Quedlinburg

Harz | Waschbären und Worte: Quedlinburgs doppelte Strategie gegen invasive Arten

Quedlinburg – Während sich im Harz der Waschbär zur regelrechten Plage entwickelt, setzt die Stadt nicht nur auf Abschreckung, sondern öffnet sich gleichzeitig neuen Perspektiven: Die ghanaische Schriftstellerin Ivana Akotowaa Ofori sorgt mit ihrer Lesung für einen interkulturellen Akzent inmitten ökologischer Debatten.

Zwischen Wald und Worten: Quedlinburg im Spannungsfeld von Natur und Kultur

Die malerische Stadt Quedlinburg im Harz steht derzeit gleich doppelt im Fokus. Einerseits kämpft die Kommune mit der ungebremsten Ausbreitung von Waschbären und Mardern, die zunehmend Schäden anrichten – an Gebäuden, Fahrzeugen und in Gärten. Andererseits wird die Stadt zum kulturellen Schauplatz, als die ghanaische Schriftstellerin Ivana Akotowaa Ofori zu einer Lesung und einem Gespräch einlädt. Die Kombination wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich, spiegelt jedoch die Vielschichtigkeit unserer Gegenwart wider: ökologische Herausforderungen treffen auf globale Literatur, Bürgerengagement auf afrikanische Zukunftsnarrative.

Waschbären im Vormarsch: Eine stille Invasion

Von niedlich zu lästig: Das Image des Waschbären

Waschbären gelten bei vielen Menschen als possierlich und clever. Doch was in Filmen und Internetvideos charmant wirkt, hat im Alltag gravierende Konsequenzen. Die Tiere durchwühlen Müll, beschädigen Dächer und greifen mitunter sogar Vogelgelege an. In Quedlinburg, wie in vielen anderen Teilen Deutschlands, wird ihr Auftreten inzwischen als ernstzunehmendes Problem wahrgenommen.

Regionale Entwicklung: Quedlinburg ruft zur Vergrämung auf

Die Stadt Quedlinburg setzt derzeit auf Aufklärung und Prävention. Bürger werden angehalten, Mülltonnen zu sichern, Futterquellen zu vermeiden und potenzielle Zugänge zu Gebäuden abzudichten. In besonders betroffenen Fällen stehen Stadtjäger bereit, die unter Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorgaben handeln dürfen. Dabei geht es nicht primär um Ausrottung, sondern um eine kontrollierte Reduktion und das Bewahren von Lebensqualität in der Stadt.

Statistische Einordnung: Wie viele Waschbären gibt es eigentlich?

Bundesweit leben derzeit schätzungsweise 1,6 bis 2 Millionen Waschbären. In urbanen Gebieten – etwa in Kassel – beträgt die Dichte bis zu 100 Tiere pro 100 Hektar, eine der höchsten Raubtierdichten Europas. In Sachsen-Anhalt werden jährlich rund 30.000 Tiere bejagt. Quedlinburg liegt damit mitten in einem der Hotspots der Waschbärproblematik.

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Kontroversen um Jagd und Kontrolle

Wirksamkeit der Bejagung: Zwischen Mythos und Realität

Obwohl die Jagd auf Waschbären intensiviert wurde, zeigen Studien, dass sie kaum langfristig wirksam ist. Der Grund: Waschbären haben eine hohe Reproduktionsrate und sind extrem anpassungsfähig. In Gebieten, in denen intensive Bejagung betrieben wird, steigt sogar der Anteil fortpflanzungsfähiger Weibchen – ein Effekt, der als Überkompensation bekannt ist.

Stimmen aus der Wissenschaft

Fachbiologe Ulf Hohmann etwa weist darauf hin, dass durch Jagd lediglich temporäre Rückgänge erzielt werden. “Die Tiere wandern einfach aus benachbarten Gebieten nach”, betont er. Studien aus Nationalparks zeigen zudem, dass Waschbären zwar Nester plündern, aber nur selten dauerhaft in Horsten übernachten – was bedeutet, dass ihre Präsenz schwer zu kontrollieren ist.

Was sagen die Menschen vor Ort?

In Foren und sozialen Netzwerken zeigt sich ein gespaltenes Bild. Während einige Bürger rigorose Maßnahmen fordern, berichten andere von erfolgreichen, tierfreundlichen Strategien. Ein Quedlinburger Nutzer erzählt in einem Autoforum, dass er sein Carport seit Jahren mit Karnickeldraht gesichert habe – mit Erfolg. „Seit über 12 Jahren hatten wir keine Schäden mehr durch Marder oder Waschbären“, schreibt er.

