
Halberstadt – In der Kreisstadt Halberstadt brodelt es: Die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren sorgt für Proteste, Diskussionen und Unsicherheiten. Eltern, Verwaltung und Stadtrat stehen vor einer schwierigen Entscheidung, die nicht nur das kommunale Budget betrifft, sondern auch die soziale Gerechtigkeit in der Kinderbetreuung infrage stellt.
Eine Entscheidung mit Signalwirkung
Am 28. August 2025 will der Stadtrat in Halberstadt über die Zukunft der Elternbeiträge für Kindertagesstätten entscheiden. Im Raum steht eine deutliche Erhöhung der Gebühren, die bereits im Vorjahr einmal abgelehnt worden war. Damals stimmte der Stadtrat gegen die Erhöhung – trotz einer Haushaltslücke von fast 900.000 Euro im Bereich der Kinderbetreuung. Nun steht das Thema erneut auf der Tagesordnung, unter verschärften Bedingungen.
„Wir stimmen nicht zu“, sagte Janett Kruse, Vorsitzende der Gemeindeelternvertretung, in einem öffentlichen Statement. Sie betont jedoch gleichzeitig, dass die Kalkulationen der Stadtverwaltung aus ihrer Sicht nachvollziehbar seien. Diese ambivalente Haltung spiegelt ein zentrales Problem wider: Die Akzeptanz für die Notwendigkeit von Veränderungen trifft auf eine hohe finanzielle Belastung für Familien.
Warum die Gebühren überhaupt steigen sollen
Die Kindertagesstätten in Halberstadt arbeiten kostendeckend, das heißt: Elternbeiträge und kommunale Zuschüsse müssen gemeinsam die tatsächlichen Betriebskosten abdecken. In den letzten Jahren haben sich die Personalkosten, Energiekosten und allgemeine Ausgaben erheblich erhöht. Gleichzeitig bleiben Landeszuschüsse und kommunale Einnahmen auf konstantem Niveau.
Laut aktueller Berechnungen fehlen der Stadt Halberstadt rund 340.000 Euro monatlich, wenn keine Elternbeiträge mehr erhoben würden. Diese Summe kann nicht ohne massive Einschnitte an anderer Stelle kompensiert werden. Frühere Überlegungen, z. B. Einsparungen beim Tiergarten, Theater oder der Straßenbahn vorzunehmen, wurden bereits als unrealistisch abgelehnt.
Gebührenstruktur: Wer zahlt wie viel?
Die Stadt Halberstadt hat eine Staffelung eingeführt, die sich nach Betreuungsstunden, Altersgruppe des Kindes und Einkommen der Eltern richtet. Ein Platz in der Krippe (unter 3 Jahre) ist dabei teurer als ein Kindergartenplatz. Zusätzlich sind die Gebühren unabhängig davon fällig, ob das Kind tatsächlich anwesend war oder z. B. krankheitsbedingt fehlte.
Betreuungsart | Monatliche Gebühr (Beispiel) | Städtischer Zuschuss |
---|---|---|
Krippe (Ganztags) | 290 € | 65 % |
Kindergarten (Ganztags) | 220 € | 50 % |
Hort (Nachmittag) | 120 € | Keine Angabe |
Eltern kritisieren mangelnde Entlastung
Die Elterninitiative Halberstadt spricht sich klar gegen die geplante Gebührenerhöhung aus – trotz Verständnis für die städtische Haushaltslage. Besonders kritisch sehen viele Familien, dass es bislang keine überzeugende Kompensation oder Sozialstaffel gibt, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen hinausgeht.
Wie kann man in Halberstadt eine Befreiung von den Kita-Gebühren beantragen?
Ein entsprechender Antrag kann beim Landkreis Harz, Sachgebiet Elterngeld/Kitakostenbeitragsbefreiung, eingereicht werden. Anspruchsberechtigt sind in der Regel Empfänger von SGB-II, Wohngeld oder Kinderzuschlag.
Wer ist zuständig für die Gebührenbefreiung bei den Halberstädter Kitas?
Die Anträge bearbeitet das Amt für Betreuung und ergänzende Jugend-/Sozialleistungen. Zuständig sind die Sachbearbeiter in Halberstadt oder Wernigerode.
Eltern schlagen Alternativen vor
Die Gemeindeelternvertretung hat sich nicht nur auf Kritik beschränkt, sondern auch konstruktive Vorschläge eingebracht: Eine moderate Staffelung nach Einkommen, die Einführung eines echten Sozialbonus für Alleinerziehende und die zeitweise Deckelung der Beiträge für das zweite Kind wurden von der Elternschaft als machbare Kompromisse genannt.
