Quedlinburg

Streckensperrung im Harz: Zwei Abschnitte betroffen

Ein Bagger und Gleisbauzug an einer gesperrten Bahnstrecke im Harz. Die Bauarbeiten betreffen mehrere Abschnitte bis mindestens August. (Symbolbild – exemplarisch)

Quedlinburg – Seit Mitte Juni müssen sich Reisende und Pendler im Harz auf massive Einschränkungen im Zugverkehr einstellen. Bauarbeiten an mehreren Bahnabschnitten führen zu Schienenersatzverkehr und Verspätungen – und das wohl noch bis in den Spätsommer hinein. Besonders betroffen ist die Strecke zwischen Quedlinburg und Gernrode sowie der südliche Abschnitt der Selketalbahn zwischen Alexisbad und Harzgerode.

Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) führen seit dem 16. Juni umfangreiche Bauarbeiten an der Strecke zwischen Quedlinburg und Gernrode durch. Parallel dazu bleibt auch der Abschnitt zwischen Alexisbad und Harzgerode gesperrt – hier wurde der Betrieb bereits im Frühjahr aufgrund gravierender Gleisschäden eingestellt. Für beide Streckenabschnitte wird derzeit mit einer Wiederaufnahme des Fahrbetriebs zu unterschiedlichen Zeitpunkten gerechnet.

Warum ist die Selketalbahn zwischen Alexisbad und Harzgerode gesperrt?

Der rund 2,9 Kilometer lange Abschnitt zwischen Alexisbad und Harzgerode musste vollständig stillgelegt werden, nachdem sich herausstellte, dass weite Teile der Gleisanlagen in einem desolaten Zustand sind. Laut Angaben der HSB sind etwa zwei Drittel der Strecke sanierungsbedürftig. Die Kosten liegen bei rund 1,5 bis 2 Millionen Euro pro Kilometer – ein erheblicher finanzieller Kraftakt für das Unternehmen.

Ursache und Umfang der Bauarbeiten in Quedlinburg

In Quedlinburg selbst finden Bauarbeiten an mehreren neuralgischen Punkten statt. Die Bahnübergänge Stresemannstraße und Gernröder Weg werden nicht nur in technischer Hinsicht erneuert – auch unterirdische Leitungen für Wasser, Abwasser, Strom und Telekommunikation werden neu verlegt. Die Stadt Quedlinburg koordiniert dabei gemeinsam mit der HSB und der bauausführenden Firma Bickhardt Bau ein komplexes Infrastrukturprojekt, das für die Region von hoher Bedeutung ist.

Bis wann bleibt die Strecke Quedlinburg–Gernrode gesperrt?

Die offizielle Planung sieht vor, dass die Arbeiten bis zum 8. August 2025 abgeschlossen sein sollen. Ab dem 9. August soll der reguläre Zugverkehr zwischen Quedlinburg und Gernrode wieder aufgenommen werden. Die restlichen Streckenabschnitte der Selketalbahn sind hiervon nicht betroffen – sie verkehren, wenn auch eingeschränkt, nach dem aktuellen Sommerfahrplan.

Kennst du das schon?   Quedlinburg lädt zum 9. Charity-Stadtlauf auf dem Marktplatz ein

Schienenersatzverkehr: Zwischenlösung mit Problemen

Während der Streckensperrungen wurde ein Schienenersatzverkehr (SEV) eingerichtet. Insbesondere auf dem Abschnitt zwischen Quedlinburg und Gernrode verkehren regelmäßig Busse, die Reisende an nahegelegene Bahnhöfe bringen. In sozialen Medien und Foren mehren sich jedoch Beschwerden über die Organisation des Ersatzverkehrs.

Gibt es einen Ersatzverkehr bei der Sperrung der Selketalbahn?

Für den Abschnitt Alexisbad–Harzgerode wird derzeit kein offizieller SEV angeboten. Fahrgäste sind auf Linienbusse der Harzer Verkehrsbetriebe (HVB) angewiesen, etwa die Linien 242, 244 oder 254. Da die Buslinien allerdings nicht exakt den Zugfahrplänen entsprechen und Haltestellen teils mehrere Kilometer vom Streckenziel entfernt liegen, kommt es häufig zu längeren Wartezeiten und Anschlussverlusten.

„Man hat sich eingestellt, zehn Minuten früher loszufahren, um dann doch 20 Minuten zu spät anzukommen.“ – Nutzerkommentar im Bimmelbahn-Forum

Wie wirkt sich der Personalmangel auf den Fahrplan der HSB aus?

Ein weiterer Faktor, der zur Unzuverlässigkeit beiträgt, ist der Personalmangel bei der HSB. In der zweiten Juli-Hälfte kam es zu mehreren Ausfällen, da nicht ausreichend Lokführer und Heizpersonal zur Verfügung standen. Besonders im Früh- und Spätverkehr waren Einschränkungen zu verzeichnen. Seit dem 28. Juli fährt der Sommerfahrplan jedoch wieder planmäßig.