Bauliche Maßnahmen statt Bejagung?

Viele Experten setzen heute auf sogenannte Vergrämung statt Tötung. Dazu gehören:

  • Abdichtung von Dachsparren, Kaminen und Lüftungsschächten
  • Sicherung von Mülltonnen durch Spanngurte
  • Verwendung von Geruchsabwehrmitteln (z. B. Tierhaare, Mottenkugeln)
  • Verzicht auf offen zugängliches Tierfutter

Diese Maßnahmen sind nicht nur kostengünstiger als professionelle Jagd oder Fallen, sie respektieren auch den Tierschutz und sind auf lange Sicht nachhaltiger.

Rechtlicher Rahmen: Was ist erlaubt?

In Deutschland dürfen Waschbären nur unter strengen Auflagen gejagt oder gefangen werden. Privatpersonen ist es nicht erlaubt, Tiere zu töten oder ohne Genehmigung Fallen aufzustellen. Besonders streng sind die Regeln, wenn Jungtiere betroffen sind: Werden Elterntiere getötet, droht den Jungen der Hungertod – das ist tierschutzrechtlich nicht vertretbar.

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Ivana Akotowaa Ofori: Literatur als Brücke

Wer ist Ivana Akotowaa Ofori?

Die ghanaische Schriftstellerin und Spoken-Word-Künstlerin wurde durch Werke wie „The Year of Return“ bekannt. Ihre Texte verbinden traditionelle afrikanische Erzählweisen mit futuristischen Visionen. Ofori ist außerdem Kuratorin des African Book Festival Berlin 2025.

Lesung in Quedlinburg: Ein Zeichen für kulturelle Offenheit

Im Rahmen einer literarischen Veranstaltungsreihe tritt Ofori in Quedlinburg auf. Ihre Lesung wird begleitet von einem offenen Gespräch über Zugehörigkeit, Migration und Identität. Die Veranstaltung zeigt, wie Literatur Räume öffnet, in denen auch lokale Herausforderungen – wie die der Waschbärproblematik – im größeren Kontext von Umwelt, Verantwortung und Zusammenleben gesehen werden können.

Verbindung von Natur- und Kulturräumen

Was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst – Tierkontrolle und Literatur – offenbart bei näherem Hinsehen gemeinsame Fragen: Wie gehen wir mit dem „Fremden“ um? Welche Strategien wenden wir an, wenn Lebensräume sich überschneiden? Welche Narrative bestimmen unser Handeln?

In Quedlinburg treffen in diesen Tagen Welten aufeinander, die beide für eine sich wandelnde Gesellschaft stehen: die ökologische Realität eines globalisierten Naturraums und die literarische Vielfalt afrikanischer Stimmen. Vielleicht liegt genau darin die Chance, beide Diskurse produktiv zu verbinden.

FAQ: Häufige Fragen rund um Waschbären in Quedlinburg

Was kann ich tun, wenn Waschbären im Garten in Quedlinburg auftauchen?

Die Stadt rät, potenzielle Nahrungsquellen wie Futterreste und ungesicherte Mülltonnen zu vermeiden. Auch bauliche Maßnahmen zur Abschottung sind empfohlen.

Wie viele Waschbären werden jährlich in Sachsen-Anhalt erlegt?

Etwa 30.000 Tiere – Tendenz steigend, vor allem in urbanen Regionen.

Warum ist die Jagd allein nicht ausreichend?

Weil Waschbären hohe Fortpflanzungsraten und Wanderungsverhalten aufweisen, wodurch sich Populationen schnell wieder erholen.

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Darf ich Waschbären auf meinem Grundstück selbst töten?

Nein, das ist nur unter behördlicher Genehmigung erlaubt. Verstöße können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche Gefahr geht von Waschbären aus?

Sie bedrohen heimische Arten, indem sie Nester plündern und Kleintiere fressen – vor allem in Schutzgebieten ein Problem.

Fazit: Zwischen Verantwortung und Vision

Die Stadt Quedlinburg steht exemplarisch für die Herausforderungen einer modernen Kommune: ökologische Kontrolle, rechtliche Rahmenbedingungen und kulturelle Öffnung. Der Besuch von Ivana Akotowaa Ofori bringt internationale Impulse in eine lokal verwurzelte Debatte. Es ist ein Balanceakt zwischen Handeln und Verstehen – zwischen dem Schutz von Lebensräumen und dem Zuhören über Grenzen hinweg.

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Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.