiten überstehen.
Auch in Quedlinburg wirken sich diese Bedingungen aus. In Forschungsfeldern der Region wurden bei bestimmten Arten überdurchschnittliche Ausfälle festgestellt. Zu den Arten, die besonders auf Trockenheit reagieren, gehören unter anderem Sorten von Acer rubrum oder Sorbus. Diese Erkenntnisse fließen in die Beurteilung der Stadt ein, welche Bäume künftig als Straßenbaum geeignet sind und welche Standorte besondere Pflege benötigen.
Parallel dazu spielen auch soziale Faktoren eine Rolle. Ein Bürgerforum thematisierte jüngst Baumfällungen an einem Entwicklungsprojekt, bei dem die Kommunikation als unzureichend empfunden wurde. Dies zeigt, dass Bäume nicht nur ein Umwelt-, sondern auch ein Gemeinschaftsthema sind – ein Aspekt, der die Transparenz solcher Prüfungen zusätzlich bedeutsam macht.
Wie Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden
Die Stadt Quedlinburg unterhält ein Meldeformular für Baum- und Umweltschäden. Wenn Anwohner sehen, dass ein Baum auffällige Trockenäste entwickelt oder nach einem Sturm ungewöhnlich wirkt, können sie direkt eine Meldung abgeben. Diese Hinweise beschleunigen Kontrollen und fließen in die regelmäßigen Sicherheitsbewertungen ein.
Dass Stadtbäume emotionalen Wert besitzen, zeigen zahlreiche Beiträge in Foren und sozialen Netzwerken. Ein Nutzer dokumentierte etwa eine alte Blutbuche im Aulnoye-Aymeries-Park mit einem Stammumfang von 530 Zentimetern – ein Beispiel dafür, wie eng viele Bürger mit dem alten Baumbestand verbunden sind. Auch lokale Initiativen wie Baumspenden der Freiwilligen Feuerwehr verdeutlichen den Stellenwert der grünen Infrastruktur im Stadtbild.
Die wichtigsten Fragen der Bürger rund um den Baumcheck
Viele Einwohner möchten wissen, warum diese Eingriffe notwendig sind. Die Antwort ist klar: Belastungstests erkennen Risiken, bevor sie zu realen Gefahren werden. Die oft gestellte Frage „Welche Methoden kommen bei der Baumprüfung zum Einsatz?“ lässt sich ebenfalls eindeutig beantworten: Neben visuellen Kontrollen werden Zugversuche, Schall- und Ultraschall-Tomografien genutzt. Diese Verfahren machen Schäden sichtbar, die von außen nicht zu erkennen wären.
Auch die Frage nach besonders gefährdeten Baumarten spielt in der aktuellen Diskussion eine Rolle. Regionale Versuche zeigen, dass bestimmte Arten unter Trockenstress schneller zurückgehen. Die Stadt orientiert sich deshalb zunehmend an Forschungsergebnissen, die langfristig klimaresistente Baumarten empfehlen.
Und nicht zuletzt möchten viele wissen, wie sie selbst helfen können. Das städtische Meldesystem bietet eine direkte Möglichkeit, Probleme an Bäumen an die Verwaltung weiterzugeben – ein einfacher Schritt, der eine große Wirkung haben kann.
Ausblick auf kommende Maßnahmen
Die aktuellen Belastungstests markieren erst den Anfang eines umfassenderen, langfristigen Plans. Forschungsergebnisse aus dem regionalen Umfeld stehen bereit, um die Auswahl künftiger Baumarten zu verbessern. Zugleich zeigen Bürgerreaktionen, dass Transparenz und Einbindung entscheidend sind, damit Maßnahmen nachvollziehbar bleiben.
Die kommenden Monate werden weitere Daten liefern – sowohl aus den Technikanalysen als auch aus Meldungen der Bevölkerung. Aus heutiger Sicht ist abzusehen, dass Quedlinburg stärker auf präventive Baumkontrollen setzen wird, um Ausfälle wie in den Vorjahren zu reduzieren und zugleich den wertvollen Bestand im Stadtgebiet zu schützen. Wie sich diese Strategien entwickeln, hängt von vielen Faktoren ab: vom Klimaverlauf, von neuen Forschungsergebnissen und nicht zuletzt vom Engagement der Menschen vor Ort.