Stimmung in der Region: Geduld wird zur Herausforderung

In regionalen Foren wie dem Bimmelbahn-Forum äußern sich zahlreiche Nutzer kritisch zur Dauer und Kommunikation der Bauarbeiten. Viele Reisende fühlen sich nicht ausreichend informiert und kritisieren die schlechte Anbindung durch den Ersatzverkehr. Auch die Nähe der Ersatzhaltestellen zum eigentlichen Bahnhof wird häufig bemängelt.

Öffentliche Diskussionen und Kritik aus der Region

Lokale Kritiker werfen der HSB vor, notwendige Sanierungen zu lange hinausgezögert zu haben. Der Zustand vieler Gleisanlagen sei seit Jahren bekannt gewesen, dennoch habe man sich auf kosmetische Maßnahmen konzentriert, statt grundlegend zu sanieren. Ein Nutzer schreibt:

„Dass die Strecke dort jetzt in solch schlechtem Zustand sein soll, wundert mich dann doch einigermaßen.“

Finanzielle Grenzen der HSB

Die Harzer Schmalspurbahnen operieren unter stark begrenzten finanziellen Bedingungen. Laut interner Kalkulationen kostet ein Kilometer Gleissanierung bis zu zwei Millionen Euro. Für den Abschnitt Alexisbad–Harzgerode ergibt sich somit ein Investitionsvolumen von rund 4 Millionen Euro – Mittel, die nicht kurzfristig zur Verfügung stehen. Fördermittel sind beantragt, aber bislang nicht bewilligt.

Kennst du das schon?   Ehrenamtstaler in Quedlinburg: So ehrt die Welterbestadt außergewöhnliches Engagement im Harz

Wann fährt die Selketalbahn wieder regulär?

Während der Abschnitt Quedlinburg–Gernrode voraussichtlich ab dem 9. August 2025 wieder befahrbar ist, bleibt die Strecke Alexisbad–Harzgerode voraussichtlich bis Ende November geschlossen. Eine frühere Inbetriebnahme erscheint derzeit ausgeschlossen, da der Sanierungsfortschritt unter anderem vom Wetter, von Materiallieferungen und von Förderzusagen abhängt.

Touristische und wirtschaftliche Bedeutung der Bahnstrecken

Die Harzer Schmalspurbahnen sind nicht nur ein Verkehrsmittel, sondern auch ein touristisches Aushängeschild der Region. Vor der Corona-Pandemie verzeichnete die HSB jährlich bis zu 1,2 Millionen Fahrgäste – 2024 waren es rund eine Million. Der Rückgang wird auf eingeschränkten Fahrbetrieb, negative Presseberichte und mangelnde Zuverlässigkeit zurückgeführt.

Selketalbahn: Rückgrat des Regionaltourismus

Besonders die Selketalbahn gilt als beliebte Route für Urlauber und Ausflügler. Die Verbindung von Quedlinburg über Alexisbad bis nach Harzgerode bietet Zugang zu Wanderwegen, Thermalbädern und historischen Ortskernen. Der eingeschränkte Fahrbetrieb hat direkte Auswirkungen auf den Tourismus, wie Hoteliers aus Alexisbad berichten.

Reaktivierung und Zukunftsperspektiven

Im politischen Raum gibt es Diskussionen über die langfristige Zukunft der Strecke. Der sogenannte „Deutschlandtakt“ sieht Investitionen in ländliche Bahnstrecken vor, doch konkrete Planungen für den Harz fehlen bisher. Verkehrsinitiativen fordern eine stärkere Verknüpfung mit dem ÖPNV und Investitionen in eine ganzjährige Betriebsfähigkeit – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Langfristige Sanierungsstrategie notwendig

Die HSB hat bereits angekündigt, den Zustand weiterer Streckenabschnitte zu prüfen und gegebenenfalls ebenfalls zu sanieren. Eine regelmäßige Wartung, stärkere Integration in den Regionalverkehr und ein flexiblerer Personaleinsatz werden als zentrale Hebel betrachtet, um langfristig zuverlässig fahren zu können.

Wie geht es weiter? – Ein Ausblick

Die kommenden Wochen werden entscheidend sein. Sollte der Zeitplan für die Fertigstellung der Bauarbeiten in Quedlinburg eingehalten werden, könnten zumindest Pendler und Touristen zwischen Quedlinburg und Gernrode ab Mitte August wieder durchstarten. Die vollständige Reaktivierung der Strecke bis Harzgerode bleibt jedoch ein Projekt mit Unsicherheiten – sowohl finanziell als auch logistisch.

Kennst du das schon?   Tour de France 2030 im Harz? Projekt Vorfreude sorgt für Bewegung

Der Harz braucht eine stabile und leistungsfähige Schieneninfrastruktur – nicht nur für Touristen, sondern auch für die Einwohner, Schüler und Berufspendler der Region. Die aktuellen Einschränkungen zeigen deutlich, wie verwundbar die Region ist, wenn zentrale Streckenabschnitte ausfallen. Bleibt zu hoffen, dass aus der Krise eine Chance wird – für einen modernen, zuverlässigen Bahnverkehr im Herzen Deutschlands.

Weiteres aus der Rubrik
Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.