Kann man in Halberstadt einen Geschwisterbonus bei Kita-Gebühren erhalten?
Ja, die Stadt Halberstadt stellt entsprechende Formulare bereit. Eltern mit mehreren betreuten Kindern können so eine finanzielle Entlastung beantragen.
Gebühren im Vergleich: Halberstadt steht nicht allein
Ein Blick über die Stadtgrenzen hinaus zeigt: Kita-Gebühren sind in Deutschland ein Flickenteppich. In Bundesländern wie Berlin, Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern sind Kitas inzwischen komplett gebührenfrei. In Sachsen-Anhalt hingegen variiert die Praxis stark – meist obliegt die Gebührengestaltung den Kommunen.
Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft belegt, dass Halberstadt im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld liegt. Besonders teuer sind Betreuungskosten in Süddeutschland und einigen westlichen Ballungsräumen, während ostdeutsche Flächenländer tendenziell niedrigere Beiträge verlangen.
Regelung bei finanziellen Engpässen
Für viele Eltern ist die aktuelle Übergangsphase besonders belastend. Der automatische Einzug per Lastschrift wurde seitens der Stadt zunächst ausgesetzt, um rechtliche Klarheit zu schaffen. Wer dennoch zahlen möchte, kann dies freiwillig tun. Die Stadt betont, dass sie keine Rückstände berechnen wird, solange keine neue Rechtslage geschaffen ist.
Sind Eltern in Halberstadt während der Entscheidungsphase zu Kita-Gebühren derzeit zahlungspflichtig?
Nein, aktuell werden keine Beiträge per Lastschrift eingezogen. Eltern entscheiden freiwillig, ob sie vorläufig weiterzahlen möchten.
Debatte erreicht die sozialen Netzwerke
Auch in sozialen Medien wird das Thema emotional diskutiert. In der Facebook-Gruppe „Halberstadt“ tauschen sich Eltern über Ungleichbehandlungen, Erfahrungen während der Notbetreuung und Unsicherheiten bei der Gebührenstruktur aus. Besonders häufig wird dabei die Frage nach Transparenz und Einbindung in Entscheidungen thematisiert.
Ein Bürgerbeitrag formulierte es so: „Viele Eltern fühlen sich übergangen. Die Stadt muss transparenter kommunizieren – es geht hier nicht nur um Zahlen, sondern um Vertrauen.“
Digitale Unterstützung für Eltern
Erfreulich ist, dass Halberstadt eine relativ moderne Verwaltungsstruktur bietet: Alle Antragsformulare – von der Neuanmeldung über den Geschwisterbonus bis zur Gebührenänderung – sind digital abrufbar. Das erleichtert vielen Familien den Zugang zu den erforderlichen Informationen.
Und jetzt? Das große Warten beginnt
Am 28. August steht nun die entscheidende Abstimmung im Stadtrat an. Die Fronten scheinen verhärtet, doch es besteht Hoffnung, dass ein Kompromiss zwischen Entlastung und Haushaltsverantwortung gefunden wird. Auch politische Fraktionen rufen inzwischen zu einem „gemeinsamen Weg“ auf, der sowohl Elterninteressen als auch kommunale Stabilität berücksichtigt.
Wie sind die neuen Kita-Gebühren in Halberstadt strukturiert (z. B. nach Betreuungsstunden/Altersgruppen)?
Die Beiträge richten sich nach der Betreuungsart (Krippe, Kindergarten, Hort), den gebuchten Stunden sowie dem Alter des Kindes. Sie gelten pauschal – auch bei Abwesenheit des Kindes wird voll berechnet.
Ein Ringen um Gerechtigkeit und Verantwortung
Der Streit um Kita-Gebühren in Halberstadt ist mehr als nur ein lokales Verwaltungsproblem. Er zeigt exemplarisch, wie komplex das Spannungsfeld zwischen staatlicher Fürsorge, kommunaler Finanzierung und elterlicher Belastung geworden ist. Familien fordern nachvollziehbare und faire Lösungen – die Verwaltung ringt mit begrenzten Ressourcen.
Während Städte wie Berlin mit gebührenfreier Kita werben können, kämpfen kleinere Kommunen wie Halberstadt mit der Realität begrenzter Mittel. Es bleibt abzuwarten, ob die politischen Entscheidungsträger in der kommenden Sitzung den Spagat zwischen Sparzwang und Familienfreundlichkeit meistern können.
Bis dahin bleibt den betroffenen Eltern nur die Hoffnung auf einen tragfähigen Kompromiss – und das Gefühl, dass ihre Stimme in der Debatte zählt.