Halberstadt

Feierliche Eröffnung des Stollens in der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge im Harz

Langenstein (Harz) – Mit einer besonderen Veranstaltung wurde am letzten Wochenende erneut der historische Stollen in der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge für Besucher geöffnet. Der Ort, der tief mit der Geschichte des Nationalsozialismus verbunden ist, zieht immer mehr Menschen an, die sich mit den Schrecken der Vergangenheit auseinandersetzen wollen. Zugleich zeigt sich, wie wichtig Erinnerungsarbeit in der Harz-Region heute noch ist.

Ein Ort der Erinnerung im Harz

Die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge liegt inmitten der Thekenberge nahe Halberstadt im Harz. Hier befand sich ab 1944 eines der Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Rund 7.000 Häftlinge aus mindestens 23 Nationen mussten unter unmenschlichen Bedingungen ein Stollensystem in den Harzer Felsen treiben, das später für die Rüstungsindustrie genutzt werden sollte. Mehr als 13 Kilometer Stollen wurden aus dem Gestein geschlagen – ein Projekt, das den Namen „Malachit“ trug und Teil des geheimen Rüstungsprogramms der Nationalsozialisten war.

Die Dimensionen des Baus sind bis heute beeindruckend und bedrückend zugleich. Bis zu 4.300 Menschen verloren hier zwischen 1944 und 1945 ihr Leben. Die Todesursachen waren vielfältig: Erschöpfung, Krankheiten, gezielte Misshandlungen oder Hinrichtungen. Viele Häftlinge starben auch auf den berüchtigten Todesmärschen, kurz bevor die Alliierten den Harz erreichten.

Öffnungszeiten und Besuchsregelungen

Die Stollenöffnung bietet Besuchern die Möglichkeit, einen rund 120 Meter langen Abschnitt des historischen Stollensystems zu betreten. Die Führungen finden an jedem letzten Wochenende von April bis Oktober zwischen 14:00 und 17:00 Uhr statt. Die Zeiten sind klar strukturiert, sodass Besucher an drei Führungen teilnehmen können: um 14:15, 15:15 und 16:15 Uhr. Der Eintritt ist frei, allerdings gilt Helmpflicht. Helme werden vor Ort gestellt. Da die Temperatur im Inneren konstant bei etwa 8 Grad Celsius liegt, wird warme Kleidung ebenso empfohlen wie festes Schuhwerk.

Wann ist der Stollen in der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge geöffnet? – Diese Frage stellen viele Besucher im Vorfeld. Die Antwort ist klar: Nur an den letzten Wochenenden zwischen April und Oktober ist der Zugang in den Harzer Stollenabschnitt möglich.

Gedenken inmitten des Harzes

Das Gelände der Gedenkstätte kann jedoch auch unabhängig von den Stollenöffnungen besucht werden. Die Ausstellung im Hauptgebäude ist unter der Woche von Dienstag bis Freitag von 9:00 bis 15:30 Uhr geöffnet. Zusätzlich öffnet die Ausstellung an den Stollen-Wochenenden von 14:00 bis 17:00 Uhr. Das Außengelände mit seinen Mahnmalen, Tafeln und Resten der Lagerstrukturen ist jederzeit zugänglich und wird besonders von Wanderern im Harz besucht, die sich auf historische Spurensuche begeben.

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Kann ich das Gelände der Gedenkstätte auch an anderen Tagen besuchen? – Ja, denn gerade das Freigelände ist rund um die Uhr für Besucher offen. Dies macht die Gedenkstätte zu einem besonderen Ort der Erinnerung im Harz, der auch spontan erkundet werden kann.

Internationale Dimension des Erinnerns

Die Gedenkstätte bewahrt heute nicht nur die Stollen, sondern auch ein umfangreiches Archiv. Über 39 Regalmetern an Dokumenten, 7.500 Fotografien, 3.000 Dias und zahlreiche Zeitzeugenberichte sind erhalten. Besonders wertvoll sind die mehr als 450 Biografiemappen, die das Schicksal einzelner Opfer und Überlebender dokumentieren. Viele dieser Menschen stammten aus Osteuropa, Frankreich oder den Niederlanden, aber auch politische Gefangene aus Deutschland selbst waren im Harz interniert.

Seit 2011 gibt es zudem die Möglichkeit, an den Massengräbern Namensplaketten anzubringen. Angehörige, viele davon Kinder und Enkel der Opfer, nutzen diese Gelegenheit, um einen konkreten Bezug zu den Toten herzustellen. So wird die Gedenkstätte zu einem lebendigen Ort des internationalen Austauschs, an dem die Verbrechen des Nationalsozialismus im Harz nicht in Vergessenheit geraten.

Symbolik und Spuren des Grauens

Besonders eindringlich ist die sogenannte „Todeskiefer“. An diesem Ort wurden gefasste Fluchtversuche mit öffentlichen Hinrichtungen bestraft. Häftlinge mussten zusehen, wie Kameraden am Baum erhängt wurden. Diese grausame Praxis sollte abschrecken, verdeutlicht aber vor allem die Brutalität, mit der das Lager geführt wurde. Der Rundgang durch das Außengelände führt heute an dieser Stelle vorbei, ebenso wie an Überresten einer Barackenfassade und Gedenksteinen, die von der Verzweiflung der damaligen Zeit erzählen.

