
Ein junger Fuchs nähert sich achtlos ausgelegtem Brot auf einem Waldweg im Harz. Die Fütterung bringt Wildtiere in Gefahr. (Symbolbild – exemplarisch)
Wernigerode – Der Nationalpark Harz zieht jährlich Millionen Naturfreunde an. Doch viele Besucher gefährden unbewusst das ökologische Gleichgewicht, wenn sie Wildtiere füttern. Eine aktuelle Warnung des Nationalparks rückt das Thema erneut in den Fokus – mit Folgen für Mensch und Tier.
Ein idyllischer Irrtum: Warum Wildtierfütterung schädlich ist
Was gut gemeint erscheint, kann katastrophale Auswirkungen auf das Ökosystem haben. Immer mehr Wanderer, Spaziergänger und Touristen versorgen Wildtiere mit mitgebrachter Nahrung – insbesondere junge Füchse werden dabei zunehmend zutraulich. Doch warum darf man im Nationalpark Harz keine Wildtiere füttern?
Die Antwort ist vielschichtig: Wildtiere verlieren durch Fütterung ihre natürliche Scheu vor Menschen. Gerade Füchse oder Rehe beginnen, sich regelmäßig in der Nähe von Wanderwegen, Parkplätzen und Siedlungsrändern aufzuhalten. Dort sind sie besonders gefährdet – nicht nur durch den Straßenverkehr, sondern auch durch andere Tiere oder Menschen. Hinzu kommen gesundheitliche Risiken: Falsche oder verarbeitete Nahrung kann bei Wildtieren zu schweren Verdauungsproblemen, Parasitenbefall oder Virusinfektionen führen.
Der Nationalpark Harz stellt klar, dass Wildtiere ihren Lebensraum selbstständig erschließen und keine Unterstützung durch Menschen benötigen. Das bewusste Eingreifen in ihre Ernährung widerspricht zudem den Zielen des Parks, in dem sich die Natur weitgehend ungestört entwickeln soll.
Verbot mit Konsequenzen: Strafen bei Fütterungsverstößen
Was vielen nicht bewusst ist: Die Fütterung von Wildtieren im Harz ist nicht nur unerwünscht, sondern kann auch rechtliche Folgen nach sich ziehen. Welche Strafen drohen für Wildtierfütterung im Harz?
Das Füttern ist außerhalb von Notzeiten verboten und gilt als Ordnungswidrigkeit. Die Behörden können Bußgelder verhängen, insbesondere wenn Tiere regelmäßig durch menschliche Eingriffe gefährdet werden. Allerdings setzen die Ranger des Parks vorrangig auf Aufklärung und Gespräche. Erst bei wiederholtem oder grob fahrlässigem Verhalten greifen Sanktionen. Ein freundlicher Hinweis ersetzt jedoch nicht die Verantwortung jedes Besuchers, sich korrekt zu verhalten.
Was die Wissenschaft sagt: Auswirkungen auf das Ökosystem
Wissenschaftliche Studien untermauern, dass Fütterungen langfristig mehr schaden als nutzen. Untersuchungen an Reh- und Rotwild zeigten, dass unsachgemäße Fütterung zu unnatürlicher Populationsentwicklung, Verbissschäden in Jungwäldern und sogar zu erhöhter Sterblichkeit führen kann. Die Tiere gewöhnen sich an regelmäßige Futterquellen, verlieren ihre Nahrungssucheffizienz und verändern ihr Sozialverhalten.
Im Harz führte die frühere Praxis gezielter Winterfütterung sogar zu überhöhten Wildbeständen, die das natürliche Gleichgewicht aus dem Lot brachten. Der heutige Ansatz des Nationalparks setzt dagegen auf möglichst natürliche Regulation. Das bedeutet: Keine künstliche Futterversorgung – außer in kontrollierten Ausnahmesituationen.
Wie reguliert der Nationalpark Harz den Wildbestand ohne Fütterung?
Statt Fütterung kommt im Harz ein modernes Wildtiermanagement zum Einsatz. Mithilfe sogenannter „Weisergatter“ – umzäunten Testflächen ohne Wildzutritt – wird der Wildverbiss an jungen Bäumen gemessen. Diese Daten bilden die Grundlage für Abschusspläne, die gezielt den Bestand regulieren. Unterstützt wird das System durch gezielte Jagd und eine klare Zonierung des Parks: In Naturdynamikzonen bleibt die Natur komplett sich selbst überlassen, während Entwicklungszonen kontrollierte Eingriffe erlauben.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Wiederansiedlung des Luchses. Diese natürliche Raubtierart wirkt regulierend auf das Reh- und Rotwildvorkommen – ganz ohne menschliches Zutun.