Fragen rund um den Besuch

Viele Interessierte beschäftigen sich mit praktischen Fragen, bevor sie zur Gedenkstätte reisen. Einige davon sind leicht beantwortet:

  • Brauche ich eine Anmeldung für eine Führung durch den Stollen? – Für Einzelpersonen ist keine Anmeldung nötig, Gruppen sollten sich jedoch im Voraus anmelden.
  • Ist der Zugang zum Stollen barrierefrei? – Leider nein, der Weg ist uneben und der Stollen selbst nicht für Rollstühle geeignet.
  • Wie komme ich am besten zur Gedenkstätte? – Mit dem Auto über die B6 oder B81. Wer mit Bahn und Bus anreist, kann am Bahnhof Langenstein aussteigen, muss aber einen Fußweg von rund fünf Kilometern einplanen.
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Bildungsarbeit im Harz – Neue Ansätze

Die Gedenkstätte beschränkt sich nicht auf Führungen. Schulen und Bildungsgruppen nutzen den Ort für innovative Projekte. So wird beispielsweise eine Geocaching-Tour angeboten, bei der Jugendliche mithilfe digitaler Geräte das Gelände erkunden. In Kleingruppen erhalten sie Informationen über die Strukturen des Lagers, hören digitalisierte Zeitzeugenberichte und erfahren von den baulichen Resten. Dieses Format verbindet moderne Technik mit historischem Lernen und macht die Schrecken der Vergangenheit für junge Menschen greifbar.

Auch digitale 3D-Rekonstruktionen tragen dazu bei, dass Besucher eine Vorstellung von den historischen Lagerstrukturen gewinnen. Da viele Baracken und Gebäude nach Kriegsende zerstört oder abgetragen wurden, sind solche virtuellen Darstellungen eine wertvolle Ergänzung zum Gedenken vor Ort.

Kritik und Kontroversen

Doch nicht alles rund um die Gedenkstätte verläuft konfliktfrei. Seit einigen Jahren gibt es Berichte, dass Teile des Stollens an private Investoren übergegangen sind. Diese planen, einzelne Abschnitte als Luxus-Bunker zu vermarkten. Eine Nutzung, die bei Angehörigen der Opfer und Historikern auf scharfe Kritik stößt. Die Vorstellung, dass ein Ort, an dem Tausende Menschen im Harz gelitten und ihr Leben verloren haben, nun für private Sicherheitsinteressen verwendet werden könnte, sorgt für große Empörung.

Die Opfer im Mittelpunkt

Es ist wichtig, dass bei allen Diskussionen die Opfer nicht aus dem Blick geraten. Insgesamt sind die Namen von über 6.000 Häftlingen bekannt, ein Drittel von ihnen starb im Lager. Ihre Schicksale stehen stellvertretend für das unermessliche Leid, das die nationalsozialistische Diktatur über Europa brachte. In den Massengräbern bei Langenstein ruhen heute Tausende, und die Gedenkstätte im Harz ist dafür ein zentraler Erinnerungsort.

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Warum sich ein Besuch lohnt

Wer den Harz besucht, findet in Langenstein-Zwieberge einen Ort, der sich deutlich von den touristischen Höhepunkten der Region abhebt. Zwischen Wanderwegen, Naturparks und historischen Städten erhebt sich hier ein Mahnmal, das tief unter der Erde liegt. Ein Besuch bietet nicht nur historische Erkenntnis, sondern auch eine emotionale Erfahrung, die lange nachwirkt. Viele Besucher berichten, dass die Kälte und Dunkelheit des Stollens ein bedrückendes Gefühl hinterlassen, das die Grausamkeit der Vergangenheit spürbar macht.

Zusammenführung von Geschichte und Gegenwart

Die Eröffnung des Stollens in der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge zeigt einmal mehr, wie Geschichte und Gegenwart im Harz aufeinandertreffen. Es geht nicht nur darum, die Erinnerung zu bewahren, sondern auch darum, aus ihr Lehren für die heutige Zeit zu ziehen. Rechtsextremismus, Ausgrenzung und Gewalt sind auch heute gesellschaftliche Themen. Umso wichtiger ist es, dass die Gedenkstätte als Lernort erhalten bleibt und weiterentwickelt wird.

Die erneute Öffnung des Stollens in Langenstein-Zwieberge ist mehr als ein historisches Ereignis. Sie ist ein Signal dafür, dass Erinnern und Lernen auch im 21. Jahrhundert unverzichtbar sind. Im Harz, einer Region voller Natur und Geschichte, steht dieses Mahnmal für die dunkelsten Kapitel deutscher Vergangenheit. Doch gerade weil es hier verortet ist, wo sich Naturidylle und Schrecken so nah begegnen, wirkt die Gedenkstätte so stark. Wer den Harz besucht, sollte nicht nur die Berge und Fachwerkstädte sehen, sondern auch diesen Ort der Erinnerung – er erzählt eine Geschichte, die nicht in Vergessenheit geraten darf.

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Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.