Tourismus versus Schutzgedanke: Kommerzielle Wildfütterungen im Harz
Gibt es im Harz offizielle Angebote zur Wildfütterung? Die Antwort ist differenziert: Im Nationalpark selbst gibt es keine Wildfütterungen, außer der öffentlichen Luchsfütterung im Schaugehege. Einige touristische Anbieter außerhalb des Schutzgebietes bewerben jedoch Wildtierfütterungen – insbesondere mit Wildschweinen oder Rotwild.
Warum machen touristische Wildfütterungen im Harz ökologisch Probleme? Solche Angebote stehen häufig im Widerspruch zu den Prinzipien des Natur- und Artenschutzes. Sie fördern ein verzerrtes Naturbild, machen Tiere von menschlicher Präsenz abhängig und wirken dem Ziel entgegen, natürliche Abläufe wiederherzustellen. Der Nationalpark selbst distanziert sich klar von solchen Angeboten, die eher der Unterhaltung als dem Schutz der Tiere dienen.
Beobachten statt Eingreifen: So erleben Besucher Wildtiere verantwortungsvoll
Wo finden Besucher im Harz Wildbeobachtung ohne Fütterung? Der Park bietet mehrere Möglichkeiten zur stillen und respektvollen Tierbeobachtung. Besonders beliebt sind die Beobachtungsstationen am Molkenhaus oder im Odertal. Auch an Waldlichtungen oder entlang ruhiger Wege können mit etwas Geduld Tiere entdeckt werden.
Hier einige Tipps für die tierschonende Beobachtung:
- Verwenden Sie Ferngläser statt sich anzunähern.
- Bleiben Sie auf markierten Wegen und vermeiden Sie Lärm.
- Keine Fütterung – auch keine „kleinen Ausnahmen“.
- Beachten Sie die Hinweise der Ranger und Informationstafeln.
Konflikte und Diskussionen: Was sagen Nutzer, Experten und Jäger?
In Foren, sozialen Medien und Gesprächen zeigt sich: Das Thema Wildfütterung polarisiert. Einige Nutzer werfen dem Park vor, zu wenig gegen Verbissschäden zu tun. „Der Rothirsch zerstört die Aufforstung mit seinem Verbiss – der Waldumbau wird dadurch gebremst“, schreibt ein Nutzer in einem Harz-bezogenen Diskussionsforum.
Andere wiederum beklagen den Jagdeinsatz und wünschen sich mehr natürliche Regulation. „Mehr Luchs statt mehr Gewehr“, heißt es in einschlägigen Facebook-Gruppen. Diese Stimmen zeigen, wie komplex das Spannungsfeld zwischen Naturschutz, Jagd, Tourismus und Tierliebe ist.
Auch frühere Fütterungspolitiken werden kritisch beleuchtet. Jahrzehntelang wurden Wildtiere im Harz bewusst angefüttert, um stabile Bestände zu erhalten – auch für jagdliche Zwecke. Heute betrachtet man dieses Vorgehen in Fachkreisen als Irrweg, der das ökologische Gleichgewicht nachhaltig gestört hat.
Fragen und Antworten für Harz-Besucher
Frage | Kurzantwort |
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Warum darf man Wildtiere nicht füttern? | Weil es Tiere gefährdet, ihre natürliche Scheu mindert und Krankheiten fördert. |
Welche Strafen drohen bei Zuwiderhandlung? | Bußgelder bei Ordnungswidrigkeit – meist nach vorheriger Verwarnung. |
Gibt es geführte Fütterungen im Park? | Nur bei Luchsen im Schaugehege. Sonst strikt verboten. |
Wie wird der Wildbestand kontrolliert? | Durch Weisergatter, Jagd und Rückkehr von Prädatoren wie dem Luchs. |
Schlussbetrachtung: Verantwortung statt Romantik
Die Fütterung von Wildtieren ist keine Hilfe, sondern ein Eingriff in die Natur. Gerade im sensiblen Ökosystem des Nationalparks Harz kann sie weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen – für das Tier, das Gleichgewicht der Arten und letztlich auch für den Menschen. Was als romantische Geste beginnt, endet nicht selten in Abhängigkeit, Krankheit oder Tod eines Wildtieres.
Wer die Natur liebt, lässt sie in Ruhe. Beobachten, staunen, lernen – das sind die Wege, wie wir mit der wilden Schönheit des Harzes in Berührung kommen können, ohne sie zu stören. Und wer Fragen hat, findet an den Infozentren des Parks oder bei den Ranger*innen immer offene Ohren.